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Ein mörderischer Sommer

Titel: Ein mörderischer Sommer
Autoren: Fielding Joy
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mit dir reden«, sagte er schließlich.
    Joanne ließ sich in den blauen, gut gepolsterten Sessel sinken, der am Fuß des Betts stand. Sie nickte Paul zu. Sie war bereit, alles anzuhören. In seinem Blick lag dieselbe Bestürzung wie damals an jenem Nachmittag, als er unerwartet nach Hause gekommen war und ihr mitteilte, daß ihr Vater einen Herzanfall erlitten hatte und ins Krankenhaus gebracht worden war. Sie wußte nicht, was er jetzt sagen würde. Sie wußte nur, daß es nichts Gutes sein würde.

3
    Spät in dieser Nacht, nachdem ihr Mann ein paar Sachen in einen Koffer gepackt und das Haus verlassen hatte, um in einem Hotel zu übernachten, war Joanne die ganze Szene in Gedanken noch einmal durchgegangen – so wie Eve sie gespielt hätte.
    Sie stellte sich ihre Freundin vor, wie sie vornübergebeugt auf dem blauen Sessel sitzt, das rote Haar in schönen Wellen zu beiden Seiten des schmalen Gesichts herabfallend, das spitze Kinn in ihrer Hand ruhend. Jetzt sieht Paul, der mit dem Rücken zum Fenster steht, sie an, als ob sie seine Frau wäre, und spricht mit ihr, als wäre sie Joanne.
    »Was ist los?« fragt Eve – die gleichen Worte, die Joanne benutzte. Aber der Klang von Eves Stimme ist ›ganz Eve‹, viel lockerer, nicht so ängstlich. Neugierig, beinahe herausfordernd. »Ist in der Kanzlei irgend etwas passiert?«
    Joanne legte ihren Kopf auf das Kissen und schloß die Augen. Sie sah das Zögern in den Augen ihres Mannes, sie konnte das Zucken seiner Lippen fühlen, die darum kämpften, endlich die entscheidenden Worte auszusprechen. »Seit Wochen übe ich das nun schon in meiner Phantasie«, sagt er. »Ich dachte, ich wüßte ganz genau, was ich sagen muß …«
    »Um Himmels willen, Paul«, unterbricht ihn Eve, »nun sag's doch endlich!«
    Paul dreht sich wieder zum Fenster. Er ist nicht fähig, seiner Frau ins Gesicht zu sehen. »Ich finde, wir sollten uns trennen«, sagt er schließlich.
    »Was?« In Eves Keuchen schwingt ein Lachen mit. Sie weiß, daß dies ein Scherz ist.
    Langsam wendet Paul sich zu ihr um. Seine Stimme ist jetzt fester, die Wiederholung stärkt sein Selbstvertrauen: »Ich finde, wir sollten uns trennen, einfach eine Weile getrennt voneinander leben …«
    »Nur weil ich letzten Winter nicht zum Skifahren wollte?« sagt Eve neckisch. »Meinst du nicht, daß du ein bißchen überreagierst?«
    »Ich meine es ernst, Joanne.«
    Eve sieht, daß er es ernst meint. Sie sinkt in den Plüsch des blauen Sessels zurück. Einen Augenblick – aber wirklich nur einen Augenblick – lang trüben sich ihre Augen mit ersten Tränen, aber dann verändert sich ihr Gesicht, beinahe unmerklich, ihr Kinn strafft sich, und die Tränen verschwinden. Mit kalten, klaren Augen starrt Eve Paul an, und als sie endlich zu sprechen beginnt, ist ihre Stimme hart, zornig. »Würdest du mir bitte sagen, warum?«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob ich es sagen kann.«
    »Ich glaube, du tätest gut daran, es zu versuchen.«
    »Ich weiß den Grund nicht«, gesteht Paul nach einer längeren Pause.
    »Du weißt den Grund nicht«, wiederholt Eve und nickt dabei, als ob sie das verstünde; aber dieses Nicken verstärkt noch die Absurdität dessen, was Paul gerade gesagt hat. »Du bist Rechtsanwalt, Paul«, stichelt sie. »Mach schon – sonst warst du doch immer groß im Reden! Du bist doch bestimmt in der Lage, dir irgendeinen Grund auszudenken, der erklären würde, weshalb du eine fast zwanzigjährige Ehe aufgeben willst – ganz zu schweigen von den zwei Töchtern, die dieser Ehe entsprungen sind. Ich finde nicht, daß das zuviel verlangt ist.«
    Er sucht nach einer Antwort. Vom Garten, wo die Arbeiter um den geplanten Pool herumstehen, dringt Gelächter herein. »Ich bin ganz einfach nicht glücklich«, sagt er schließlich. »Ich weiß, wie abgedroschen das klingt …«
    »Aber weißt du auch, wie abgedroschen es ist?« kontert Eve sofort. Gute Gegenattacke.
    Paul geht darüber hinweg. »Ich habe das Gefühl, etwas zu versäumen«, gesteht er. »Ich bin jetzt zweiundvierzig, Joanne. Als wir heirateten, war ich noch im College.«
    »Meine Eltern haben uns finanziell unterstützt«, erinnert sie ihn.
    »Du warst erst meine dritte feste Freundin.«
    »Und du warst mein erster fester Freund«, erwidert sie. Sie weiß, daß es unnötig ist, ›und einziger‹ hinzuzufügen.
    »Hast du nie Lust auf einen anderen Mann gehabt?« fragt er plötzlich. Sie ist überrascht. »Hast du dich nie gefragt, wie es mit einem
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