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Ein neues Leben auf dem Jakobsweg

Ein neues Leben auf dem Jakobsweg

Titel: Ein neues Leben auf dem Jakobsweg
Autoren: Manolo Link
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Manchmal erfüllen sich Sehnsüchte recht schnell. Ich musste an Schlüssel denken, verschlossene Hoteltüren, Hafen, Hände, Küsse, Augen, Sterne und das Meer.
    Wir erschienen spät zum Frühstück. Meine Gedanken waren bei Hansi auf dem Berg. Der einzige Gast, der sich noch am Frühstückstisch befand, war Gina. Wir setzten uns zu ihr. Estibaliz servierte das Frühstück, setzte sich zu uns und drückte mir zwei gefaltete Zettel in die Hand. Ich öffnete den ersten: »Lieber Manolo, ich bin heute morgen früh mit dem Bus nach Santiago gefahren. Die Ereignisse in der letzten Nacht haben sich überschlagen. Bestelle bitte Jean, Estibaliz und Gina viele Grüße und wenn ihr für Estibaliz einen Blumenstrauß zum Abschied kauft, dann möchte ich mich daran beteiligen. Herzlichst Hansi.« Ich nahm den Geldschein und wunderte mich. Ereignisse haben sich überschlagen. Was mag geschehen sein? Geheimnisumwittert, das Ganze.
    Während des Frühstücks unterhielten sich die drei Frauen angeregt auf Spanisch. Gina übersetzte mir hin und wieder ins Deutsche. Dann verriet sie mir, dass sie vom ersten Augenblick an gewusst hatte, dass ich nicht abreisen würde, als ich ihr meine Pläne mitgeteilt hatte. Und sie sagte noch etwas: »Jean und du, ihr gehört zusammen. Gib ihr viel Liebe, sie hat einiges durchmachen müssen in ihrem Leben.« Ich sah Gina mit großen Augen an, wendete meinen Blick zu Jean, die mich anstrahlte. Ich war fassungslos.
    Die zweite Nachricht war von einer Pilgerin, die mit Melitta und Alexander viele Tage unterwegs gewesen war: »Lieber Manolo, ich wünsche dir für deine Zukunft alles Gute und bedanke mich gleichzeitig, dass du mich ins Ancora, zu diesem sehr guten Hotel geführt hast.«
    »Estibaliz möchte Dir, Jean und mir am heutigen Tag ihre Heimat und spezielle Orte zeigen, die ihr wichtig sind«, sagte mir Gina. Es war Jeans Geburtstag, wurde mir bewusst. Nach dem Frühstück setzten wir uns ins Auto und fuhren zum Hotel Finisterre, das die Türen wieder geöffnet hatte. Jean holte ihren Rucksack und legte ihn in den Kofferraum. Estibaliz führte uns zu außergewöhnlichen Plätzen. Jean erkannte in Muxia Irland wieder.
    In Lexa staunte ich über einen weißen Sandstrand, der mich an Karibikstrände erinnerte und den ich nie und nimmer in Galicien vermutet hätte. Die Temperaturen an diesem 9. Juni hatten ebenfalls Karibik-Charakter. Estibaliz führte uns in eines ihrer Lieblings-Restaurants mit Meerblick, in dem es ausgezeichneten frischen Fisch gab. In jenem Restaurant entstand das erste Foto von Jean und mir. Ich kam mir wie in einem Märchen vor, einem Märchen, das schöner nicht hätte sein können.
    Estibaliz verschwand für kurze Zeit. Wir dachten, sie wäre auf die Toilette gegangen. Als wir die Rechnung begleichen wollten, erfuhren wir, wo sie gewesen war. Alle Proteste unsererseits halfen nichts. Sie nahm kein Geld von uns an. »Estibaliz ist ein wundervoller Mensch«, meinte Gina. Wir stimmten ihr uneingeschränkt zu, bedankten uns und verließen das Lokal.
    Auf der Rückfahrt nach Finisterre lag ich in Jeans Schoß auf der Rückbank und schlief. Ich war hundemüde. Jean war mir so vertraut, als wenn wir uns seit ewigen Zeiten kennen würden. Ihre Hand lag in der meinen. Einige Kilometer vor Finisterre, während eines Stops, las ich an einer Hauswand: »Adios todo«, Abschied - endgültig. Ja, es war an der Zeit von Finisterre und dem Camino weg zu gehen. Doch der Gedanke löste einen vehementen Widerstand in mir aus. Ich wollte nicht weg. Doch ich musste, schließlich hatte ich in Deutschland eine Familie und eine Wohnung.
    Gegen sechs parkte Estibaliz ihren Wagen vor dem Ancora. Wir bedankten uns bei ihr für einen unvergesslichen Tag, der Jeans Geburtstag nicht schöner hätte gestalten können. Estibaliz hatte uns ein großes Geschenk gemacht. Ich nahm den Rucksack von Jean und brachte ihn aufs Zimmer. Vor dem Abendessen informierte ich Estibaliz, dass Jean und ich noch eine Nacht bleiben möchten und am morgigen Tage nach Santiago fahren würden. Spontan drückte sie mir den Zimmerschlüssel mit der Nummer 204 in meine Hand und gab mir zu verstehen, dass dies ein schöneres Zimmer sei. Als ich unser Gepäck ins neue Zimmer brachte, war mein erster Gedanke: »Honeymoon-Suite«. Ein geräumiges Zimmer mit großem Bett und einem großzügigen Bad. Nachdenklich ging ich anschließend hinunter ins Restaurant, wo ich mich zu Gina und Jean an den Tisch setzte.
    Natürlich waren die
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