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Ein Hut voller Sterne

Ein Hut voller Sterne

Titel: Ein Hut voller Sterne
Autoren: Terry Pratchett
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wie eine schlecht sitzende Perücke verrutscht, und der Schornstein war korkenzieherartig verdreht. Wenn man ein Pfefferkuchenhäuschen für zu kalorienreich hielt, so kam dies an nächster Stelle.
    In einer Hütte tief im Wald wohnte die böse alte Hexe.
    Es war eine Hütte aus einem Märchen der scheußlicheren Art.
    Oma Wetterwachs' Bienenstöcke standen auf der einen Seite der Hütte. Einige bestanden aus Stroh, aber die meisten waren aus Holz zusammengebastelt. Selbst so spät im Jahr herrschte in ihnen donnernde Aktivität.
    Tiffany drehte sich, um sie zu betrachten, und die Bienen kamen als dunkler Strom aus ihren Stöcken. Sie flogen Tiffany entgegen, formten eine Säule und.
    Tiffany lachte. Eine menschliche Gestalt entstand vor ihr, die einer Hexe, aus tausenden von Bienen, und jede einzelne von ihnen verharrte an einer bestimmten Stelle in der Luft. Tiffany hob die rechte Hand. Es summte lauter, als auch die Bienenhexe die rechte Hand hob. Sie drehte sich. Die Bienenhexe drehte sich ebenfalls, und dabei versuchten die Bienen, jede Bewegung ihres Kleids nachzuahmen. Die am Rand
    summten verzweifelt, denn sie mussten am weitesten fliegen.
    Tiffany setzte den Sack vorsichtig ab und streckte der Gestalt die Hand entgegen. Zahllose kleine Flügel donnerten, und für einige Sekunden verlor die Bienenhexe ihre Gestalt. Dann formte sie sich neu, etwas weiter entfernt, aber ebenfalls mit ausgestreckter Hand. Die Biene an der Spitze des Zeigefingers schwebte dicht vor Tiffanys Fingernagel.
    »Sollen wir tanzen?«, fragte das Mädchen.
    Auf der Lichtung voller sich drehender Samen tanzte Tiffany um den Schwarm herum. Er hielt sich gut, bewegte sich Fingerspitze an summender Fingerspitze, drehte sich mit Tiffany, obgleich immer einige Bienen Mühe hatten, zu den anderen aufzuschließen.
    Dann hob die Bienenhexe beide Arme und tanzte in die andere Richtung, wobei sich die Bienen des »Kleids« ausbreiteten, als sie sich drehte. Der Schwarm lernte.
    Tiffany lachte erneut und drehte sich ebenfalls. Schwarm und Mädchen tanzten über die Lichtung.
    Sie fühlte sich glücklich und überlegte, ob sie jemals zuvor so glücklich gewesen war. Das goldene Licht, die fallenden Blätter, die tanzenden Bienen. alles gehörte zusammen. Dies war das Gegenteil der dunklen Wüste. Hier gab es überall Licht, das Tiffany in ihrem Innern ausfüllte. Sie fühlte sich nicht nur an diesem Ort, sondern sah sich selbst von oben, wie sie sich mit einem summenden Schatten drehte, der golden glänzte, wenn das Licht die Bienen traf. Momente wie dieser glichen alles aus.
    Dann beugte sich die Hexe aus Bienen zu Tiffany vor, als wollte sie das Mädchen aus tausenden von kleinen Facettenaugen ansehen. Ein leises Pfeifen kam aus dem Innern der Gestalt, und dann verwandelte sich die Bienenhexe in eine sich schnell ausdehnende Wolke aus Insekten, die über die Lichtung flogen und verschwanden. Die einzige Bewegung waren jetzt nur noch die fallenden Ahornsamen.
    Tiffany atmete aus.
    »Manche Leute hätten das für schaurig gehalten«, ertönte eine Stimme hinter ihr.
    Tiffany drehte sich nicht sofort um. Zuerst sagte sie: »Guten Tag, Oma Wetterwachs.« Danach drehte sie sich um.
    »Hast du das jemals getan?«, fragte sie, noch immer halb trunken vor Entzücken.
    »Es ist unhöflich, mit Fragen zu beginnen«, sagte Oma Wetterwachs. »Komm besser zu einer Tasse Tee herein.«
    Es sah kaum danach aus, als wohnte jemand in der Hütte. Zwei Stühle standen am Feuer, einer von ihnen ein Schaukelstuhl, und die beiden Stühle am Tisch schaukelten nicht, sondern wackelten, wegen des unebenen Steinbodens. Tiffany bemerkte eine Anrichte und einen zerfransten Vorleger vor dem großen Herd. In einer Ecke lehnte ein Besen an der Wand, neben einem geheimnisvollen spitzen Objekt unter einem Tuch. Eine sehr schmale und dunkle Treppe führte nach oben. Und das war es. Es gab nichts Glänzendes, nichts Neues und nichts Unnötiges.
    »Welchen Umständen verdanke ich die Freude deines Besuchs?«, fragte Oma Wetterwachs, nahm einen rußigen schwarzen Kessel vom Feuer und füllte eine ebenfalls schwarze Teekanne.
    Tiffany öffnete den Sack, den sie mitgebracht hatte. »Ich bin gekommen, um dir deinen Hut zurückzubringen«, sagte sie.
    »Ach«, erwiderte Oma Wetterwachs. »Tatsächlich? Und warum?«
    »Weil es dein Hut ist«, sagte Tiffany und legte ihn auf den Tisch. »Danke, dass du ihn mir geliehen hast.«
    »Bestimmt mangelt es nicht an jungen Hexen, die alles dafür
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