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Ein Strandkorb für Oma

Ein Strandkorb für Oma

Titel: Ein Strandkorb für Oma
Autoren: Janne Mommsen
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ausgestanden», erklärt Maria. «Wir müssen verhindern, dass Tobias sie in die Mangel nimmt und sie für unzurechnungsfähig erklären lässt.»
     
    Mit gesenkten Köpfen schleichen Jade, Maria, Oma und ich zum Eingang des Museums «Kunst der Westküste». Am Eingangstresen neben dem Postkartenständer sitzt wie immer meine liebste Schwellenhüterin, Friederike.
    «Moin, Friederike», sagt Maria.
    «Moin.»
    «Könntest du die Polizei für uns anrufen?»
    «Soll ich verhaftet werden?»
    «Du? – Nein, es ist alles o.k., Friederike. Tut mir leid, was du mitmachen musstest.»
    Friederike grinst. «Wer wird verhaftet?»
    «Niemand», beruhigt Maria sie.
    «Wir sind unschuldig», erklärt Jade.
    «Lass einfach Herrn Winter ausrichten, dass die Riewerts-Familie hier im Museum ist und ihn erwartet. Dann wirst du in zehn bis fünfzehn Minuten sein Martinshorn hören.»
     
    Und dann tauche ich mit meiner Familie unter Wasser. Wir bewegen uns wie in Zeitlupe und erkennen uns in dem dunklen blauen Licht kaum wieder, Maria, Jade und Oma scheinen zu schweben.
    Jedenfalls kommt es mir so vor.
    Das letzte Mal war ich in diesem Kinderbereich, als ich Maria und Tobias gesucht habe. Kein Raum, in dem ich vorher in meinem Leben war, ist so einheitlich blau, sogar die Fensterscheiben sind blau getönt und die Wand mit den Rohren für die Flaschenpost. Wir betreten nacheinander den großen Schrank an der Seite, um in den Spielbereich zu gelangen. Auf dem Grund des Aquariums liegen bequeme Säcke, die sich der Körperform anpassen. Auf denen macht es sich die Familie Riewerts bequem.
    «Hierher haben Oma und ich uns gleich zu Anfang zurückgezogen», erklärt Jade. «Wir hatten uns immerhin drei Jahre nicht gesehen und wollten einfach quatschen, ohne die anderen zu stören. Das ging hier am besten.»
    Jetzt kapiere ich auch, wie Oma und Jade unbemerkt von den anderen aus dem Malkurs verschwinden konnten.
    «Wie konntet ihr bei diesem Licht überhaupt malen?», wundere ich mich.
    «Schau dir das Strandkorb-Bild von Oma doch an. Es ist total blaustichig.»
    «Ich finde es schön.»
    «Und wie habt ihr von dem Raub erfahren?», will Maria wissen, «wenn ihr hier in diesem Raum wart?»
    «Friederike kam rein und hat gesagt, wir sollten auf die Polizei warten. Dazu hatten wir aber keine Lust; wir sind lieber durchs Fenster abgehauen.»
    Friederike hat auch nicht gewartet, sondern ist in ihr Haus gegangen. Dort hat sie Oma und Jade auf dem Film der Überwachungskamera erkannt. So weit alles klar. Nur wird Tobias nichts davon glauben, fürchte ich.
    Maria fasst Oma an beiden Schultern. «Pass auf, Oma, wir sollten jetzt ganz exakt besprechen, wie wir vorgehen. Du musst genau wissen, was du sagst.»
    «Ja?»
    Maria atmet tief ein. «Du sagst am besten gar nichts, sondern verweigerst die Aussage.»
    Dann hat Tobias keine Handhabe, um Omas Geisteszustand untersuchen zu lassen.
    «Mache ich», antwortet Oma brav.
    «Und du auch, Jade, keine Aussage!»
    Maria bleibt skeptisch. «Die werden alles probieren, damit ihr was sagt, und sei es aus Höflichkeit.»
    «Ja?», fragt Oma.
    «Aber du sagst nichts.»
    «Ja.»
    «Wenn du etwas sagst, und das ist eine Falschaussage, machst du dich strafbar.»
    Oma wird immer kleiner. «Ja.»
    Ich zweifle, dass das funktionieren wird. Das halten gesunde, gerissene Menschen kaum durch. Und welche mit schlechtem Kurzzeit-Gedächtnis wie Oma schon gar nicht.
     
    Als Tobias nach einer Viertelstunde zusammen mit Marias Chef Gerald Brockstedt den Raum betritt, trifft er auf eine dösende Familie Riewerts, deren Mitglieder es sich auf den blauen Säcken bequem gemacht haben. Tobias ist irritiert: Seine Verdächtigen hätte er wohl lieber nervöser gesehen.
    Gerald grinst, in der dunkelblauen Uniform hebt er sich in diesem Licht kaum ab von der Umgebung. Mit seinen zwei Metern Länge wirkt er wie ein schattiger Riese im Regenwald, was seine dunklen Locken und der kurz geschnittene Bart noch verstärken.
    «Was ist denn hier los?», staunt Tobias.
    Er trägt immer noch
meinen
besten Anzug. Das geht ja wohl gar nicht, den hätte er längst zurückgeben müssen. Sein Haar ist frisch gegelt – soweit man das in diesem unwirklichen blauen Licht erkennen kann.
    «Also, wie war das nun?», beginnt er.
    Keiner sagt etwas. Jade hilft Oma hoch, die gut und gerne ein längeres Nickerchen gemacht hätte. Maria und ich bleiben einfach liegen.
    Tobias kann unsere Antwort nicht abwarten, er prescht sofort voran und wendet sich an
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