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Ein Land, das Himmel heißt

Ein Land, das Himmel heißt

Titel: Ein Land, das Himmel heißt
Autoren: Stefanie Gercke
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ja auch diese illegale Siedlung … bestimmt hatten sie es auf Jennys Schmuck und Malcolms Waffen abgesehen … sie hat wunderbaren Schmuck … dieses traumhafte Collier aus Diamanten und Rubinen ihrer englischen Großmutter … und Malcolm ist ein Waffennarr.« Nun sprudelten die Worte aus ihr heraus, als könnte sie mit ihnen einen Wall bauen, der sie vor dem Horror bewahrte.
    Er hatte seine Arme um sie gelegt und hielt sie fest in ihrem schützenden Kreis. »Nein«, murmelte er, »nein. Irgendjemand hat seinen Finger in ihr Blut gesteckt und ›Bulala amaBhunu‹ damit an die Wand geschrieben …«
    »Tötet alle Farmer.« Sie konnte kaum sprechen, hielt sich an ihm fest wie eine Ertrinkende.
    Am selben Tag hatte sie Harry Keating, dem alten Harry, zuständig für die Bewältigung aller Alltagskatastrophen, die die Farm heimsuchten, Bescheid gesagt, und zwei Tage später zerschnitten Gitter die Aussicht aus ihren Schlafzimmerfenstern in saubere Rechtecke. Kategorisch weigerte sie sich, auch die restlichen Fenster vergittern zu lassen. Es gab wieder Streit. »Was soll das hier werden?«, rief sie. »Ein Gefängnis? Ich habe mein ganzes Leben hier verbracht, nie ist mir von irgendjemandem, egal welcher Hautfarbe, auch nur ein Härchen gekrümmt worden.«
    »Denk an Jenny«, erwiderte er hitzig.
    »Jenny! Wer weiß, vielleicht hatten die Mörder eine Rechnung zu begleichen …« Sie schrie es ganz laut, damit es ihre warnende innere Stimme übertönte.
    »Mit Jenny? Das ist doch absurd.« Er zog sie an sich, nahm ihr Gesicht in die Hände. »Wann wirst du endlich begreifen, dass ich Angst um dich habe?« Er küsste sie. »Was soll ich denn ohne dich anfangen mit meinem Leben?« Dann lächelte er dieses Lächeln, seine Lippen wanderten über ihre Haut, als müssten sie unbekanntes Terrain erkunden, ihr wurde heiß, und jeder Widerstand brach in ihr zusammen.
    Sie seufzte bei der Erinnerung, während sie sich vergewisserte, dass der kräftige Riegel der Glastür verschlossen war. Leise trällerte sie den Hochzeitsmarsch und überlegte dabei, ob sie jemanden kannte, der mit dem Reeder in La Lucia befreundet war, dessen Auftrag sich Martin erhoffte. Die Einzige, die ihr einfiel, war Tita Robertson. Gesellschaftlich durch ihren Vater die einsame Spitze der südafrikanischen Geldaristokratie, menschlich ein Schatz. Sie könnte helfen. Tita und Neil, ihr Mann, ein bekannter Journalist, waren enge Freunde der Steinachs, solange sie denken konnte.
    Neil imponierte ihr. Ständig geriet er wegen seiner flammenden Artikel gegen die Apartheidregierung in Schwierigkeiten und er trug eine geheimnisumwitterte Narbe am Oberschenkel, von der gemunkelt wurde, dass sie von einer Polizistenkugel herrührte, die ihn während einer nächtlichen Razzia mitten im Schwarzen-Township Kwa Mashu erwischt hatte. Martin bezeichnete ihn als Liberalen. Das war das südafrikanische Synonym für den doppelschwänzigen Beelzebub aus dem schwärzesten Sumpf der Hölle. Als liberal gebrandmarkt zu werden bedeutete die gesellschaftliche Katastrophe und den geschäftlichen Tod. Aber Neil war der Mann von Tita, geborene Kappenhofer, der einzigen Tochter Julius Kappenhofers, dem reichsten und einflussreichsten Mann Südafrikas, und somit unantastbar. Belustigt beobachtete Jill, wie es Martin stets in große Konflikte stürzte, wenn er sie auf Partys traf. Nur zu gern hätte er die Robertsons geschnitten, das war sonnenklar, aber Tita und Neil standen stets im Mittelpunkt. Küsschen rechts, Küsschen links, wiegehtesIhremVaterbittegrüßenSieihnvonmir, zuprostend erhobenes Glas, Lächeln mit vielen Zähnen, und die schnellen Blicke über die Schulter, ob alle anderen auch sehen, wie vertraut man mit den Robertsons plaudert.
    »Der macht mit Kaffern rum«, hatte Martin gehetzt, als er noch der pickelige Typ beim Schulcricket war, »so einer gehört an die Wand gestellt, und die Kaffern hätten wir damals alle zu Hitler schicken sollen, der wusste, wie man mit so was umgeht …« Martin bezeichnete sich als Deutschen, obwohl seine Familie wie ihre seit Mitte des neunzehnten Jahrhunderts in Natal siedelte.
    »Wovon redet er?«, fragte sie ihren Vater, denn diese Bemerkung hatte sie nicht verstanden.
    Phillip Court zog verächtlich seine Mundwinkel herunter. »Hör nicht hin, er ist nur ein dummer Junge, der plappert nur nach, was er in seinem Elternhaus aufschnappt.«
    Sie fand es merkwürdig, dass ihr das ausgerechnet jetzt einfiel, wunderte sich, denn
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