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Ein sueßes Stueck vom Glueck

Ein sueßes Stueck vom Glueck

Titel: Ein sueßes Stueck vom Glueck
Autoren: Laura Florand
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zu einer knappen, klaren Aussage.
    Cade atmete ein und versuchte, aus den Gerüchen und Anblicken Mut zu schöpfen. Berauschende Erregung erfasste sie, aber auch – völlig gegensätzlich – Angst, so als müsse sie gleich vor hundert Leuten nackt auf eine Bühne treten. So durfte sie sich nicht fühlen. Schokolade war ihr Geschäft, ihr Erbe. Ihr Dad sagte oft scherzhaft, dass Schokolade durch ihre Adern floss. Ein nicht unerheblicher Teil der Weltwirtschaft lebte tatsächlich von der Schokolade, die ihre Familie produzierte. Sie hatte Sylvain Marquis eine unglaubliche Möglichkeit zu bieten.
    Und doch hatte sie so viel Angst davor, dass sie kaum schlucken konnte. Immer wieder sah sie den berühmtesten Riegel ihrer Familie vor sich, Milchschokolade in Folie und Papier verpackt und mit ihrem Nachnamen darauf – für dreiunddreißig Cent erhältlich bei Walmart. Diese Dreiunddreißig-Cent-Riegel hatten ihrer Familie mehr Geld auf das Bankkonto gespült, als man sich vorstellen konnte. Ganz sicher mehr, als er sich vorstellen konnte. Und doch verkrampfte sich ihr Magen bei dem Gedanken daran, einen dieser Riegel aus ihrer Handtasche zu holen und in dieser Umgebung zu zeigen.
    »Bonjour« , sagte sie zu dem Verkäufer, der ihr am nächsten stand, und die Aufregung stieg ihr erneut zu Kopf, verdrängte alles, was dieser sonst noch enthielt. Sie hatte es getan! Sie hatte ihr erstes französisches Wort zu einem echten Pariser gesagt und kam damit zugleich ihrem Ziel ein Stück näher. Sie lernte schon ihr ganzes Leben lang Spanisch und Französisch, um sich bei ihren Besuchen der Kakao-Plantagen gut verständigen zu können. Während des vergangenen Jahres hatte sie dann zusätzlich französische Muttersprachler zur Unterstützung engagiert, um besser auf den heutigen Tag vorbereitet zu sein – täglich eine Stunde Nachhilfe und abends Hausaufgaben, mit dem Schwerpunkt auf jenen Wörtern, die sie heute hier benutzen wollte: Proben, Marketing, Produktlinien . Und Schokolade .
    Und jetzt war sie endlich hier. Sie redete. Bereit, la cerise sur le gâteau auf die neue Produktserie zu setzen, die sie für die Firma plante. Die Kirsche auf der Torte … Vielleicht könnte man auch La Cerise als Produkt für die neue Linie einsetzen …
    » Je m’apelle Cade Corey. Ich nehme fünf Stück von allen Sorten, jeweils eins von einer Sorte pro Schachtel, bitte.« Nur eine dieser Schachteln war für sie selbst bestimmt. Die anderen würden zum Firmensitz von Corey Chocolates in Corey, Maryland, geschickt werden. »Und während Sie das zusammenstellen, habe ich eine Verabredung mit Sylvain Marquis.«
    Ihr Französisch klang so wunderschön, dass sie ein kleines stolzes Lächeln nicht unterdrücken konnte. Nach einem kurzen anfänglichen Zögern glitt es ihr nur so über die Lippen. All die Hausaufgaben hatten sich gelohnt.
    »Yes, madam«, antwortete der adrett gekleidete junge Mann in einem Englisch, das so kühl und spitz war wie eine Stecknadel.
    Sie blinzelte, und ihr Ballon des Glücks verlor an Luft, gedemütigt durch zwei Worte in ihrer eigenen Sprache.
    »Monsieur Marquis ist mit den Pralinen beschäftigt, Madame«, sagte er, immer noch auf Englisch, was sie zähneknirschend bemerkte. Ihr Französisch war viel besser als sein Englisch, danke schön. Oder merci .
    Eine junge Frau fing an, die Schachteln mit Cades Pralinen zu füllen, während der arrogante junge Mann sie durch eine Tür in den hinteren Teil des Ladens führte.
    Sie betrat eine magische Welt, und es gelang ihr fast, den englischen Schlag ins Gesicht zu vergessen, während ihr Glücksballon sich wieder füllte. In einer Ecke goss ein schlanker Mann mit einer Brille und den feinen Gesichtszügen eines Poeten oder eines Nerds weiße Schokolade großzügig in Formen. In einer anderen bemalte eine Frau, deren Haare von einer Papierhaube mit Krempe bedeckt waren, mit einem Pinsel Schokoladeneulen. Zwei weitere Frauen füllten Schachteln mit kleinen Pralinen. Andere Frauen legten Plastikblättchen mit feinem Dekor über zu Dutzenden angeordnete Pralinen und drückten vorsichtig auf jede einzelne, bis das Muster sich darauf abbildete.
    An einem roséfarbenen Marmortisch in der Mitte des Raumes rührte ein Mann mit einem großen Schneebesen in einer Schüssel über einem Wasserbad, die aussah, als würde sie mindestens vierzig Pfund wiegen. Um ihn herum stieg feiner weißer Puder in die Luft auf. Ihm gegenüber drückte ein anderer schlanker Mann mit einem kurzen
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