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Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Ein Kerl macht noch keinen Sommer

Titel: Ein Kerl macht noch keinen Sommer
Autoren: Milly Johnson
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Christie gesagt, er sei sicher, inzwischen die ideale Mischung in seiner Abteilung zu haben. Er hatte es nicht darauf angelegt, keine Männer in die Abteilung zu holen, es hatte sich einfach so ergeben. Aber trotzdem, dachte Christie, hätte er keine buntere Auswahl von Frauen finden können, selbst wenn er es versucht hätte. Die älteste, Grace, war fünfundfünfzig, und ihr Name passte sehr gut zu ihr. Sie hatte entzückendes weißblondes Haar, das in einem sanften, silbrigen Bogen ihre Kieferpartie umrahmte. Sie war offenbar sehr interessiert an ihrer neuen Position gewesen, hatte dafür sogar das Angebot einer Frühpensionierung ausgeschlagen. Sie sah zu vornehm aus, um in einem Büro zu arbeiten, mit ihrer stillen, klassischen Art, fand Christie . Christie konnte sich Grace besser als Geschäftsführerin eines altmodischen, exklusiven Bekleidungsgeschäfts vorstellen als hinter einem Schreibtisch. Dann war da Anna, neununddreißig, still und ohne ein Lächeln, die sich hinter ihren beiden Vorhängen aus kastanienbraunem Haar versteckte, in denen hier und da eine silberne Strähne hervorschaute. Sie spielte ständig mit einem kleinen, diamantbesetzten Ring an ihrem Ringfinger, und in ihren Augen lag ein matter Ausdruck, als hätte sie schon seit einer ganzen Weile nicht mehr sehr gut geschlafen. Dann war da Dawn, dreiunddreißig, eine junge Frau mit einem sommersprossigen Gesicht, die nach außen hin lächelte, aber mit zu vielen Sorgen hinter diesen großen, toffeefarbenen Augen. Und zu guter Letzt war da das »Baby« Raychel, achtundzwanzig – ein schönes Mädchen mit sanften grauen Augen und schwarzen Zigeunerlocken, die, so Christies Verdacht, ihr Licht völlig unter den Scheffel stellte. Sie bezweifelte, dass sie sich in den Frauen täuschte, das tat sie selten. Sie schüttelte den Kopf, entnervt von sich selbst. Sie hatte die Psychologen-Gene ihres Vaters geerbt und musste immer alle Leute analysieren. Es konnte eine ärgerliche Angewohnheit sein.
    »James hat große Pläne mit der Backwaren-Abteilung, wusstet ihr das schon?« Christie lächelte, vor allem in Grace’ Richtung, die ihre Stellvertreterin sein würde. »Er will sein Flaggschiff, das Vorschlagswesen, hier bei uns vom Stapel lassen. Wir werden dafür zuständig sein, sämtliche Ideen zum Thema Backwaren, die von anderen Kollegen kommen, zu verwalten. Und wenn das gut läuft, will er das Programm auf andere Abteilungen ausweiten.«
    »Das sind ja gute Neuigkeiten«, sagte Grace. Damit war ihr Job noch ein bisschen länger gesichert. Niemand hatte sich mehr gewundert als sie selbst, als ihr der Posten der stellvertretenden Abteilungsleiterin angeboten worden war. Sie wusste, dass James McAskill gern von Chancengleichheit zwischen männlichen und weiblichen, älteren und jüngeren Mitarbeitern redete, aber aus erster Hand zu erfahren, dass er tatsächlich praktizierte, was er predigte, war dennoch sehr wohltuend gewesen.
    »Wie war der letzte Boss denn so?«, erkundigte sich Christie mit einem leichten Augenzwinkern.
    »Brian? Sehr netter Mann«, erwiderte Grace.
    »Brian, der war schon in Ordnung«, fügte Dawn hinzu. »Aber ich glaube, gegen Ende hatte er allmählich die Schnauze voll. Da hat er die Leitung dann schon hauptsächlich Malcolm überlassen.« Sie schauderte unwillkürlich, als sie seinen Namen aussprach, was Christie nicht entging.
    »Malcolm Spatchcock, richtig?«, fragte Christie. James hatte sie vor ihm gewarnt. James war für Klatsch und Tratsch eigentlich nicht zu haben, er hasste es sogar, aber er hatte sich gedacht, er sollte sie fairerweise warnen, dass Malcolm nicht allzu glücklich über seine Zwangsversetzung zum Käse war, auch wenn es eine Beförderung gewesen war. Christie hatte aus diesem Gespräch herausgehört, dass Malcolm Spatchcock nicht unbedingt zu James’ Lieblingen zählte, auch wenn er das niemals zugegeben hätte, nicht einmal vor ihr. Aber Christie Somers machte sich gern selbst ein Bild von anderen Leuten. Die Dynamik zwischen bestimmten Personen war so unterschiedlich wie die Beziehungen, die sich daraus ergaben. Vielleicht würde sie ja sogar feststellen, dass sie und Malcolm sich auf Anhieb glänzend verstanden.
    »Er wird Production Operator beim Käse«, bemerkte Dawn trocken, bevor sie fast lautlos hinzufügte: »Passenderweise.« Sie fand schon immer, dass Malcolm ein leicht ranziger Geruch von Cheddar anhaftete – vermutlich bildete sie es sich nur ein. Aber vielleicht lag es ja auch an
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