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Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition)

Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition)

Titel: Bevor mir der Tod die Augen schließt (Ein-Linnea-Kirkegaard-Krimi) (German Edition)
Autoren: Karen Vad Bruun , Benni Bødker
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1
    P ass auf, die Planken sind vereist! Wir brauchen nicht noch mehr Tote.«
    Hauptkommissar Thor M. Dinesen ignorierte die Rufe, die durch die frostklare Luft vom Ufer her zu ihm herüberdrangen, und starrte stattdessen geradeaus. Die Blutspur schlängelte sich von der Leiche weg wie eine Signatur unter dem eigentlichen Motiv. Auch wenn sich bereits Kristalle gebildet hatten, war das Muster des geronnenen Blutes auf dem dicken Eis nach wie vor deutlich zu erkennen. Er drehte sich ein wenig nach links, um die Leiche anzusehen. Aus der Entfernung betrachtet erschien ihm die Szenerie noch unwirklicher.
    »Man könnte meinen, Bjørn Nørgaard hätte hier eine Kunstperformance veranstaltet.«
    Thor murmelte leise vor sich hin und betrachtete das Eis, eine weiße Leinwand für das makabre Bild. Es war so perfekt, beinahe wie arrangiert. Der nackte Tote hatte einen athletischen Körper und lag in einer seltsam gekrümmten Haltung da, als würde er sich der Arabeske des Blutes anpassen. Mikkel Spang-Hansen, 31  Jahre alt, freiberuflicher Journalist mit steiler Karriere und Eisbader. All das und einiges mehr wussten sie bereits über das Opfer, doch aus welchem Grund er hier seinen Tod gefunden hatte, verrieten weder diese Informationen noch die Anordnung dieses Bildes. Bis jetzt. Thor starrte weiterhin angestrengt über das Eis. Er hatte das Gefühl, die Komposition könnte ihm etwas Entscheidendes verraten, wenn er sie nur lange genug analysierte, doch alle wesentlichen Hinweise schienen ihm sofort wieder zu entgleiten.
    Mittlerweile zeigten sich die ersten Strahlen der Morgensonne, und er versuchte, seine Gedanken neu zu ordnen und sich auf etwas anderes zu konzentrieren.
    »Na, was denkst du?«
    Die knirschenden Schritte auf dem festen Schnee hinter ihm waren verstummt. Thor konnte den Atem seines Kollegen im Nacken spüren.
    »Ich denke daran, wie warm es jetzt gerade in Virginia ist.«
    »Du bist doch ein Masochist. Außerdem zielte meine Frage nicht darauf ab.«
    »Dann musst du sie das nächste Mal eben anders stellen.«
    Thor drehte sich zu Kommissar Daniel Kraus um, der ausnahmsweise fünf Minuten eher als er am Tatort eingetroffen war. Sie hatten einen kleinen Wettbewerb laufen, wer zuerst am Tatort war, und Thor gewann fast immer, obwohl er im Gegensatz zum ewigen Junggesellen Kraus oft innerhalb kürzester Zeit jemanden finden musste, der auf seine Tochter aufpasste.
    »Außerdem glaube ich kaum, dass ich hier der Masochist bin.«
    Er deutete auf das Eis. Kraus schüttelte den Kopf.
    »Wie ein Selbstmord sieht das nicht grade aus, wenn du mich fragst.«
    »Ich meinte auch eher das Eisbaden.«
    Thor und Kraus befanden sich in der Mitte der Brücke, die zu den hölzernen Umkleidekabinen der Badeanstalt Helgoland führte. Hinter ihnen lag der Amager Strandpark unter einer Schneedecke und erinnerte eher an ein Wintersportgebiet als die neueste Sommeroase der Großstadt. Vor ihnen tauchten die Holzpfähle des erst kürzlich wiedererrichteten Meeresschwimmbads auf. Von hier hatten sie einen direkten Blick auf das fünf bis sechs Meter entfernt liegende Loch im Eis, neben dem man das Opfer vor knapp einer Stunde gefunden hatte.
    Hier trafen sich von Oktober bis Mai jeden Dienstag die Eisbader, und es war bekannt, dass Spang-Hansen normalerweise vor den anderen eintraf. Der Vereinsvorsitzende hatte ihn auf dem Eis gefunden und den Notruf alarmiert, die Streife war zur selben Zeit eingetroffen wie der Rettungswagen. Der Mann war übel zugerichtet und blutete stark aus einer tiefen, fünf bis sechs Zentimeter langen Wunde auf der linken Seite des Halses. Während die Rettungssanitäter übernahmen, führte die Polizei ein kurzes Verhör mit dem Vereinsvorsitzenden durch.
    Er erklärte, er habe den Mann auf dem Eis sofort entdeckt und weder Puls noch Atmung feststellen können. Die Sanitäter bestätigten kurz darauf, dass Spang-Hansen keine Vitalfunktionen mehr aufwies und die vielen Verletzungen vermutlich von Messerstichen stammten. Zum Glück hatten die Streifenpolizisten so schnell gehandelt, dass Thor und seine Kollegen kurz nach dem Leichenfund und vermutlich auch nicht lange nach dem Mord eingetroffen waren. Die Beamten von der Streife hatten sofort den Dienstgruppenleiter im Präsidium kontaktiert, einen mutmaßlichen Mord gemeldet und dann damit begonnen, das Gelände abzusperren. Der Gruppenleiter hatte daraufhin die Mordkommission mit Thor M. Dinesen als diensthabenden Beamten eingeschaltet und zudem die
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