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Ein neues Leben auf dem Jakobsweg

Ein neues Leben auf dem Jakobsweg

Titel: Ein neues Leben auf dem Jakobsweg
Autoren: Manolo Link
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begeben würde. Der Name Hansi berührte tief in meinem Innern etwas. Yajaira und Bernd beschlossen, eine Pause zu machen. Ich verabschiedete mich: »Buen camino« (Guten Weg).
    Gegen vier betrat ich eine alte Pilgerbrücke, die mich über einen Fluss nach Zubiri führte, das auf Baskisch »Ort an der Brücke bedeutet«. Am Ortseingang entdeckte ich eine private Herberge, der ebenfalls kein Eintrag in meinem Reiseführer gewidmet war. Einige Minuten später stand ich vor der offiziellen Herberge, die in früheren Zeiten als Schule gedient hatte und sich unmittelbar neben der Hauptstraße befindet. Eine junge Herbergsmutter nahm meinen Pilgerpass entgegen, führte ihm einen weiteren Stempel zu, forderte einen Betrag von fünf Euro ein und zeigte mir mein Bett, das eines der letzten freien war.
    Die Herberge war sauber, doch ein wenig beengt. Aber ich beanspruchte keinen Luxus und schätzte mich glücklich, die Nacht in einem Bett schlafen zu können. Nach einem Duschbad, ich war im Begriff, meine Wäsche auf die Leine zu hängen, trafen Yajaira und Bernd ein. Ihnen wurde die alte Turnhalle, die sich unmittelbar neben der nunmehr vollen Pilgerherberge befand, als Nachtquartier zugewiesen. Wir unterhielten uns kurz, bevor ich in die Herberge ging, wo ich Martin auf einem Bett entdeckte und mit ihm ein paar belanglose Worte wechselte. Ich legte mich aufs Bett, machte Eintragungen in mein Tagebuch und war mit den 23 Kilometern, die ich geschafft hatte, zufrieden. Die Sonne hatte an diesem Tage ihre Schattenseiten in Form einer geröteten Haut auf meinen Händen hinterlassen.
    Meine unmittelbaren Nachbarn waren ein Paar aus Amerika, das einen netten Eindruck auf mich machte. Sie verbrachten ihre Zeit als Rentner auf dem Camino. Die beiden grüßten freundlich und machten keinen weiteren Versuch, sich mit mir zu unterhalten, als sie feststellten, dass unsere Sprachkenntnisse dazu nicht ausreichten. Es ärgerte mich mehr und mehr, in der Schule während des Englischunterrichts meine Aufmerksamkeit in der Funktion eines Clowns auf die Unterhaltung der Klasse gerichtet zu haben und nicht auf das Erlernen der Sprache. Liebend gerne hätte ich mich mit den Menschen ausgetauscht. Ich beschloss, nach meiner Heimkehr Englisch zu lernen.
    Nach dem Abendessen suchte ich Bernd und Yajaira auf, die ihr Nachtlager einrichteten. Die alte Turnhalle war schmutzig und muffig, kein einladender Ort, um zu übernachten.
    »Hallo«, begrüßte ich sie. »Yajaira, wenn du möchtest, kannst du mein Bett haben. Dann übernachte ich in der Turnhalle. Es macht mir wirklich nichts aus.«
    »Danke, Mano, das ist nett vor dir. Wir haben ein Dach über unserem Kopf und Matratzen. Was brauchen wir mehr?«
    »Dann wünsche ich euch eine gute Nacht. Bis morgen.«
    »Gute Nacht, schlaf gut.«
    Mein Bett erschien mir nun geradezu luxuriös.
     

»Sei du selbst die Veränderung,
    die du dir in der Welt wünschst.«
    Mahatma Gandhi
     

4 Die Ersten werden die Letzten sein
     
    Am nächsten Morgen startete ich gegen sieben in einen sonnigen Tag. In der Turnhalle hielt ich vergebens Ausschau nach Yajaira und Bernd, die sich bereits auf Wanderschaft befanden. Während des rhythmischen Gehens musste ich an meine ersten Begegnungen denken, die zahlreich waren und mich bereichert hatten.
    Auf einem schmalen Pfad kam mir ein riesiges Pferd entgegen, das freundlich zur Seite trat und mich passieren ließ. Minuten später lag eine tote Schlange auf dem Weg, die mir einen Schrecken einjagte. Schlangen zählten nicht unbedingt zu meinen Lieblingsgeschöpfen. Der Tag fängt ja gut an, dachte ich.
    Am Ortseingang von Larrasoaña legte ich eine Rast auf einer Bank an einem Fluss ein und erfreute mich beim Frühstück am erquickenden Morgen.
    Nach der Erholungspause staunte ich über meine Kondition, die sich von Schritt zu Schritt besser anfühlte. Meinem Knie ging es einigermaßen gut. In Trinidad de Arre machte ich die Bekanntschaft von Paula aus Finnland. Ich freute mich über ihre Anwesenheit, zumal sie der deutschen Sprache mächtig war. Plaudernd erreichten wir Pamplona, das uns mit vielen Menschen in Empfang nahm, die den Tag der Arbeit lautstark feierten. Auf den Straßen lagen zahlreiche leere Flaschen und Plastikbecher herum. Die überwiegend jungen Menschen tranken Bier und Wein. Meine innere Ruhe geriet ein wenig ins Wanken. Großstädte gehörten nicht zu meinen Lieblingsaufenthaltsorten. Ich liebte die Natur und füllte meine Energiereserven durch
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