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Ein paar Tage Licht

Ein paar Tage Licht

Titel: Ein paar Tage Licht
Autoren: Oliver Bottini
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bis zum Gefängnis von Serkadji oberhalb der Kasbah, man musste durch ganz Bab el Oued und dann den Hügel halb hinauf.
    Unterwegs fragte er sich wieder und wieder, weshalb ihm dieser Name so bekannt vorkam, Serkadji.
    Schließlich fiel es ihm ein.
    Im Februar hundert Tote im Serkadji, aber sprich nicht darüber …

I
    HOFFNUNG

1
    CONSTANTINE, ALGERIEN
OKTOBER 2012
    In der Ferne kam die Stadt in Sicht, auf die er sich seit Wochen freute, Constantine, auf einem sechshundert Meter hohen Plateau gelegen. Eine Stadt der Schluchten und Hängebrücken, wie ihm die Algerier in Lüneburg erzählt hatten, mit römischen Ruinen und einer eineinhalb Kilometer langen Gondelbahn, gebaut von einer österreichischen Firma. Dafür , hatten sie gescherzt, baut ihr Deutschen die Panzer .
    Peter Richter lehnte sich im Fond zurück. Er wurde erst morgen früh in der Produktionsstätte erwartet, und so nahm er sich vor, am Abend dort oben zu bummeln und zu essen, in der Altstadt auf dem Plateau, und vorher ein wenig Gondel zu fahren. Einsamkeit würde vermutlich kein Problem werden. Vier Polizisten in zwei Streifenwagen – VW Caddys – eskortierten die gepanzerte Limousine des algerischen Verteidigungsministeriums, die ein ausgesprochen freundlicher und humorvoller Fünfzigjähriger namens Sadek Madjer fuhr. Und im Gästehaus, so hatte er erfahren, arbeiteten neben einem Koch und Servicepersonal zwei Wachmänner, ein Deutscher und ein Algerier, die ihn auf Schritt und Tritt begleiten würden.
    Bodyguards?
    Die haben einen Al-Qaida-Ableger da drüben, Peter.
    Richter hatte beschlossen, sich mit dem Unvermeidlichen abzufinden. Wenn ein Land wusste, wie es sich und seine Besucher vor Islamisten schützte, dann Algerien, so viel war ihm klar.
    Und die Algerier meinten es ernst. Nach der Landung in Algier vor einigen Stunden hatte ihn noch in der Lufthansa-Maschine ein Geheimdienstmann in Empfang genommen, durch den Transitbereich geführt und in einen Kellerraum gebracht, wo sie gemeinsam auf den Anschlussflug mit Air Algérie gewartet hatten. Gemeinsam hatten sie das Gate passiert, gemeinsam die Maschine betreten, gemeinsam waren sie nach Constantine geflogen. Dort hatten zwei Polizisten und der kleine, quirlige Sadek Madjer gestanden, der sich ein handgeschriebenes Schild mit der Aufschrift MONSIEUR ATLAS vor die Brust gehalten hatte. Richter hatte noch geschmunzelt, als sich der Geheimdienstler verabschiedete.
    Au revoir, Monsieur.
    Au revoir et merci beaucoup.
    Allah yehfadek, Monsieur.
    Merci, merci beaucoup.
    Jetzt bremste das Polizeifahrzeug vor ihnen, auch die Limousine wurde langsamer. Im Schritttempo ging es weiter, alle Autos ordneten sich in die rechte Spur ein.
    »Un barrage«, sagte Madjer, der ein hartes, verschliffenes Französisch sprach.
    »De la police?«
    » Oui, oui. Sie suchen Bomben und Terroristen.« Madjer kicherte, salutierte dann aber doch, als sie an den Polizisten vorbeifuhren. Einer von ihnen hielt ein helles, schachtelartiges Ding mit kurzer Antenne in der Hand, das Richter wenig vertrauenswürdig vorkam.
    Während Madjer beschleunigte, erzählte er vergnügt, er habe gehört, dass die Amerikaner die Detektoren vor einer Weile »getestet« hätten, indem sie mit einem mit Sprengstoff beladenen Wagen herumgefahren seien. Keines der Geräte habe angeschlagen. Nun wolle der algerische Staat den Hersteller verklagen. »Mit Ihren Panzern wird das nicht passieren, oder? Der ›Atlas‹ wird funktionieren.«
    Richter erwiderte Madjers Lächeln. »Natürlich.«
    Im Konvoi fuhren sie ins Tal hinunter, das Gästehaus befand sich in einem Vorort westlich der Altstadt. Richters Blick blieb auf den Häusern oben haften, die im weißlichen Licht der Oktobersonne leuchteten. Unterhalb einer viaduktähnlichen Straße fiel die Felszunge steil und grün ab. Richtung Küste wurde der Hang immer felsiger, bis er an der Schlucht des Flusses Rhumel abrupt nach Osten abbog.
    Er lehnte sich vor. »Was bedeutet Allah yeh … yehfa … «
    » Allah yehfadek? ›Gott möge Sie schützen.‹«
    Wenige Minuten später hatten sie das von einer strahlend weißen Mauer umgebene Gästehaus erreicht. Die Streifenwagen entfernten sich. Ein Stahltor glitt zur Seite, Madjer lenkte die Limousine in den Hof, wo zwei Männer warteten, ein Algerier im schwarzen Anzug, ein Europäer in heller Hose und weißem Hemd.
    Der Europäer öffnete die Fondtür, und Richter stieg aus.
    » Ahlan wa sahlan, Herr Richter. Ich bin Toni.«
    »Guten Tag,
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