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Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Ein Lord zu Tulivar (German Edition)

Titel: Ein Lord zu Tulivar (German Edition)
Autoren: Dirk van den Boom
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gehorchen!«
    »Ah.« Ich griff an meinen Gürtel, zog den Beutel hervor, öffnete ihn und ließ den Brückenwärter einen Blick auf die darin enthaltenen Goldmünzen werfen. »Schätzt man in Goviar die klingende Münze oder begnügt man sich mit Fisch?«
    Der Brückenwärter stieß etwas Unverständliches aus. Doch das Funkeln in seinen Augen verriet ihn.
    Ich beschloss, eine erste Investition zu tätigen, fingerte ein Silberstück heraus – für den Mann sicher mehr, als er in einem Monat verdiente – und überreichte es ihm. Misstrauen oder nicht, seine Hand streckte sich schnell nach vorne und die Münze verschwand ebenso schnell unter seinem Hemd.
    »Du kannst mir helfen, mit dem Dorfschulzen zu reden«, schlug ich vor. »Das dürfte für alle Seiten ein gutes Geschäft darstellen.«
    Der Brückenwärter war offenbar geneigt, seine Meinung über uns zu revidieren. Er lächelte plötzlich und zeigte die Ruinen seiner Zähne in all ihrer Pracht.
    »Das trifft sich gut«, meinte er schließlich. »Ich bin der Dorfschulze. Mein Name ist Gerik.«
    Ich hob die Augenbrauen.
    »Und ich werde Euch helfen.«
    Ich erwiderte nichts und sah ihn abwartend an.
    Er streckte die Hand aus.
    Wir waren uns einig.
        
     

3   Die Brücke
     
    Viele ausgestreckte und mit Münzen unterschiedlichen Wertes gefüllte Hände später hatte sich eine bunt gemischte Mannschaft aus Helfern bereitgefunden. Ich war mir nicht sicher, was diese Männer – und einige Frauen – eigentlich antrieb, sich unserer Baumannschaft anzuschließen, denn das Geld allein konnte es nicht sein. Ich wollte mit unseren Mitteln haushalten und zahlte keine übertriebenen Summen. Ein paar Kupferstücke für jene, die uns frischen Fisch besorgten und zubereiteten, damit wir uns stärken konnten. Ein paar weitere Kupferlinge für jene, die uns beim Holzhacken halfen. Silber für die Besitzer oder Verwalter der Waldstücke, in denen wir die Bäume schlugen, die wir für den Brückenbau benötigten. Gold für den Dorfschulzen, damit er sein Wohlwollen über uns erstrahlen ließ.
    Wir hatten bereits einen ganzen Tag gearbeitet und es war später Nachmittag. Die Stützbalken der Brücke waren geschlagen und vorbereitet, mächtige, massive Eichenstämme, die lange halten würden. Es gab zwei Zimmerleute im Dorf, die uns mit Rat und Tat zur Seite standen. Auch sie waren bereits mit ein paar Kupferstücken zufrieden, sie schienen sich darüber zu freuen, an einem für sie ungewöhnlichen und einmaligen Projekt mitarbeiten zu dürfen.
    Ich stand mit Selur und dem Dorfschulzen Gerik vor dem, was wir geschafft hatten. Der Brückenbau würde länger als drei Tage in Anspruch nehmen – wir gedachten, die Nächte in tiefem Schlummer zu verbringen, da ja keine feindlichen Truppen nach uns suchten. Lediglich einige ältere Damen, die, nicht völlig zu Unrecht, die Unschuld ihrer Enkelinnen in Gefahr sahen, beäugten uns mit misstrauischen Blicken.
    Dann kam jemand über die Brücke.
    Gerik sah es zuerst und ihm schien die ansonsten mit seinem Mund verwachsene Schmauchpfeife fast herauszufallen. Dann folgten andere unserer Helfer seinem Blick und großes Erstaunen machte die Runde. Ich wollte schon fast zum Schwert an meinem Gürtel greifen, ehe ich mich eines Besseren besann. Manche Reflexe waren gut und retteten einem das Leben, aber die eine oder andere spontane Reaktion sollte ich künftig überdenken. Ich war hier unter Freunden. Es waren hinterwäldlerische und misstrauische Freunde, aber sie wollten uns nichts Böses und wir ihnen schon gar nicht.
    Über die Brücke marschierte der Zwilling von Gerik.
    Er war klein, verhutzelt , alt, gebeugt, mit wettergegerbter Haut, schlechten Zähnen und einer gigantischen Pfeife im Mundwinkel. Er trug die gleiche, oft geflickte, aber ordentliche Kleidung wie der Dorfschulze und hatte den gleichen gereizten Blick.
    Er glich Gerik wirklich sehr.
    Als er schnaufend über die wackelnde Pontonbrücke gegangen war, stand er, aufgestützt auf einem knorrigen Holzstock, direkt vor dem Schulzen und würdigte mich und meine Männer nicht eines Blickes.
    Er starrte nur Gerik an und der Blick war nicht freundlich. Mit betonter Verachtung holte er seine Pfeife aus dem Mund, spuckte zu Boden und fragte: »Gerik, du verlaustes Stück Dreck, was glaubst du, was du hier anstellst?«
    Der Dorfschulze, der seine erste Überraschung gut überwunden hatte, vermied es, mich Hilfe suchend anzuschauen. Das hing sicher damit zusammen, dass die
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