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Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme

Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme

Titel: Ein Lottogewinn und 8 Millionen andere Probleme
Autoren: Keren David
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zog sich alles zusammen. Hörte denn keiner, wie schief und piepsig sie klang?
    Offenbar nicht, denn alle klatschten.
    »Ich geh ins Bett«, sagte ich. »Gute Nacht zusammen.«
    »Warte, ich komm mit«, sagte Nat.
    Ich freute mich schon auf mein eigenes Schlafzimmer in meiner neuen Wohnung. Natasha und ich teilten uns ein Zimmer, seit ich drei und sie ein Jahr alt war. Schon damals war ich nicht erfreut über den Eindringling gewesen und daran hatte sich in den folgenden dreizehn Jahren nichts geändert.
    Das Problem mit Natasha war, dass sie total lieb war. Man kam sich wie das letzte Arschloch vor, wenn einen die ganz normale geschwisterliche Eifersucht packte.
    Jetzt lag sie umringt von ihren Kuscheltieren auf dem Bett und schrieb Tagebuch. »Für eine Vierzehnjährige ist Natasha noch sehr kindlich«, sagte Mum immer. Sie fand das niedlich. Mir dagegen war klar, dass Nat ihr kindliches Getue schnellstens aufgeben musste, wenn sie in der Schule jemals Freunde finden wollte.
    »Ich bin ja so aufgeregt, Lia! Ich kann bestimmt nie mehr schlafen!«
    »Ich habe gewonnen, nicht du. Wenn hier jemand Grund hat, aufgeregt zu sein, dann ich.«
    Shaz hätte jetzt bestimmt mit mir geschimpft, weil ich so unfreundlich war. Nat schaute mich nur mit großen, verdutzten Augen an, sodass ich mir vorkam, als hätte ich einem verwaisten Robbenbaby einen Keulenschlag verpasst. Zum Ausgleich sagte ich: »Ich muss dir was erzählen.«
    Wenn wir unter uns waren, kam ich eigentlich ganz gut mit meiner Schwester aus. Nervig wurde es erst, wenn wir in heikle Verhandlungen mit unseren Feinden (unseren Eltern) verwickelt waren, wenn sie mich vor meinen Freunden bloßstellte oder wenn sie bei Familienfeiern unbedingt singen musste. Das war ja wohl verständlich, oder?
    Ich schilderte ihr, wie Raf den Arm um mich gelegt und mir das Haar aus dem Gesicht gestrichen hatte.
    »Er hat sich so über mich gebeugt.« Ich machte es vor. »Ich glaube wirklich, dass er mich mag.«
    »Ooh, Lia – ist das toll! Raf ist ja so cool. Jetzt hast du auch noch Glück in der Liebe! Wie im Märchen.«
    Ich konnte keinen Neid heraushören. Vielleicht dachte sie ja an die silbernen Riemchenschuhe und an die Gesangsstunden oder sie konnte sich besser verstellen, als ich ahnte.
    Seit ich denken konnte, waren Natasha und ich Konkurrentinnen. Immer wollte die eine besser sein als die andere. Ständig lauerte ich darauf, ob meine Schwester womöglich bevorzugt wurde.
    Aber jetzt hatte ich sie übertrumpft. Ich hatte gewonnen. Im wahrsten Sinne des Wortes. Ich hatte ihr acht Millionen Pfund voraus.
    Warum fühlte ich mich dann so unwohl? Warum wäre es mir lieber gewesen, sie hätte auch gewonnen?

5
    Geh nie ohne Geld aus dem Haus.
    Am nächsten Morgen wartete ich bis zehn, dann ging ich zu Jack. Er lag natürlich noch im Bett.
    »Komm später wieder«, sagte seine Mutter und wollte mir die Tür vor der Nase zuschlagen.
    Ich drängelte mich an ihr vorbei. »Er wird es verstehen, Donna. Ich gehe hoch und wecke ihn.«
    Ich spürte ihren missbilligenden Blick im Rücken, als ich die Treppe hochflitzte. Donna konnte mich nicht leiden. Sie war der Meinung, ich hätte einen schlechten Einfluss auf ihren kostbaren Sohn. Wenn Jack und ich Ärger bekamen, war es immer meine Schuld – dabei hatte Jack damals in der Sechsten die Idee gehabt, den Feueralarm auszulösen, und er war es auch gewesen, der Zottel, unser Schulmeerschweinchen, in Miss Fays Schublade gesetzt hatte.
    Ich geb’s zu, ich hatte ihm vorher von Miss Fays Nagetierphobie erzählt.
    Bis ich vierzehn war, war ich Donna suspekt, weil ich nur Jeans trug und mich angeblich »wie ein Junge« benahm. Als ich dann anfing, mein Wuschelhaar mit Pflegespülung in Locken zu verwandeln, und Wimperntusche und Lipgloss benutzte, war ihr das auch wieder nicht recht. Jetzt war ich auf einmal »nuttig«. Und damit natürlich kein Umgang für ihren kleinen Liebling.
    Na und? Ich stürmte in Jacks Zimmer, in dem der Musterknabe zusammengerollt und selig schlummernd im Bett lag. Seine nackten Waden ragten unter der Bettdecke mit dem Tottenham Hotspur -Bezug hervor. Ich ließ mich mit meinem ganzen Gewicht auf seine Beine fallen.
    »Ey!«, beschwerte er sich schlaftrunken und öffnete blinzelnd die Augen. Ein verdächtiger Gestank lag in der Luft. Eine Mischung aus altem Deo und frischem Furz. In Rafs Zimmer stank es bestimmt nie. Dort duftete es höchstens diskret nach teurem Rasierwasser. Ob ich wohl jemals Gelegenheit bekommen
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