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Ein sueßes Stueck vom Glueck

Ein sueßes Stueck vom Glueck

Titel: Ein sueßes Stueck vom Glueck
Autoren: Laura Florand
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Mantel und Kaschmir vor, sah seine Hand, die darüber streichelte und sie geschickt wärmte.
    Er errötete leicht. Früher war er blutrot geworden, damals Anfang zwanzig, wenn er in den unpassendsten Momenten anfing, sich Frauen nackt vorzustellen. Einige der Erinnerungen daran, wie ihm das im Gespräch mit Lehrerinnen oder hübschen Freundinnen passiert war, demütigten ihn immer noch. Aber inzwischen hatte er akzeptiert, dass sein Kopf so funktionierte. Auch deshalb, weil der Kopf der meisten Männer so zu funktionieren schien.
    Komisch und wirklich schade, dass Frauen nicht so dachten – indirekt sexuell und gleichzeitig direkt, die ganze Zeit über.
    Seine amerikanische Besucherin zum Beispiel stellte sich ihn vermutlich nicht nackt vor. Sie hatte nur geglaubt, dass sie sein Lebenswerk und seine Errungenschaften kaufen konnte, als wären sie ein hübsches Paar Schuhe in einem Schaufenster, das sie als Andenken an ihren Ausflug nach Paris mit nach Hause nahm.
    Er biss in einem Anfall von Wut die Zähne zusammen.
    Was brachte man den Menschen in diesem Land eigentlich bei?
    »Ich habe dir doch gesagt, dass es ein barbarisches Land ist«, sagte Cades Großvater James Corey, besser bekannt als Grandpa Jack, am Telefon. »Habe ich dir je von meinen Versuchen erzählt, eine Stelle bei Lindt zu bekommen, um zu lernen, wie man diese kleinen Kugeln herstellt? Sie wollten mich nicht nehmen. Da stand ich, der Besitzer der größten Schokoladenfabrik von Amerika – nicht, dass ich ihnen das verraten hätte, ich habe irgendeinen Einheimischen dafür bezahlt, dass er mir einen passenden Lebenslauf schreibt –, und die wollten mir nicht mal einen Job als Kakaobohnenröster geben. Diese Schweizer Snobs«, sagte er lustvoll, denn gegen die Schweiz zu sein war eines seiner Lieblingshobbys.
    »Ich weiß«, sagte Cade. Vor zwei Jahren hatten sie den achtzigsten Geburtstag ihres Großvaters gefeiert, eine riesige vierwöchige Party in ihrer Stadt Corey, die zu einer Mischung aus einem Schokoladen-Festival und einer großen Kirmes mutiert war. Mit zweiundachtzig war er immer noch rüstig, aber er wiederholte Geschichten inzwischen häufig. Ihr Vater hatte außerdem eine Ecke in der Fabrik den merkwürdigen Geschmacksexperimenten gewidmet, mit denen Grandpa Jack sich in letzter Zeit beschäftigte. Kurz vor Cades Abreise hatte er versucht, Spinat mit Schokolade zu kombinieren. Ihre Fabrikarbeiter hatten einen merkwürdigen Humor, weshalb niemand Cade gewarnt hatte, als sie nach ihm suchte, und so hatte sie davon probieren müssen.
    Ihr Mund verzog sich noch immer bei der Erinnerung daran.
    »Ich musste schließlich einen ihrer Angestellten bestechen, damit er mir die Geheimnisse verrät«, lamentierte ihr Großvater. »Aber …« Er seufzte. »Ich wäre gerne selbst dort gewesen. Nur, um einmal eine dieser Schweizer Fabriken zu betreten. Und zwar nicht während einer dieser dämlichen förmlichen Führungen, bei denen sie alle ihre Geheimnisse verstecken. Ich wollte wirklich drin sein. Wäre mir sogar fast mal gelungen, eine von den kleineren Fabriken aufzukaufen, aber Lindt bekam Wind davon und schnappte sie mir weg, nur um mir eins auszuwischen.«
    »Ja, aber …«
    »Und mein Daddy erst – dein Urgroßvater –; was der alles unternommen hat, um hinter das Geheimnis dieser Milchschokolade zu kommen. Verkleidungen, Bestechung, Erpressung – aber das mit der Erpressung hast du nicht von mir, Cadey –, Infiltration. Das waren Zeiten, kann ich dir sagen.«
    »Aber das hier ist etwas anderes, Grandpa. Ich arbeite mit kleinen Chocolatiers zusammen. Ich biete einem von ihnen ein millionenschweres Geschäft an.«
    Sie konnte praktisch hören, wie ihr Großvater zusammenzuckte. »Wirf ja nicht mit den Millionen um dich, als wäre das Kleingeld, Cadey. Ihr Kinder. Es war nie leicht für mich, euch den Wert des Geldes beizubringen.«
    »Grandpa! Du hast Daddy genötigt, uns nicht mehr als zehn Cent pro Tag für das Aufräumen unserer Zimmer zu zahlen. Damit sind wir in der Schule nicht weit gekommen, nur damit du es weißt.«
    »Du bist verwöhnt«, sagte ihr Großvater liebevoll. »Es hat dir und deiner Schwester sehr gutgetan, nur damit du es weißt.«
    »Wir konnten es uns nicht mal leisten, was Süßes zu kaufen, Grandpa!«
    »Ihr hättet euch von zu Hause Corey-Riegel mitnehmen sollen«, erklärte er unnachgiebig. »Keine meiner Enkelinnen muss sich diesen Mars-Müll aus einem Snack-Automaten ziehen.«
    Sie rollte mit den Augen.
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