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Ein nasses Grab

Ein nasses Grab

Titel: Ein nasses Grab
Autoren: Reginald Hill
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er.

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    3
    Eine nahrhafte Brühe
    D ie Enten hatten sich wieder auf dem Wasser niedergelassen und folgten in sicherem Abstand.
    »Ich hatte mal ’nen Freund«, sagte der Hässliche mit pseudoamerikanischem Akzent, »der hat sich ziemlich weh getan beim Versuch, eine Ente zu vögeln.«
    »Ach ja?«
    »
Yeah
. Er hatte nämlich diesen Wahn, mit der ganzen Schöpfung in Beziehung zu treten. Aber die Ente sah das anders. Hat ihm den halben Rüssel abgerissen. Danach hat er seinen Plan geändert und sich mehr auf die spirituelle Vereinigung verlegt.«
    »War vielleicht keine schlechte Idee«, sagte Dalziel. »Mit den Ameisen wär’s wahrscheinlich schwierig geworden.«
    Der andere lachte beifällig.
    »Astrein, Mann.«
    Der glaubt, er hat mich auf die Probe gestellt, dachte Dalziel. Jetzt, wo ich seinen kleinen Schocktest bestanden habe, kommt er mir wahrscheinlich mit der gönnerhaften Tour.
    »Während unser Charley, der Junge da mit dem Holzschwanz, sich mehr an so was begeilt.«
    Er hockte sich hinter das Gewehr und machte Geräusche, die eher zu den Salven einer Haubitze gepasst hätten.
    »Nein, Hank, da bist du auf dem falschen Dampfer«, widersprach Tillotson liebenswürdig. »Mir geht’s rein um den Sport, um mehr nicht. Aber so eine Überschwemmung ist schon was Feines. Ich wette, dass ein Haufen Vögel wieder hierherkommt. Das war sicher mal eine herrliche Gegend für die Vogeljagd, bevor sie alles trockengelegt haben.«
    »Kapiert, was ich meine?«, fragte Hank. »Er ist ganz wild darauf, dieses alte Phallussymbol wieder abzufeuern.«
    Endlich hatten ein paar bekannte Vokale Dalziel auf die Spur dieses pseudo-mittelatlantischen Schnoddertons gebracht. Er wusste gerne, woran er bei anderen war, und ein paar grundlegende Informationen über die Herkunft einer Person waren ein guter Ausgangspunkt. Damit konnte er seine kleinen grauen Zellen beschäftigen und die Schwermut in Schach halten, die sich immer ankündigte, sobald er sich entspannte.
    »Nicht viel los mit Enten in Liverpool«, sagte er. »Ich heiße Dalziel. Und Sie?«
    Der Dunkle sah ihn abschätzend an, dann sagte er: »Hank Uniff.«
    Dalziel lachte, ein scharfes, kränkendes Blaffen in Anerkennung der geringen Wahrscheinlichkeit, dass sein Gesprächspartner Jim Smith oder Bill Jones hätte heißen können.
    »Erfreut, Sie kennenzulernen«, sagte er. »Wie war die Beerdigung?«
    »Voller Bilder, Mann«, antwortete Uniff. »He, Charley, dufte Beerdigung, was? Ich meine, als sie den Sarg ins Loch ließen, war es voll Wasser. Das war vielleicht ein Platscher.«
    »Ja«, gab Tillotson zu, der gerade an ihnen vorüberkam. Er erprobte eine neue Technik, die darin bestand, die Stange vor dem Bug ins Wasser zu stoßen und dann die ganze Länge des Kahns abzuschreiten. Unvermeidbar, dachte Dalziel, dass jemand, der so offensichtlich geboren wurde, um für andere das Opfer abzugeben, irgendwann einmal über Bord geht.
    »Ja«, wiederholte Tillotson, »es hatte schon was von einer Seebestattung. Fünf Faden tief dein Vater liegt und so. Hast du ein paar gute Fotos geschossen, Hank?«
    »Eine ganze Rolle hab ich verschossen«, antwortete Uniff. »Aber hab ich auch das Licht richtig hingekriegt? Es war so schon schwer genug einzuschätzen, und dieser gruselige Prediger hat’s mit seinem Lamento auch nicht besser gemacht.«
    Er hielt seine Kamera schützend umklammert, als wollte sie ihm jemand aus der Hand reißen.
    »Hatte denn Mrs. Fielding nichts dagegen?«, erkundigte sich Dalziel.
    »Bonnie? Teufel, nein. Ich meine, warum sollte sie, Mann?«
    »Hank ist Künstler«, erklärte Tillotson, der soeben wieder im schnellen Trab an ihnen vorbeizog. Mit seiner neuen Technik brachte er den Kahn zwar deutlich schneller voran, doch leider zu Lasten der Richtung, wenn man von der Annahme ausging, dass das Ruderboot den kürzesten Heimweg nahm. Es war jetzt schon fast nicht mehr zu sehen und befand sich mehrere Grad nordöstlich von ihnen.
    Dalziel zog sich seinen Mantelkragen dichter um den Hals und widerstand der Versuchung, selbst das Kommando zu übernehmen. Er war das Übergepäck und nicht der Kapitän. Doch irgendwie mussten seine Gedanken sich Uniff übermittelt haben, denn der grinste boshaft ob Dalziels Unbehagen und fing an, ein altes Volkslied zu pfeifen, über die Flucht des schottischen Thronprätendenten in einem kleinen Boot.
    »Was für ein Künstler sind Sie denn, Mr. Uniff?«, fragte Dalziel.
    »Was für Künstler gibt es denn, Mann?«,
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