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Ein Mann für alle Fälle

Ein Mann für alle Fälle

Titel: Ein Mann für alle Fälle
Autoren: Jennifer Crusie
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hatte lernen müssen, dass die Arbeit eines Privatdetektivs in der Hauptsache darin bestand, untreuen Ehegatten auf die Schliche zu kommen. Was eine ausgesprochen deprimierende Angelegenheit war. Am Ende stellte sich immer heraus, dass alle Beteiligten sich ziemlich mies verhielten. Mitch hatte sich schon vorher eine recht nüchterne Vorstellung von der Ehe gemacht, jetzt aber hatte er auch die letzten Illusionen über diese Institution verloren.
    Eine unumstößliche Wahrheit hatte er in diesem Jahr gelernt: Jeder Mensch lügt.
    Sam Spade hätte diese Erkenntnis mit Sicherheit nicht vom Hocker gerissen, und bestimmt hätte er auf derartige Aufträge, wie er, Mitch, sie notgedrungen immer wieder übernommen hatte, dankend verzichtet. Mitch wurde das unangenehme Gefühl nicht mehr los, dass er ebenfalls hätte dankend verzichten sollen.
    Eine Woche hatte er noch durchzustehen, und einen Klienten brauchte er noch, der ihm 2.694 Dollar über den Tisch schob. Dann hätte er die Wette gewonnen, die darauf hinauslief, dass er ein Jahr lang als Detektiv arbeiten sollte und dabei ein Mindesthonorar von 20.000 Dollar erzielen musste.
    Am nächsten Freitag war Stichtag, dann würde er in sein früheres Leben zurückkehren, egal, ob er diese idiotische Wette nun gewonnen oder verloren hatte. Natürlich würde er keinen Klienten mehr auftreiben - vor allem keinen, der so betucht war, dass man ihm für eine Woche ein derart hohes Honorar abknöpfen könnte.
    Das war denn auch der eigentliche Grund dafür, weshalb er vor Enthusiasmus nicht gerade einen Satz machte, als er draußen im Flur den Aufzug rumpeln hörte, und nicht etwa deshalb, weil er befürchtete, die Hitze würde ihn auf der Stelle umbringen, wenn er sich auch nur einen Millimeter von der Stelle rührte. Nein, es war nur einfach so, dass ihm wirkliche Begeisterung schon vor längerer Zeit abhanden gekommen war.
    Wäre ich Sam Spade, dann käme jetzt Brigid O’Shaugnessy zur Tür herein, überlegte er flüchtig, während er ein Auge halb öffnete und entnervt zu dem altersschwachen Ventilator an der Decke emporblickte, dessen Summen in ein leises Quietschen übergegangen war. Aus heiterem Himmel verspürte er plötzlich wider Erwarten ein winziges Fünkchen Optimismus in sich aufkeimen. Vielleicht war ja noch nicht alles verloren. Wer konnte schon wissen, ob es nicht doch Brigid O’Shaugnessy war, die da gerade aus dem Aufzug stieg? Brigid, die einzig und allein in der Absicht hierher gekommen war, ihn zu verführen. Um das zu erreichen, was sie sich in den Kopf gesetzt hatte.
    Und er wollte verdammt sein, wenn er keine Lust hatte, sich verführen zu lassen.
    Gleich würde sich die Tür öffnen, und sie würde hereingeschwebt kommen. Kühl, schön wie eine Göttin und tödlich gefährlich - in einem dieser weißen Kostüme mit breiten Jackenaufschlägen und einem engen, an der Seite bis fast zur Hüfte geschlitzten Rock, der ihre langen, atemberaubenden Beine aufs Vorteilhafteste zur Geltung bringen würde. Auf den roten Locken trüge sie vielleicht einen kleinen Hut, dessen schwarzer Schleier zwar ihre veilchenblauen Augen verdeckte, dafür aber die klassisch geformte Nase, die porzellanweiße Haut und die sinnlichen, vollen dunkelroten Lippen betonte. Und dann würde sein Blick von ihren Lippen abwärts gleiten hin zum herrlichsten Teil ihres Körpers, den ihre Kostümjacke nicht verbergen, sondern vielmehr aufreizend modellieren würde: zu ihren herrlichen üppigen Brüsten.
    Erst nach einiger Zeit und mit größter Anstrengung gelang es Mitch, seine Gedanken von den Brüsten seiner Traumfrau loszureißen.
    Sie würde leise die Tür hinter sich schließen, auf ihn zuschweben und mit weicher, kehliger Stimme sagen: „Ich muss den Malteser Falken finden.“ Dann würde sie ihren Hut abnehmen, ihn mit ihren veilchenblauen Augen ansehen, dass ihm der Atem stockte, und ehe er sich’s versah, würden sie sich in einer leidenschaftlichen Umarmung auf dem Fußboden wiederfinden und heißen, animalischen, schweißtreibenden Sex miteinander haben …
    Seine Gedanken verweilten genüsslich bei dieser Vorstellung.
    Und irgendwann würde er herausfinden, dass sie von Anfang an ein teuflisches Spiel mit gezinkten Karten gespielt hatte. „Ich werde nicht den Trottel für dich spielen, Baby“, würde er sagen und sie wegen des Mordes an seinem Partner der Polizei übergeben. Okay, er hatte zwar keinen Partner, es sei denn, man zählte Newton mit, aber das wäre lächerlich
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