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Ein süßes Abenteuer

Ein süßes Abenteuer

Titel: Ein süßes Abenteuer
Autoren: PAULA MARSHALL
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Antlitz denken, und zwei Tage später ließ ihn die Erinnerung an sie immer noch nicht los. Während er versuchte, sich auf seine Arbeit zu konzentrieren, klopfte es an der Tür.
    „Herein“, rief er, und Lemuel Banks, einer seiner Lakaien, trat ins Zimmer.
    Einen Moment lang stand der junge Diener unschlüssig da, bis Neville ungeduldig fragte: „Nun, was gibt es denn?“
    Lemuel zögerte deswegen, weil sein Herr sich auf einmal so sonderbar verhielt. Früher hatte er seine Bediensteten niemals schroff behandelt, im Gegenteil, sein Personal schätzte sich glücklich, wenn es ihn mit anderen Arbeitgebern verglich.
    „Folgendes, Sir“, begann er endlich. „Ich gehe hin und wieder mit Belinda Jesson aus, eine Küchenmagd im Medbourne House. Vor drei Tagen wollte ich sie wie verabredet zu einem Spaziergang durch den Park abholen. Da sagte mir die Haushälterin, Belinda habe am Vortag einen Botengang für die Köchin erledigt und sei nicht zurückgekehrt. Die anderen Dienstboten glauben, dass sie vielleicht mit irgendeinem jungen Burschen durchgebrannt ist. Dagegen spricht allerdings, dass sie alle ihre Sachen zurückgelassen hat, und außerdem trifft sie sich ja mit keinem anderen außer mir. Jedenfalls, Sir, ließ Ihre Gnaden unsere Haushälterin bitten, mich freizustellen, um mich persönlich über Belindas Verschwinden zu befragen. Offenbar wird nämlich ein Küchenmädchen von Lady Jersey ebenfalls vermisst. Bei dieser Nachricht fiel unserer Haushälterin wieder ein, dass im vergangenen Winter, während Sie sich auf dem Land aufhielten, eine unserer Mägde verschwand – mutwillig davongelaufen, wie damals alle dachten. Auch sie ließ alle ihre Sachen zurück.“
    Nach einer kurzen Atempause fuhr er fort: „Ich komme gerade von meinem Gespräch mit Ihrer Gnaden, die die Sache nun persönlich in die Hand nehmen will. Zuerst hat sie mir ein paar ziemlich argwöhnische Fragen gestellt, aber inzwischen glaubt sie mir, dass ich nichts darüber weiß. Ich soll Ihnen dieses Schreiben übergeben.“ Mit diesen Worten überreichte er seinem Herrn einen Brief.
    Wie alle Kinder seiner Dienstboten hatte er früher eine Dorfschule besucht, und als ehrgeiziger Junge hatte er den Unterricht besonders ernst genommen. Neville wusste aus Erfahrung, dass nicht einmal jeder gut geschulte Sekretär einen komplizierten Sachverhalt so knapp und verständlich zusammenfassen konnte wie Lem.
    Rasch überflog er die Zeilen. „An Sir Neville Fortescue. Aufgrund der Aussage Ihres Lakaien fürchte ich, dass zwei jungen Dienstmädchen – das eine gehört zu Ihrem Personal, das andere zu meinem – etwas zugestoßen sein muss. Könnten Sie mich freundlicherweise morgen nach dem Mittagessen aufsuchen, um die Angelegenheit zu besprechen?
    Diana, Dowager Duchess of Medbourne.“
    Nachdem Neville eine kurze Antwort aufgesetzt hatte, schärfte er Lem ein: „Du wirst der Duchess unverzüglich diese Nachricht überbringen. Darin steht, dass ich morgen um zwei Uhr kommen werde. Aber dass du keinem Menschen davon erzählst, hörst du, nicht einmal der Haushälterin! Vielleicht machen wir uns ganz unnötig Sorgen, zumindest hoffe ich das. Dennoch fühle ich mich für das Wohl meiner Bediensteten verantwortlich. Wenn gleich mehrere junge Frauen vermisst werden, müssen wir unbedingt etwas unternehmen.“
    Was er unternehmen wollte, wusste er selbst noch nicht genau, aber seine Worte genügten, um Lem zuversichtlich zu stimmen.
    „Danke, Sir! Auf Sie kann man sich immer verlassen, wenn ich mir die Bemerkung erlauben darf.“
    Nun, das klang schon viel schmeichelhafter als die Lästereien seiner angeblichen Freunde. Wenn er es recht betrachtete, fand er es gar nicht so schlimm, als zuverlässiger Langweiler zu gelten.
    Weit weniger behagte ihm die Aussicht, die Duchess of Medbourne wiederzusehen. Diese Frau brachte ihn völlig durcheinander. Und zudem besaß sie solch einen zweideutigen Ruf, dass er sich eigentlich lieber von ihr fernhalten sollte.
    Am nächsten Tag schützte Diana Müdigkeit vor, damit sie Isabella nicht bei ihren Nachmittagsbesuchen begleiten musste. Um zwei Uhr wartete sie im Salon mit dem prachtvollen Landschaftsgemälde von Richard Wilson auf ihren Gast. Sicherlich würde er pünktlich erscheinen.
    Als er ins Zimmer trat, fand sie ihn sogar noch eine Spur attraktiver als bei ihrer ersten Begegnung. Auch diesmal trug er schlichte, aber tadellos geschnittene Kleidung, ohne übertriebenen modischen Firlefanz.
    „Euer Gnaden“,
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