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Ein Mann wie ein Erdbeben

Ein Mann wie ein Erdbeben

Titel: Ein Mann wie ein Erdbeben
Autoren: Heinz G. Konsalik
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sagte Fissani dumpf. »Wie soll ich die weiterverkaufen?!«
    »Gar nicht. Investiere das Geld als Werbung. Laß deine Kunden sich zur Probe spritzen … nächste Woche kannst du verlangen, was du willst. Sie werden dir jede Ampulle mit Tausendfrancscheinen umwickeln! Ich verspreche dir … so ein Zeug hat es bis heute noch nicht gegeben …«
    Bob Barreis hörte angespannt zu, ohne den Kopf zu wenden, ohne einen Blick zur Seite zu werfen. Aber er hörte, während er sein Glas Absinth leer trank, wie der Mann neben ihm, der Piero hieß, bezahlte, wie die Geldscheine leise knisterten, als der Kleine sie nachzählte, wie ein Päckchen über die Theke geschoben wurde.
    Die vierfache Wirkung, dachte er. Das wäre die Rettung. Mit diesen vier Ampullen kann man die sechs Tage überbrücken. Dann kommt das verdammte Geld aus Vredenhausen, die Gnade Onkel Theodors träufelt wieder über uns, und ich werde zu arbeiten beginnen, denn länger als zehn Tage wird das Geld nicht reichen. Ich werde zur männlichen Hure werden, das ist eine Arbeit, die ich verstehe. Begleiter reicher, älterer Damen. Bettwärmer verwelkender Lust. Torero vor hüftlahmen Kühen. In Cannes wimmelt es von ihnen. Sie sitzen an der Straße unter den Markisen der Cafés, blicken den jungen Männern nach, aber sie mustern nicht die Gesichter der Kerle, sondern sehen ein paar Zentimeter tiefer, auf die Ausbeulungen der engen Hosen, Genitalspinnen, die ihre Opfer mit Blicken einwickeln. Ihre Bankkonten sind genauso offen wie ihre Schenkel … mit ihnen werde ich Claudettes Frieden verdienen. Zweimal zwei welke Brüste gegen Claudettes Wunderkörper … das ist ein Tausch, gegen den der letzte innere Stolz verblaßt. Ich verkaufe Glück – ist das unehrenhaft? Er stellte sein Glas Absinth hin, als Piero Fissani vom Hocker rutschte, ein Geldstück über die Theke zu ›Papa‹ hin flitzen ließ und das Bistro verließ. Auch Bob Barreis zahlte und folgte schnell, aber nicht auffällig dem schlanken, dunklen Mann. Der Kleine mit den nervösen Augen sprintete zum Telefon in der Ecke des Lokals.
    »Sie sind unterwegs, Monsieur«, rief er in die alte, schwarze Muschel. »Vor einer Minute sind sie los.«
    »Brav!« sagte Tschocky und nickte Lundthaim und Schuhmann zu. Willkes hatte keine Zeit … er schwamm mit einer Motorjacht und drei Schwedenmädels auf dem Meer herum und wälzte an seinem Problem, wie er den Erwartungen dreifacher Potenz standhalten konnte. »Kommen Sie Ihre tausend Francs abholen, Paul!«
    Tschocky legte auf. Lundthaim trank seinen neunten Kognak, er war schon angeschlagen.
    »Ich bekomme nasse Hosen …«, sagte er unsicher. »Das Medikament ist noch im Tierversuch …«
    »Bob ist ein Tier. Etwas anderes sollte man nicht denken.«
    »Ich weiß nicht, ob ich damit fertig werde, ein Mörder zu sein!«
    »Was bist du?« Tschocky goß ihm wieder das Glas voll. »Hast du ihm das Zeug gespritzt, oder injiziert er es sich selbst?«
    »Selbst.«
    »Hast du ihm das Zeug verkauft, oder holt er es sich selbst?«
    »Selbst.«
    »Hast du irgendeinen Einfluß auf seine Handlungen?«
    »Nein.«
    »Warum flennst du dann?«
    »Es gibt so etwas wie ein moralisches Gewissen, Tschock.«
    »Moral!« Tschocky sah hinüber zu Schuhmann. Der hielt sich raus, aber man sah ihm an, daß auch er mit einem gewissen Unwohlsein kämpfte. »Immer diese Fremdwörter! Solange an zwanzig Plätzen der Welt zugleich Tausende von Menschen für dämliche politische Ideen geopfert werden, solange es Kriege gibt, Milliarden an Waffen verdient werden – auch mein Alter gehört dazu –, die besten Mörder in diesen Kriegen mit Orden belohnt werden und Helden heißen, man den Heerführern Denkmäler setzt und jedes Jahr zum Gedenken vor ihnen aufmarschiert und Blumen streut, solange diese verlogene Gesellschaft Mörder als Staatsmänner anerkennt, sie empfängt und ihnen Entwicklungshilfe gibt, damit sie weitermorden können, so lange ist das Wort Moral eine Hure, die jeder mißbrauchen darf, wenn er dafür bezahlt. Ich habe bezahlt … also mißbrauche ich sie. Was unterscheidet mich da von Staatsmännern und Großindustriellen? Ich habe es meinem alten Herrn deutlich gesagt: ›Solange du in Friedensgesellschaften sitzt, deine Werke aber Stahlplatten für Panzer und Kanonen walzen, bist du für mich ein Hurenbock!‹ Und was hat der alte Herr getan? Er hat gelacht!« Tschocky drehte Lundthaim herum, der sich abgewandt hatte, als wolle er vor Schrecken kotzen. »Etwas anderes ist
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