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Ein Stern fliegt vorbei

Ein Stern fliegt vorbei

Titel: Ein Stern fliegt vorbei
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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wußte sie seit einer Woche, daß sie ihn wiedersehen, mit ihm zusammenarbeiten würde. Denn ihr früherer Mann war Duncan Holiday.
    Sie hatte einen Augenblick daran gedacht, die Weltraumbehörde um die Entsendung eines anderen Spezialisten zu ersuchen, aber dann war eine Art Trotz in ihr aufgestiegen. Denn sie hätte ja damit zugegeben, daß sie, obwohl sie seinerzeit ihren Mädchennamen wieder annahm, die Trennung nie überwunden hatte. Außerdem wäre es ihr würdelos vorgekommen, bei solchem Anlaß – dieser Botschaft aus dem All, von der noch niemand wußte, was sie enthielt – aus persönlichen Rücksichten mit einem vielleicht weniger fähigen Berater vorliebzunehmen.
    Aber nun mußte sie sich die Haltung zurechtlegen, mit der sie ihre Gäste empfangen wollte. Sie saß zurückgelehnt, mit geschlossenen Augen, noch in demselben Sessel, als der Sekretär die beiden Kosmonauten meldete.
    Und dann ging es, wie es immer geht – sie war doch nicht vorbereitet, als Duncan und Henner vor ihr standen und sich verbeugten. Sie gab ihnen die Hand und rettete sich aus ihrer Unsicherheit, indem sie den Schreibtisch zwischen sich und die beiden Männer brachte. Graue Haare hat er, dachte sie, und es sieht ihm ähnlich, daß er sie nicht verjüngen läßt. Ein leiser Schmerz, ein wenig Stolz auf diese Eigenwilligkeit bewegte sie, obwohl sie sich sagte, daß es sie gar nichts mehr angehe. Und dann, um sich von dem Eindruck zu befreien, den dieses erste kurze Anblicken nach acht Jahren in ihr hinterlassen hatte, wandte sie sich Henner zu.
    „Ich kann mir vorstellen, Kapitän Hellrath, daß Sie die Reise hierher mit nicht gerade freundlichen Gefühlen angetreten haben und daß Sie nun Aufklärung verlangen, warum wir Ihren Start untersagt haben. Aber ich muß Sie vorher etwas fragen.“
    Sie wartete einen Augenblick, doch Henner schwieg verbissen und ließ den entgegenkommenden Satz nicht hören, zu dem sie ihm damit Gelegenheit geben wollte. Da fuhr sie fort:
    „Sind Sie bereit, zwei weitere Schiffe der Stella-Serie in Ausrüstung und Besatzung auf den Stand Ihrer SIRIUS zu bringen und eine Expedition zu leiten, die möglicherweise unter besonders schwierigen und ungewöhnlichen Bedingungen stattfinden müßte?“
    „Was für Bedingungen?“ fragte Henner kurz und nicht gerade freundlich.
    „Näheres läßt sich darüber noch nicht sagen.“
    „Und mit was für einem Ziel?“
    „Die Antwort ist die gleiche.“
    Henner stand auf. „Dann darf ich wohl die Unterredung als beendet betrachten.“
    Nadja lächelte. „Ich kann Sie nicht zwingen hierzubleiben, aber ich kann Sie darum bitten.“ Sie machte eine einladende Geste in Richtung auf den Sessel. Henner fühlte, daß er sich in seinem Ärger dumm benommen hatte, und setzte sich wieder.
    Nadja fuhr fort. „Ich spiele nicht mit Ihnen Blindekuh, wenn Sie das meinen. Ich kann es Ihnen nicht sagen, weil ich es nicht weiß, und auch wenn Sie meine Frage mit nein beantworten, muß ich Sie bitten, hierzubleiben und uns zu helfen, das zu erfahren, wonach Sie eben selbst gefragt haben. Ich weiß, ich spreche in Rätseln, aber es ist alles vorbereitet, was nötig ist, damit wir gemeinsam diese Rätsel lösen können.“
    Sie hatte durch diese spielend überwundene Schwierigkeit mit Henner ihre Fassung ganz und gar wiedergewonnen und wandte sich nun an Duncan.
    „Und du, Duncan, auch an dich habe ich eine Frage. Bist du bereit, deine energetischen Arbeiten an dem Punkt wiederaufzunehmen, an dem sie“ – sie suchte einen Augenblick lang nach einer neutralen Formulierung – „vor acht Jahren eingestellt werden mußten? Falls besondere Umstände das erforderlich machen würden?“
    „Nein.“
    Diese Antwort kam so prompt und fast fröhlich, daß sie Nadja irritierte. Sie fühlte sich für einen Augenblick hilflos, und Duncan war boshaft genug, durch ein Lächeln anzudeuten, daß er das bemerkt hatte. Aber dann fuhr er fort: „Weil sie längst nicht mehr auf diesem Punkt sind.“
    „Du hast weitergearbeitet?“
    „Was dachtest du?“
    Nadja registrierte nebenbei, daß der Kapitän mit fast naivem Staunen von einem zum anderen blickte. Er hat also nichts erzählt, auch das sieht ihm ähnlich, dachte sie, aber dann hörte sie wieder Duncan zu, der gerade erklärte: „Den Beschluß habe ich natürlich nicht verletzt, und es war nicht ganz einfach, ohne großes Experiment auszukommen, aber man kann auch aus dem Tatsachenabfall, den die Experimente in angrenzenden Bereichen
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