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Ein sinnlicher Schuft

Ein sinnlicher Schuft

Titel: Ein sinnlicher Schuft
Autoren: Celeste Bradley
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diesen Satz zu Ende sprichst, werde ich dir den Mund mit Seife auswaschen. Ist das klar?«
    Evan schaute sie trotzig an. »Das würdest du nich tun!«
    »Doch, das werde ich. Es ist höchste Zeit, dass du anfängst, dich zu verhalten wie der Gentleman, als der du auf die Welt gekommen bist. Ab sofort wirst du aufhören zu fluchen, oder die Seife erscheint auf der Bildfläche.«
    Evan starrte sie verständnislos an, denn so hatte er seine Schwester noch nie erlebt. Und irgendwie nötigte ihm das, wenngleich gegen seinen Willen, Respekt ab. Zum ersten Mal betrachtete er sie als Erwachsene.
    Sie spürte seine Wut und seine Irritation und lächelte ihn liebevoll an. »Es wird uns gut gehen. Ich habe jetzt ein großartiges Empfehlungsschreiben, mit dem ich bestimmt eine angemessene Arbeit in London finde. Wir können uns dieses Mal ein gutes Zimmer mieten und müssen nicht mehr frieren und hungern. Du wirst zur Schule gehen und lernen, während ich arbeite, und sobald du achtzehn bist, nehmen wir uns einen eigenen Anwalt und knöpfen uns die Trotters vor.«
    Evans Miene hellte sich auf. Grimmige Freude leuchtete aus seinen Augen. »Die mach’n mir platt, was?«
    Pru verschränkte die Arme. »Versuch das bitte mal anders auszudrücken.«
    »Die machen wir platt, oder?«
    Seine Schwester lächelte ihn an. »Wie Insekten auf dem Gehsteig.«
    Melody, die damit beschäftigt war, Gordy Anne an einen Galgen zu knüpfen, schaute auf. »Aber nicht die Käfer!«
    Evan grinste sie an. »Nein, versprochen. Nicht die Käfer. Komm, ich zeig dir, wie man eine richtige Henkersschlinge macht, mit Schiebeknoten und allem Drum und Dran.« Glücklich über einen Verbündeten bei ihrem makabren Spiel krabbelte Melody hinüber auf den anderen Sitz.
    Pru lehnte sich zurück und beobachtete die beiden. Es wurde ihr schwer ums Herz bei dem Anblick. Morgen würde sie sich ebenfalls von der Kleinen verabschieden müssen. Für immer.
    Mein süßes kleines Mädchen, warum muss ich dich loslassen?
    Weil es so am besten war im Interesse von Melodys Zukunft, doch leider brachte ihr das Wissen, das Richtige zu tun, keinerlei Trost.
    Melancholie legte sich über sie wie eine schwere Last, die sie niederzudrücken drohte. Und die Bilder von ihrem schönen neuen Leben, die sie Evan gerade erst ausgemalt hatte, ließen sich nicht mehr heraufbeschwören. Pru resignierte in diesem Moment und sah nichts als eine düstere, trostlose Zukunft ohne jeden Hoffnungsschimmer auf sie beide zukommen, drohend und unausweichlich wie der imaginäre Galgen, an dem Gordy Anne aufgeknüpft werden sollte.
    Sie wandte den Blick von den Kindern ab und starrte aus dem Fenster, während ihr die Tränen über die Wangen rannen. Und dann sehnte sie sich auch noch so verzweifelt nach Colin.Wie sollte sie morgens aufwachen und den Mut finden aufzustehen? Wie weitermachen, wenn sie doch wusste, dass er nie mehr für sie da sein würde?
    Wie konnte sie weiterleben ohne ihn?
    Colin marschierte aus dem Hotel mit seinem Koffer in der Hand. Er fühlte sich, als gehöre er nicht in dieselbe Welt wie die Leute um ihn herum. Menschen gingen an ihm vorbei mit schnellem Schritt und mit Gesichtern, in denen Glück oder Sorge oder Überraschung zu lesen war. Gefühle, an die er sich vage erinnerte, die jedoch nichts mit ihm zu tun zu haben schienen.
    Diese schreckliche Taubheit war schlimmer als der Schmerz, denn jetzt fühlte er sich hohl und leer, als habe er nicht nur sie, sondern genauso sich selbst verloren. Sie hatte sein Herz mitgenommen und nichts als eine nutzlose Hülle zurückgelassen. Konnte man so überhaupt weiterleben?
    Auch das Wissen, dass sie gegangen war, weil sie ihn liebte, half nicht wirklich. Automatisch machte er einfach weiter, spulte seinen Plan ab. War er das, der beim Bischof eine Sondergenehmigung für die Heirat erwirkte? Der eine bequeme Kutsche für die Rückfahrt nach London anmietete? Der sich bei Lementeur einen prächtigen Hochzeitsanzug anpassen ließ? Nein, das war nur noch sein seelenloses Ebenbild.
    Und ganz bestimmt war es ein Fremder, der an seinem Hochzeitstag die Stufen der Kirche hinaufstieg, um eine Frau zu heiraten, die er niemals lieben würde.

Einundvierzigstes Kapitel
    A m Altar wartete Colin mit Lementeur als Trauzeugen an seiner Seite, während Chantals Arzt, Dr. Bennett, ausersehen war, die Braut zu übergeben. Colin überlegte immer noch, was genau das wohl bedeutete.
    Neben ihm bürstete Lementeur stirnrunzelnd über Colins Ärmel.
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