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Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Titel: Ein Lord zu Tulivar (German Edition)
Autoren: Dirk van den Boom
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Hälfte seiner Dorfbewohner sich um ihn geschart hatte und freudige Erwartung sich breitmachte. Ich deutete die Zeichen richtig. Man erwartete einen Konflikt und dieser würde sich zu einer Attraktion entwickeln. Offenbar war der Besucher allgemein bekannt, wenngleich er nicht allzu oft die Brücke zu überschreiten schien.
    Ich nahm Selur am Arm und zog mich ebenfalls einen Schritt zurück. Es gab keinen Grund, die Vorführung zu stören. Ich wollte mich keinesfalls aufdrängen.
    Gerik sah den Neuankömmling durchdringend an. Dann sagte er: »Lorn, du weißt, ich bin hier der Dorfschulze. Bring mir gefälligst Respekt entgegen.«
    »Scheiß drauf. Was macht ihr hier?«
    »Wonach sieht es aus?«
    »Ihr baut eine verdammte Scheißbrücke.«
    Zumindest mir kam es so vor, als würde sich der beständige Gebrauch der immer gleichen Schimpfwörter etwas abnutzen. Aus den Gesichtern der Umstehenden schloss ich jedoch, dass das Gespräch für diese an Unterhaltungswert keineswegs eingebüßt hatte.
    »Wir bauen eine richtige Brücke.«
    »Wozu soll das gut sein?«
    »Damit man leichter über den Fluss gehen kann.«
    »Wozu soll das gut sein?«
    Selur gab mir den Weinschlauch. Ich nahm einen tiefen Schluck. Das Gespräch schien sich um etwas zu drehen, was gar nicht ausgesprochen wurde. Ich fühlte, dass der Zeitpunkt einzugreifen gekommen war. Ich reckte die Hand nach hinten. Selur drückte einen leeren Holzbecher hinein. Er wusste genau, was zu tun war.
    Ich machte einen Schritt nach vorne, reichte Lorn den Holzbecher, den dieser etwas überrascht ergriff, und goss sogleich Wein hinein. Das Gluckern der Flüssigkeit fixierte Lorns Aufmerksamkeit lange genug, dass ich das Wort ergreifen konnte.
    »Lorn, ich freue mich über Euer Interesse an meinem Bauwerk.«
    Der Alte sah mich böse an. »Ihr seid verantwortlich für diese verd…«
    »Jaja. Das bin ich. Trinkt doch nur. Es wäre schade um den guten Tropfen.«
    In der Tat war der Landwein, der hier verköstigt wurde, gar nicht übel. Etwas säuerlich, aber erfrischend.
    Lorn entschied sich, eine Aufforderung zum Trinken nicht zu ignorieren.
    »Ihr kommt aus Floßheim, mein guter Freund?«, fragte ich freundlich.
    »Ich bin der Dorfschulze!«, warf sich Lorn in die Brust und hielt mir den geleerten Becher entgegen. Ich ließ mich nicht bitten.
    »Das freut mich sehr. So seid Ihr der erste Offizielle der Baronie von Tulivar, dem ich begegne.«
    »Ich bin der Dorfschulze«, erklärte Lorn berichtigend. Das Wort »Offizieller« hatte für ihn offenbar keine Bedeutung. Er trank.
    »Nun, ich werde Euch beizeiten gerne in Eurem Amt bestätigen«, erklärte ich gemessen.
    »Was für ein Scheiß …«
    »Lorn«, mischte sich nun Gerik ein. Ihm war anzusehen, dass er es nicht schätzte, vom Ausschank ausgeschlossen zu sein. Ehe ich etwas sagen konnte, hatte ihm Selur einen zweiten Becher gereicht.
    Ich goss ein.
    Die Männer tranken. Wer wusste schon, wann es wieder etwas gab.
    »Lorn«, wiederholte Gerik. »Das ist der Baron von Tulivar.«
    Lorn verschluckte sich, hustete, spritzte Speichel und Wein auf mich.
    Ich bemühte mich um Fassung.
    Der Alte sah mich an. »Das kann jeder behaupten.«
    »Ich habe eine Ernennungsurkunde.«
    »Ich kann nicht lesen.«
    »Ah. Aber was ist damit?!«
    Ich holte die Urkunde hervor, entrollte sie und wies auf das große, kaiserliche Siegel. Es war, wie alle kaiserlichen Siegel, vom Hofmagier besprochen worden und wirkte auf jeden, der für Magie empfänglich war, ausgesprochen überzeugend. Eine effiziente Methode, um Missverständnisse zu vermeiden und Gespräche abzukürzen. Ich hatte darauf bestanden, bevor ich aus der Hauptstadt aufgebrochen war.
    Lorn warf einen Blick darauf und machte ein abschätziges Geräusch. Er schien über meine Autorität nicht sonderlich begeistert zu sein. Beeindruckt war er auch nicht. Wenn das so weiterging, sah ich sehr schweren Zeiten entgegen.
    »Hm, na gut«, murmelte er schließlich. »Das ändert nichts daran, dass diese Brücke eine Schnapsidee ist. So ein Blödsinn!«
    »Sie macht den Handel leichter.«
    »Wir haben nichts zu handeln. Unser Fisch ist genauso gut wie der auf dieser Seite des Flusses.«
    »Es gibt noch andere Handelsgüter außer Fisch.«
    »Wir brauchen nichts.«
    Gerik kicherte. »Lorns Leute hätten auch nichts, womit sie handeln könnten. Bettelarm sind sie alle da drüben in Floßheim.«
    »Musst du gerade sagen, Dorfschulze!«
    Gerik winkte ab. »Wärst du mal besser
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