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Ein König für Deutschland

Ein König für Deutschland

Titel: Ein König für Deutschland
Autoren: Andreas Eschbach
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Anforderungen kein Problem.«
    Der Abgeordnete hob die Brauen. »Das heißt, die dritte ist eines.«
    »Wenn jemand, der etwas vom Programmieren versteht, die Möglichkeit hat, den Quellcode einzusehen, ließe sich eine Funktion zur Veränderung des Auszählungsergebnisses praktisch nicht verbergen«, erklärte Vincent. »Wenn der Code jedoch kompiliert wird, ehe ihn jemand zu sehen bekommt, trifft das genaue Gegenteil zu: In dem Fall wäre es nahezu unmöglich, eine Manipulation zu erkennen.«
    Der Blick, mit dem der Abgeordnete ihn ansah, bewies klar, dass Frank Hill nichts vom Programmieren verstand.
    »Das müssen Sie mir erklären.«
    »Okay.« Vincent räusperte sich. Lange her, dass er das jemandem hatte erklären müssen. »Denken Sie sich den Quellcode eines Programms als die Version, die ein Mensch lesen kann. Ein Programm ist in einer bestimmten Programmiersprache geschrieben, die aus verschiedenen Befehlen besteht. Ein Programm zu kompilieren heißt, es in eine Version umzuwandeln, die eine Maschine lesen kann. Diese Version nennt man Maschinencode oder Binärcode , weil sie nur noch aus einer langen Reihe von Bits besteht, aus lauter Nullen und Einsen, mit denen ein Mensch nichts mehr anfangen kann. Wenn Sie nur das kompilierte Programm vor sich haben, können Sie nicht feststellen, ob es dazu dient, eine Waschmaschine zu steuern oder eine Interkontinentalrakete.«
    Das ließ sich der Politiker durch den Kopf gehen, dann fragte er: »Aber wenn man diese Version, von der Sie sprechen – die eine Maschine lesen kann –, wieder in die andere umwandeln würde? Dann könnte man es, oder?«
    »Nein. Die Kompilation ist ein Prozess, bei dem Informationen verloren gehen.« Wieder dieser glasige Blick. Er musste es einfacher ausdrücken. »Es ist gewissermaßen eine Einbahnstraße, Sir. Es geht nur in der Richtung vom Quellcode zum kompilierten Programm, aber nicht umgekehrt.«
    »Okay …«, meinte Frank Hill und nickte bedächtig. »Und diese Kompilation … Wie geht die vonstatten?«
    »Das bewerkstelligt ein anderes Programm, ein sogenannter Compiler. Der liest den Quellcode und macht Maschinencode daraus.«
    In diesem Stil ging es ein paar Minuten hin und her, dann mischte sich auch Consuela ein und erklärte alles noch einmal von vorn, bis der Abgeordnete den zentralen Punkt begriffen hatte: »Mit anderen Worten, wenn ein Wahlcomputer mit einem fertig kompilierten Programm ausgestattet wäre, könnte das mit den abgegebenen Stimmen machen, was es will?«
    »Genau«, sagte Vincent.
    Frank Hill nickte beifällig, lehnte sich in seinem Sessel zurück, fuhr sich mit der Hand über das Kinn und den Hals, als müsseer beides glatt streichen, und meinte: »Okay. Schreiben Sie mir so etwas.«
    »Einen Prototypen, meinen Sie«, hakte Consuela ein.
    »Genau.«
    »Den Sie sich anschauen können, nicht wahr? Testen. Mit dessen Hilfe Sie den Verantwortlichen demonstrieren können, was möglich ist.«
    »Exakt«, sagte der Abgeordnete.
    Consuela Sanchez setzte ihr kilometerbreites Lächeln auf. »Das werden wir tun.«
    »Bis wann können Sie liefern?«, fragte Frank Hill.
    Dass Vincent daraufhin seinen Terminkalender zückte, schien ihn misstrauisch zu machen. »Ich hätte jetzt erwartet, dass Sie technisch auf dem neuesten Stand sind«, sagte er und holte einen Organizer heraus, einen der neuen Palm Handhelds mit farbigem TFT-Display.
    Vincent musterte die chaotisch bekritzelten Seiten seines Kalenders, der ihn nur drei Dollar gekostet hatte. Tatsächlich kannte er keinen Programmierer, der einen elektronischen Organizer benutzte. Die Dinger nannte man »Manager-Tamagotchis« und betrachtete sie als Spielzeug für Wichtigtuer.
    »Für wirklich wichtige Sachen finde ich Papier eigentlich das Beste«, meinte er und blätterte die kommenden Wochen durch, um sich einen Überblick zu verschaffen. Sie einigten sich darauf, dass Hill der Firma SIT ein Exemplar eines Wahlcomputers zur Verfügung stellte; danach würde Vincent vierzehn Tage Zeit haben, um einen ersten Prototypen zu erstellen.
    Der Abgeordnete kämpfte einige Minuten mit seinem Mini-Computer, bis er endlich alles in die entsprechenden Rubriken eingefüttert hatte. »Ist noch ganz neu«, meinte er.
    ***
    Ein paar Tage später fand Vincent morgens ein Exemplar eines Wahlcomputers mit Touch-Screen auf seinem Schreibtisch vor, und er begann mit der Arbeit.
    Die vom Hersteller mitgelieferte Software lag natürlich ebenfalls nur als Binärcode vor. Was Vincent dem
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