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Ein schwarzer Vogel

Ein schwarzer Vogel

Titel: Ein schwarzer Vogel
Autoren: A. A. Fair
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ein Geräusch, das mich an das Rattern erinnerte, das
entsteht, wenn ein Junge an einem Zaun entlangläuft und dabei mit einem Stock
die Latten streift.
    »Sie würde sehr gern nach
Kolumbien zurückgehen und ihre Heimat und alle Freunde und Verwandten wiedersehen.
Sie hat hier keine Freunde«, übersetzte Dona.
    »Dafür kann ich sorgen. Ich
vertrete eine Agentur, die derartige Aufträge übernimmt. Wenn sie sich mir
anvertraut, werde ich das nötige Geld beschaffen.«
    Die Frau hatte mir zugehört und
mich auch verstanden, aber trotzdem sah sie abwartend Dona an und antwortete
auf spanisch, nachdem Dona meine Worte übersetzt hatte.
    »Was soll ich dafür tun?«
    »Sie haben viele Jahre auf der
>Doppelklee-Mine< gelebt?« fragte ich.
    Sie nickte.
    »Sie waren Köchin und
Kindermädchen und versorgten das Kind, das Cora Hendricks mitgebracht hatte?«
    Sie wollte schon zustimmend
nicken, hielt aber im letzten Moment inne und wandte sich mit einem
vorsichtigen und lauernden Ausdruck in den Augen an Dona und bat: Ȇbersetzen
Sie bitte.«
    Dona wiederholte auf spanisch,
was ich gesagt hatte.
    Señora Lerida war jetzt
argwöhnisch. Bisher hatte sie bereitwillig gesprochen. Jetzt machte sie
Schwierigkeiten. Aber ich mußte mehr darüber wissen.
    »Das Kind, das in die
Vereinigten Staaten gebracht wurde, war nicht das gleiche, das Cora Hendricks
nach Kolumbien gebracht hatte«, drang ich in sie. »Es war nach dem Tode von
Miss Hendricks vertauscht worden, und zwar von der Frau des Minenverwalters.
Sie hat ihr eigenes Kind hierher geschickt, damit es das große Vermögen von
Cora Hendricks erben sollte. Das Kind, das Cora Hendricks nach Kolumbien
mitgebracht hatte, erklärte Juanita Grafton zu ihrer eigenen Tochter. Das ist
Ihnen doch alles bekannt?«
    Die Frau gab keine Antwort.
Aber in ihren Augen lag jetzt ein gieriges Lauern. Zögernd wandte sie sich Dona
Grafton zu und wartete auf die Übersetzung.
    Dona hatte mit wachsendem,
ungläubigem Staunen zugehört.
    »Beherrschen Sie jetzt Ihre
Empfindungen und denken Sie nicht an die Folgen, die dieses Gespräch für Sie
persönlich haben kann, sondern übersetzen Sie«, drängte ich sie.
    Dona begann mit Señora Lerida
auf spanisch zu sprechen. Die alte Frau antwortete mit einem einsilbigen Wort.
Dona sprach weiter und unterstrich ihre Sätze mit Handbewegungen. Der Klang
ihrer Worte und die Schnelligkeit, mit der sie sprach, verrieten ihre Erregung.
    Die alte Frau antwortete mit
einem kurzen. Satz.
    Noch einmal drang Dona auf sie
ein, und schließlich begann die alte Frau zu sprechen. Ihre Worte wurden immer
schneller, und je länger sie redete, um so mehr gewannen sie an Ausdruck. Auch
ihr Gesicht begann sich zu beleben.
    Als die Alte geendet hatte,
wandte sich Dona zu mir. Ihre Lippen zitterten, als sie mit mühsam beherrschter
Stimme sagte: »Es ist wahr. Aber diese Frau wußte nicht, daß Juanita Graftons
Tochter durch den Tausch viel Geld erhalten sollte. Sie glaubte, es sei nur ein
Versuch, die uneheliche Herkunft des Kindes zu vertuschen. Sie vertraut Ihnen.«
    »Gut, das ist sehr wichtig. Nun
fragen Sie sie, ob Robert Cameron bei ihr war.«
    Señora Lerida wartete nicht,
bis ihr die Frage übersetzt wurde. »Ist das der Señor, der ermordet wurde?«
    »Ja«, bestätigten Dona und ich
gleichzeitig.
    »Er war sehr freundlich, er gab
mir Geld.«
    »Wann war das?«
    »Am Tag, bevor er starb. An
einem Tag brachte er mir Geld, am nächsten war er schon tot.«
    »Haben Sie mit ihm gesprochen?«
    »Nur wenig.«
    »Haben Sie irgend jemand
gesagt, daß er bei Ihnen war?«
    »Niemand, ich kann es
beschwören.«
    »Erklären Sie ihr«, wandte ich
mich an Dona, »daß sie alles noch einmal ausführlich vor Leuten wiederholen
muß, die ihre Aussage auf spanisch zu Protokoll nehmen werden, und daß sie das
Protokoll unterschreiben muß. Dann wird sie das Geld bekommen, um zu ihren
Verwandten und Freunden nach Kolumbien zurückkehren zu können. Aber nur, wenn
sie sich mir völlig anvertraut, kann ich für sie sorgen.«
    Dona brauchte meine Worte nicht
zu übersetzen, denn Señora Lerida sagte mit der ihrer Rasse eigentümlichen
Ergebenheit in ihr Schicksal: »Ich bin einverstanden. Wollen wir jetzt
trinken?«
    »Nein. Sie werden jetzt nicht
trinken«, befahl ich nachdrücklich und wandte mich wieder an Dona. »Rufen Sie
sofort Kommissar Frank Sellers im Polizeipräsidium an, und fordern Sie ihn auf,
so schnell wie möglich mit einem Spanisch sprechenden Stenografen und
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