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Ein Iglu für zwei (German Edition)

Ein Iglu für zwei (German Edition)

Titel: Ein Iglu für zwei (German Edition)
Autoren: Sabine Richling
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mehr Glück. Unser Vater hatte bei seiner Zeugung alles gegeben und ein fast vollständiges Abbild seiner selbst produziert.
    So viel zu meinem Problem. Warum das ein Problem war?
    Kinder können ja so grausam sein. Namid nahm seine Rolle als älterer Bruder sehr ernst und verprügelte regelmäßig unsere Mitschüler, um mich vor ihren Hänseleien zu schützen. Mein europäisches Aussehen passte gar nicht in diese Gegend. Ich passte irgendwie nicht dahin. Jedenfalls fühlte es sich so an.
    Zum Glück musste ich nicht ewig zur Schule gehen. Nicht in diese.
    Als mein Bruder und ich alt genug waren, zeigte unser Vater uns überlebenswichtige Tricks, spannte unsere Hunde vor den Schlitten und durchzog mit uns ein paar Tage die arktische Eiswüste. Wir lernten, wie man Schneehütten baut und Robben jagt.
    Die Ausflüge in den ewigen Schnee und die eisige Welt der Gletscher mit meinem Vater bleiben in meiner Erinnerung unauslöschlich. Die Einsamkeit, der Wind, die Sonne; heute noch verspüre ich die Verbundenheit mit der ungezähmten Natur des Nordens.
    Ich lernte früh, mich in der rauen Landschaft allein zurechtzufinden. Gleichzeitig hatten – aufgrund fehlender Möglichkeiten – meine charakterlichen Schwächen alle Zeit der Welt, sich zu multiplizieren. Die Einsamkeit schenkte mir Isolation und gehörte zu mir wie ein Körperteil. Die einzige Freundin, die ich mir erarbeitet hatte, schnappte sich meinen einzigen Freund nach sieben gemeinsamen Jahren. Sie sind heute verheiratet.
    Kurz nach der Schmach, meinen ersten und bis heute einzigen Freund eingebüßt zu haben, noch dazu an meine beste Freundin, verließ ich meine Heimat. Ich wollte studieren, wollte in die große Welt. Also ging ich nach New York.
    Während des Studiums lernte ich meine heute beste Freundin Lucy kennen. Obwohl ich eine Art „Beste-Freundin-Trauma“ entwickelt hatte, wagte ich das „Freundin-Risiko“ erneut. Bis heute ist alles bestens gelaufen mit Lucy. Aber ich hatte ja auch noch keinen neuen Freund. Die letzten fünf Jahre war ich ohne nennenswerte männliche Begleitung.
    Aber da ist ja auch noch Lucy. Wir wohnen zusammen. Besser gesagt, wir teilen uns eine Wohnung. Sie ist ständig unterwegs. Auf irgendwelchen Tagungen oder Ausgrabungen.
    Warum zwingt sie mich nur zu diesem Treffen mit einem Rockstar oder Star gleich welcher Art, der mir absolut unbekannt ist? Mein Musikgeschmack hinkt dem Zeitgeist hinterher. Habe ich überhaupt einen? Wenn ich ehrlich bin, weiß ich eigentlich kaum, was gerade so „in“ ist auf dem Musikmarkt. Ich höre gar nichts an Musik. Was ist Musik? Falls Lucy mal zu Hause ist, höre ich ihr Gedudel unfreiwillig mit. Mag sein, dass dieser Sänger da schon mal mit von der Partie war. Wie hieß er doch gleich? Danny Greyeyes. Ich soll mich mit Danny Greyeyes treffen. Browneyes wären mir lieber.
     
     „Malina, du musst mir unbedingt alles ganz genau erzählen, hörst du? Nimm am besten eine Kamera mit und mach dir Notizen, damit du nichts vergisst!“
    „Ich soll ihn fotografieren? Das ist mir zu doof.“
    „Aber natürlich wirst du Fotos machen. Jeder Fan würde das machen.“
    Bin ich etwa ein Fan?
    „Außerdem solltest du unbedingt mal ein paar Lieder von ihm hören, damit du weißt, um wen es geht.“
    Lucy läuft zu ihrem CD-Ständer und zieht drei Scheiben aus dem Regal. Sie kommt auf mich zu und drückt sie mir in den Bauch.
    „Hier, hören und die Titel auswendig lernen, klar?!“
    Klar.
    „Muss ich da denn wirklich hin? Ich meine, kennst du keine andere, die sich darüber freuen würde? Warum gerade ich?“
    Lucy lacht herzerfrischend und wuselt mir durchs Haar.
    „Sicher doch. Aber du bist genau die Richtige dafür.“
    Ich? Wieso?
    „Außerdem treibst du dich viel zu viel mit irgendwelchen Buschmännern herum, statt das wahre Leben kennenzulernen.“
    Das wahre Leben findet also auf der Bühne eines Rockstars statt?
     

Freiwilliger Zwang
     
    Lucy ist in Hamburg. Sie bearbeitete mich noch einen Tag und eine halbe Nacht, bevor sie die Wohnung mit ihrem Koffer verließ. Das wäre im Grunde nicht nötig gewesen. Ich hätte nicht gewagt, mich ihrem Willen zu widersetzen. Wenn Lucy beschließt, dass ich Mr. Greyeyes treffen soll, dann mache ich das. Ob ich das will oder nicht.
    Ich sitze auf dem Sofa und höre Dannys Musik. Sie gefällt mir. Etwas rockig und doch sanft. Mein Zeigefinger rührt in meinem Haar herum und sucht nach einer geeigneten Strähne, die er umwickeln kann. Der Finger ist
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