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Ein kleiner Ritter um halb vier

Ein kleiner Ritter um halb vier

Titel: Ein kleiner Ritter um halb vier
Autoren: dtv
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ist übel! Ich spreche mit deinem Vater!«
    Theo erstarrte. Machtlos sah er der Merschmeier hinterher, die sich schnaubend mit dem Besen den Weg bahnte und sich an ihnen vorbeidrängte.
    Mara nahm Theo an der Hand, aber er merkte es kaum.
    »Herr Herzig?«
    Die Merschmeier machte sich keine Mühe zu klingeln. Sie brüllte einfach los.
    »Herr Herzig! Sind Sie taub?«
    Papa öffnete verblüfft die Wohnungstür. In seinen Haaren klebte etwas Teig. »Frau Merschmeier?«
    »Herr Herzig! Das Kind … hat Besuch! Und spielt!« Empört stemmte die Merschmeier ihre Hände in die Hüften.
    Papa warf Mara und Theo einen Blick zu. »Mein Kind spielt?«
    Die Merschmeier nickte und richtete den Besenstiel drohend auf Papa. »Es spielt mir Streiche! Meine Lampe ist kaputt! Man nennt mich Hexe!«
    Papa sah fragend von einem zum anderen und dann auf den Besenstiel.
    »Hexe«, sagte er schließlich nachdenklich.
    Frau Merschmeier war seinem Blick gefolgt und stellte schnell den Besen an die Wand. »Jawohl, Hexe!«
    Papa wischte sich noch mehr Teig in die Haare und seine Mundwinkel zuckten.
    »Gut, dass ich Sie sehe, Frau Merschmeier«, sagte er dann, als wäre nichts, »morgen machen wir hier im Haus eine Schatzsuche. Nur dass Sie Bescheid wissen …«
    Jetzt blieb der Merschmeier die Spucke weg. Wutschnaubend schaute sie von einem zum andern, aber alle wichen ihrem Blick aus, sogar Papa.
    »Sie, Sie …« Die Merschmeier rang nach Worten. Schließlich wandte sie sich um, nahm den Besen und stolzierte in ihre Wohnung zurück.
    Mit einem lauten Knall fiel die Tür ins Schloss.

»Vielleicht ist sie wirklich eine Hexe«, sagte Papa mit vollem Mund. Sie saßen beim Abendbrot, es war Viertel nach sieben. Die ganze Wohnung roch nach verbranntem Kuchen, aber Papa hatte noch einen zweiten Versuch gemacht.
    »Man darf sie trotzdem nicht so nennen, kapiert?«, fuhr Papa fort und schaute streng drein.
    Theo schwieg. Er hatte sie schließlich nicht Hexe genannt! Er hatte überhaupt nicht dort hinaufgewollt! Und überhaupt hatte er die Nase voll vonKasimirs Schatzsuche. Alles endete im Chaos. Und seit Mara nach Hause gegangen war, fühlte er sich ziemlich allein.
    »Warum spielt ihr überhaupt dort oben?«, fragte Papa weiter. »Das ist doch logisch, dass es dann Ärger gibt!«
    »Wir … haben Gedichte gesammelt«, sagte Theo leise.
    »Bei der Hexe?«, fragte Papa erstaunt.
    »Man darf sie nicht so nennen«, warf Milli ein.
    »Nein, bei Olaf«, erwiderte Theo. »Gedichte für dich. Denn du kannst ja nicht dichten.«
    »Stimmt«, sagte Papa. »Aber ich habe einen Kalender, da stehen tolle Sprüche drin. Ich brauche eigentlich gar keine Gedichte.«
    Theo holte tief Luft. »Doch! Liebesgedichte!«
    »Liebesgedichte?« Papa sah ihn verständnislos an.
    »Für Mama! Du … musst ihr Liebesgedichte dichten. Und sie ihr vorsingen!«
    »Theo … Mama ist … sie ist … nur in Italien …« Papa seufzte.
    »Da gibt’s Pizza«, sagte Milli. »Sie hat wenigstens Pizza.«
    »Hast du ihr denn schon mal was vorgesungen? Nachts vor dem Fenster?« Theo ließ nicht locker.
    »Vor dem Fenster?«
    »Naja, dein Haar so weich wie Schilf am Teich oder so was!«
    »Ihr Haar ist nicht weich«, sagte Papa unruhig.
    Theo zückte Maras Zettel. » O schwöre nicht beim Mond, dem wandelbaren, der immerfort die Scheibe wechselt, damit nicht wandelbar dein Lieben sei! «
    Papa starrte ihn an. »Das reimt sich aber nicht. Soll das ein Gedicht sein?«
    »Es ist von Shakespeare und der ist ein großer Dichter!«, verteidigte sich Theo.
    »Und schon lange tot«, meinte Papa.
    » AchmachmichmuntermirBeineduKleineduReinehörmeineReime! « , zitierte Theo weiter.
    »Auch von Shakespeare?«, fragte Papa angestrengt kauend.
    »Von Olaf. Es ist, äh, eher experimentell !« Theo sah ihn bittend an. »Das musst du Mama vortragen! Nein, vorsingen! Heute noch! Dann … kommt sie … vielleicht morgen schon zurück.«
    »Theo, bitte, das ist doch alles Blödsinn! Mamawird … sich schon wieder beruhigen! Und ich … ich mach mich doch lächerlich, wenn ich ihr jetzt nachtelefoniere! Und achmachmichmunter sage!«
    » Wenn ich ein Vöglein wär … ? « , schlug Theo noch schnell vor.
    »Auch kein Vöglein! Was soll sie denn denken?«, rief Papa.
    Theo ließ enttäuscht das Blatt mit den Gedichten sinken. »Aber –«
    »Kein Aber!« Papa legte das Messer zur Seite. »So und nun ab ins Kinderzimmer und Schlafanzug anziehen. Ich hab noch viel Geheimes zu erledigen!«
    »Ich helfe dir!«,
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