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Ein Pirat zum Verlieben

Ein Pirat zum Verlieben

Titel: Ein Pirat zum Verlieben
Autoren: Amy J. Fetzer
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Wahl.
    Näher, immer näher. Ihr Magen krampfte sich vor brennender Übelkeit zusammen. Noch näher. Ihr Kopf fühlte sich plötzlich ganz leicht an, als wäre sie aus einem Traum erwacht. Blitze zuckten bösartig über die dunkle Decke. Ein lähmendes Gefühl von Schwere strömte durch ihre Glieder, betäubte sie, und es kostete sie Mühe, den Delfin nicht loszulassen. Noch näher. Ihr Herz klopfte so laut, dass sie es in der Kehle spüren, sein dumpfes Schlagen in ihren Ohren hören konnte. Obwohl sie nie ein religiöser Mensch gewesen war, betete sie um Kraft, um alles, das ihr helfen könnte, am Leben zu bleiben.
    Der Delfin trug sie weiter – immer näher zu der drohenden Wand.
    Tess verlor das Bewusstsein. Sie sah die wallenden Nebelfinger nicht, die nach ihr griffen, fühlte nicht die eisigen Tentakel, die sich um sie schlangen und sie an der Barriere vorbeitrugen, sie verschlangen. Hinter ihr verschwand die schwarze Wand sofort und hinterließ auf dem ruhigen Wasser unter dem blauen Himmel der Karibik weder eine Spur von der Frau noch von dem Delfin.
1789Wendekreis des KrebsesWestindien
    Bis zum letzten Mann rannten die Seeleute hin und her, um Kisten und Fässer vor dem rasenden Sturm zu sichern, der mit einer Schnelligkeit über sie hereingebrochen war, wie sie noch keiner von ihnen erlebt hatte. Dann flüchteten sie unter Deck, um sich in Sicherheit zu bringen und das Unwetter abzuwarten. Die Fregatte schwankte und schlingerte; hohe Wellen schlugen krachend über die Steuerbordseite, um alles, was nicht fest vertäut war, mit sich in die schwarzen Tiefen zu reißen.
    Der Kapitän hielt die Stellung am Ruder, seine hohe Gestalt tief über das Steuerrad gebeugt, und führte sein Schiff weiter hinaus, vorbei an den vereinzelten Inselgrüppchen. Die Sea Witch war ein bewaffnetes Schiff, schwer beladen mit frischem Proviant und Handelswaren, daher war ihre Wasserlinie bereits sehr tief. Als sie in den Sturm eintauchte, schlug er zurück wie ein erzürnter Vater, stieß ihre Galionsfigur unter die Wellen und füllte die Ladedecks mit noch mehr Wasser.
    »Runter mit euch!«, brüllte Blackwell, aber der Wind trug seine Worte davon.
    Die wenigen Männer, die an Deck geblieben waren, nahmen diesen Befehl erleichtert zur Kenntnis, nur Mr. Thorpe schüttelte den Kopf. »Das schaffen Sie nicht allein mit dem Ausguck.«
    »Das ist ein Befehl, verdammt!« Blackwells Augen durchbohrten den jüngeren Mann, und selbst durch den strömenden Regen konnte Gaelan Thorpe erkennen, wie wütend der Kapitän war. Der Erste Offizier nickte kurz und hangelte sich mit Hilfe eines Hakens zum Niedergang vor. Er warf einen letzten Blick auf seinen Kapitän. Blackwell trug kein Ölzeug, trotzte den Elementen mit bloßen Füßen und bloßer Brust und rang mit seinen starken Armen mit dem Steuerrad. Normalerweise wären sie dem Sturm einfach davongefahren, aber die trügerischen Gewässer gestatteten einen solchen Luxus nicht. Gaelans Augen weiteten sich, als eine Wasserwand neben der Backbordseite aufstieg. Sein Blick flog zum Kapitän. Er wartete furchtlos den Aufprall der Woge ab. Sie schlug tosend an Deck und Gaelan Thorpe wurde von der Gewalt der Wassermassen nach unten gespült.
    * **
    Die Frau hing an dem Delfin, den Kopf auf die glatte Wölbung vor der Bückenflosse gelegt. Sie konnte durch die Öffnung neben ihrem Gesicht seine Atemzüge hören. Es war ein tröstliches Geräusch. Er hatte ihr das Leben gerettet, sie über Wasser gehalten, und sie belohnte ihn auf die einzige Art, die ihr einfiel – mit einem Namen. Richmond – mächtiger Beschützer. Ein Arm hing schlaff um seine Flosse, der andere baumelte im Wasser. Sie hatte sich den Arm im Sturm böse verrenkt und jetzt war er nutzlos; der Schmerz pochte bis in ihren Nacken. Ihr linkes Bein brannte am Knöchel. Ihre Schultern waren versengt und voller Blasen, die aufbrachen, um sofort von neuen ersetzt zu werden, in einem unablässigen Kreislauf, seit der Sturm sich gelegt hatte und einer gnadenlosen Sonne gewichen war. Ihre Haut spannte und juckte, ihre Lippen waren trocken und aufgesprungen. Ihr Magen knurrte laut, so leer war er, und sie würgte. Aber es war nichts mehr vorhanden, was sie hätte von sich geben können. Ihr Durst war unvorstellbar.
    Tess nahm nichts von ihrer Umgebung wahr, weder das klare blaue Wasser noch die Schwärme bunter Fische, die verspielt um ihre Beine flitzten, oder die mit vierundzwanzig Kanonen bestückte Fregatte, die etwa hundert Meter
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