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Ein Leben voller Liebe

Ein Leben voller Liebe

Titel: Ein Leben voller Liebe
Autoren: Christine Flynn
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führte die Station wie ein Kapitän sein Schiff, und trotz des großmütterlichen Aussehens hielt sie sich peinlichst genau an Zeiten und Vorschriften. Für Wehleidigkeit, Schlampigkeit oder Unzufriedenheit brachte sie nicht das geringste Verständnis auf. Ihre Kinder waren aus dem Haus. Daher stellte die Arbeit ihr Leben dar. Und sie predigte allen, dass diejenigen schneller gesund wurden, die sich zusammenrissen.
    Hinter ihrem Rücken wurde sie von den anderen Schwestern General Sherman genannt, was sie als Kompliment betrachtete.
    Alex drückte hinter sich die schwere Tür zu, während Kay auf sie zustürmte. Die grauen Löckchen waren so eng aufgedreht, dass sie sich nicht bewegten, und die orthopädischen Schuhe quietschten wie eine Horde Mäuse.
    »Bin ich froh, dass Sie hier sind, Dr. Larson!« Sie senkte die Stimme, während sie Alex zum Stationspult begleitete. »Ich muss mit Ihnen über den Oberschenkelbruch reden, der gestern Nacht notfallmäßig eingeliefert wurde. Ach ja, bevor ich es vergesse. Mr. Malones Assistentin sucht Sie, weil sie mit Ihnen auch über ihn sprechen muss. Diese Frau bringt unglaublich viel Geduld auf, aber sogar sie verlor fast die Nerven.«
    »Ich habe schon mit Mary Driscoll gesprochen.« Alex blieb vor dem Pult mit den Computern und den Patientenunterlagen stehen. »Welche Schwierigkeiten macht er denn jetzt wieder?«
    Die kleine stämmige Schwester trat hinter das Pult und reichte ihr eine Akte. »Er stellt Forderungen, tut nicht, was man von ihm verlangt, und weigert sich jetzt auch, die schmerzstillenden Mittel zu nehmen. Er sollte sie schon vor einer Stunde bekommen.«
    Alex blickte von der Akte hoch.
    »Er will nichts als Aspirin«, fuhr Kay fort. »Wir haben ihm erklärt, dass wir ihm nur Medikamente geben können, die ein Arzt verordnet hat. Er verlangt auch eine Wirtschaftszeitung, von der ich noch nie etwas gehört habe, und ein Faxgerät.«

    und ein Faxgerät.«
    »Das ist mir schon bekannt«, bestätigte Alex. »In welchem Zimmer liegt er?«
    »Dreihundertvierundfünfzig.«
    »Wie sind die Vitalfunktionen?«
    »Besser als erwartet. Ich habe sie selbst gemessen. Nur der Blutdruck ist etwas hoch.«
    »Das ist keine Überraschung«, meinte Alex lächelnd.
    »Ich kümmere mich um ihn. Ich muss auch nach Brent Chalmers und Maria Lombardi und nach den Patienten von Dr. Castleman und Dr. McGraw sehen.« Alex holte einen Zettel mit den Namen der Patienten aus der Tasche.
    Castleman und McGraw arbeiteten ebenfalls in der orthopädischen Praxis, in der Alex vor zwei Jahren angefangen hatte. Wer am Wochenende Dienst hatte, kümmerte sich um sämtliche Patienten.
    »Ich suche sofort die Unterlagen heraus«, versicherte Kay.
    »Ich weiß, dass Sie möglichst schnell von hier verschwinden wollen. Ich habe gestern Sie und Dr. Hall in der Cafeteria gehört. Sie haben ihr erzählt, dass Sie sich ein ruhiges Wochenende wünschen, weil der Chalmers-Junge während seiner Therapie bei Ihnen wohnen wird und Sie das Gästezimmer aufräumen müssen. Es geht mich ja nichts an, aber ich finde es wirklich nett, wie Sie sich um diese Kinder kümmern. Brent ist ein reizender Junge.« Damit meinte sie einen schüchternen Sechzehnjährigen, den Alex vor zwei Wochen operiert hatte.
    Der laute Signalton eines Schwesternrufs mischte sich mit dem Klappern eines Essenwagens und der Lautsprecherdurchsage, ein Pfleger solle sich auf 3G melden.
    »Von diesem Mann kann ich das allerdings nicht behaupten«, fügte Kay hinzu, als sie an der Anzeige ablas, dass der Ruf aus Zimmer dreihundertvierundfünfzig kam.
    »Lassen Sie mich einen Moment mit Mr. Harrington allein«, bat Alex und ging selbst zu dem Zimmer. Warum sollte sie die Konfrontation mit Harrington aufschieben?
    Die Vorstellung von einem langen, warmen Schaumbad tauchte unvermutet in ihren Gedanken auf. Alex stöhnte beinahe wohlig auf, holte tief Atem und richtete sich zur vollen Größe von einssechzig auf, bevor sie das Patientenzimmer betrat.
    Der Mann konnte sich eindeutig nicht entspannen. Der an der Decke montierte Fernseher war eingeschaltet, der Ton gedrosselt. Börsenkurse liefen pausenlos über den Bildschirm.
    Der Patient blickte jedoch nicht zum Fernseher. Das Oberteil des Betts stand fast senkrecht, und der Oberkörper wurde von einer Zeitung verdeckt.
    Alex ging an dem leeren Bett neben der Tür vorbei und ließ den Blick über das fixierte Bein und das Wall Street Journal gleiten.
    »Könnten Sie bitte die Jalousien verstellen«,
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