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Ein Stern fliegt vorbei

Ein Stern fliegt vorbei

Titel: Ein Stern fliegt vorbei
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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liefern, zur Not etwas Theoretisches basteln. Und in zwei, drei Jahren wäre ich auf jeden Fall wiedergekommen.“
    Wieder gab es Nadja einen Stich. Wie war das eigentlich gewesen, damals? War es vielleicht so gewesen, daß nicht er sie, sondern sie ihn im Stich gelassen hatte, ohne es zu wollen und zu wissen, durch eine Geste vielleicht oder ein falsches Wort? Sie rief sich zur Ordnung. Was sollte das heute.
    „Gut“, sagte sie, „wir gehen jetzt zu einer Mitarbeiterin von uns, Yvonne Tullier, die Sie über alles informieren wird. Ich muß Ihnen das Versprechen abnehmen, alles, was Sie hören und sehen werden, so lange streng geheim zu behandeln, bis diese Informationen freigegeben werden.“
    Die beiden Männer nickten leicht.
    „Dann darf ich bitten!“
     
    Yvonne hatte den Arbeitsdreß mit einem farbenfrohen Kleid vertauscht – groß geblümt, wie es die Mode gerade mal wieder verlangte – und trug die sonst aufgesteckten langen blonden Haare offen, so daß sie ihr über die Schultern und den Nacken fielen. Ihr Aussehen und das chinesische Porzellan, in dem sie den Tee servierte – die Chefin hatte ihr diesen Tip gegeben –, stellten einen freundlichen Kontrast zu der geometrischen Schönheit des Arbeitsraumes her.
    Dann nahm sie die Fernschaltung für ihr Gerät in die Hand und setzte sich ebenfalls. Nach einem ermutigenden Kopfnicken Nadjas begann sie:
    „Es werden seit einigen Tagen – genau seit fünf Tagen – gerichtete Funksignale, vermutlich aus dem Bereich der Proxima Centauri, empfangen. Es handelt sich dabei um impulsmodulierte elektromagnetische Strahlung im Frequenzbereich des interstellaren Störminimums, etwa bei 13 000 Megahertz. Bei der Entschlüsselung des Inhalts kommen wir immer nur bis zu einem bestimmten Punkt, dort versagt unsere Konzeption. Ich werde Ihnen die bisherigen Ergebnisse der Entschlüsselung, unsere Schlußfolgerungen und Maßnahmen vortragen und bitte Sie, ohne Rücksicht zu unterbrechen, wo Ihnen irgend etwas fehlerhaft, voreilig oder ungenau erscheint. Die Sache kompliziert sich dadurch, daß teilweise emotionale Urteile eine Rolle spielen; wie auch unsere eigene bisherige Kritik über das Gefühl, daß etwas daran fehlerhaft sein muß, nicht hinausgekommen ist. Wir brauchen also Ihre schärfste Kritik. Gut?“
    Sie fügte dieses kleine, persönliche „gut?“ so überraschend an den sachlichen Text, daß sogar Henner lächeln mußte. Er nickte denn auch ebenso bereitwillig wie Duncan.
    „Ich beginne also.
    Erste Feststellung: Die Strahlung stammt wahrscheinlich von denkenden Wesen. Dafür spricht die Impulsmodulation.
    Weiter. Die Strahlung kommt aus der Richtung des nächsten Fixsterns, der Proxima Centauri. Unsere automatischen Stationen, die zwischen Erde und Mars auf Planetenbahnen die Sonne umkreisen, empfangen die Sendung nicht, der automatische Satellit VENUS II jedoch empfängt sie ebenfalls. Das bedeutet, daß die Strahlung ziemlich straff gebündelt und offenbar genau auf die Bahn der Erde um die Sonne gerichtet ist. Nimmt man nun noch hinzu, daß die Sendung mit kleinen Veränderungen ständig wiederholt wird, und zwar jeweils nach genau 24 Stunden, kann man mit einigem Recht die zweite Feststellung treffen: Die Sendung ist an die Erde gerichtet.“
    Ein Laut der Überraschung kam aus Henners Mund. Auch Duncan hatte sich aufgerichtet. Denn dies bedeutete ja, daß die Absender etwas wußten, was uns allen zwar selbstverständlich ist, Bewohnern fremder Welten jedoch unbekannt sein mußte, wenn sie es nicht auf irgendeine unvorstellbare Weise beobachten konnten: die Rotationszeit der Erde!
    Duncan hob die Hand. „Moment mal…“
    Alle sahen ihn erwartungsvoll an. Er dachte angestrengt nach. Dann erhellte sich sein Gesicht. „Da ist ein Widerspruch. Die Absender können also die Rotationszeit der Erde feststellen, aber nicht ihren Platz auf der Jahresbahn?“
    „Wieso nicht?“ fragte Yvonne gespannt.
    „Wenn sie den Platz der Erde auf ihrer Bahn um die Sonne bestimmen könnten, würden sie doch den Strahl so richten, daß die Erde in seiner Mitte liegen würde. Aber tatsächlich liegt doch die Sonne in seiner Mitte, wie Sie uns berichtet haben. Da scheint mir etwas nicht zu stimmen.“
    „Das ist tatsächlich ein Widerspruch“, stimmte Yvonne zu, „und ich habe ihn bisher übersehen. Vielleicht hilft er uns bei der… Aber es ist wohl besser, wir heben uns die Sache auf, und ich fahre erst mal fort.“
    Die anderen nickten zustimmend.
    „Die
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