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Ein Hut voller Sterne

Ein Hut voller Sterne

Titel: Ein Hut voller Sterne
Autoren: Terry Pratchett
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anderen Schäfer wussten es ebenfalls. Und wenn man ihm gesagt hätte, dass er sie herausfordern musste, so hätte er geflucht, mit dem Fuß aufgestampft und geantwortet, eher wäre er bereit, die Sonne dunkel zu spucken. Wie hätte er jemals gewinnen können? Die Alte war das Schafehüten. Daraus bestand ihr Leben. Was man ihr nahm, das nahm man sich selbst. Das verstehst du nicht, oder? Aber es ist das Herz und die Seele und das Zentrum davon! Die Seele. und. das. Zentrum!«
    Die Worte wären vergeudet gewesen, deshalb sagte Tiffany: »Ach, sei still, Annagramma. Sehen wir nach, ob noch Brötchen übrig sind.«
    Ein Bussard schrie am Himmel. Sie sah auf.
    Der Vogel drehte sich im Wind und begann mit einem langen Gleitflug, der ihn nach Hause bringen würde.
    Sie waren immer da.
    Neben dem Kessel öffnete Jeannie die Augen.
    »Er kehrt heim!«, sagte sie, kam auf die Beine und winkte den Größten zu, die sie beobachteten. »Steht nicht einfach da und glotzt!«, befahl sie. »Fangt Kaninchen für den Schmaus! Entzündet ein Feuer! Kocht Wasser, denn ich nehme ein Bad! Seht euch nur um, hier sieht's aus wie in einem Kehrichthaufen! Für den Großen Mann soll alles blitzblank sein! Geht und stehlt etwas vom speziellen SchafEinreibemittel! Schneidet grüne Zweige von Stechpalmen oder vielleicht auch von Eiben! Putzt die goldenen Teller! Hier muss alles funkeln! Worauf wartet ihr noch?«
    »Äh, was sollen wir zuerst erledigen, Kelda?«, fragte ein Größter nervös.
    »Alles!«
    In ihrer Kammer füllten sie das Suppenschüsselbad der Kelda, und sie schrubbte sich mit einer alten Zahnbürste von Tiffany, während draußen die Geräusche von Größten erklangen, die einander entgegenarbeiteten. Der Geruch von bratendem Kaninchenfleisch zog durch den Erdhügel.
    Jeannie streifte ihr bestes Kleid über, brachte ihr Haar in Ordnung, nahm den Schal und verließ die Höhle. Sie stand draußen und sah zu den Hügeln, bis sich nach einer halben Stunde ein Punkt am Himmel zeigte, der immer größer wurde.
    Als Kelda würde sie Rob Irgendwer als Krieger willkommen heißen. Als Ehefrau würde sie ihren Ehemann küssen und ihn dafür schelten, dass er so lange fortgeblieben war. Als Frau dachte sie, vor Erleichterung, Dankbarkeit und Freude zu vergehen.

14
    Königin der Bienen
     
    Und eines Nachmittags, etwa eine Woche später, brach Tiffany auf, um Oma Wetterwachs zu besuchen.
    Mit dem Besen waren es nur fünfzehn Meilen, und da Tiffany noch immer nicht gern flog, sprang Frau Grad als Pilotin ein.
    Ihr unsichtbarer Teil steuerte den Besen. Tiffany lag einfach flach auf dem Stiel, hielt sich mit Armen, Beinen, Knien und auch den Ohren fest, wenn das möglich war. Sie nahm eine Papiertüte mit, denn niemand mag es, wenn anonymes Erbrochenes auf einen herabregnet. Außerdem hatte sie einen Sack aus Juteleinen dabei, den sie vorsichtig behandelte.
    Sie öffnete die Augen erst, als das Rauschen aufhörte und die Geräusche um sie herum andeuteten, dass sie sich vermutlich in unmittelbarer Nähe des Bodens befand. Frau Grad war sehr freundlich gewesen. Als Tiffany wegen des Krampfes in den Beinen vom Besen fiel, schwebte er über dichtem Moos.
    »Danke«, sagte Tiffany, als sie aufstand, denn es zahlt sich immer aus, Unsichtbaren gegenüber freundlich zu sein.
    Sie trug ein neues Kleid, so grün wie das alte. Die komplexe Welt aus Gefallen, Verpflichtungen und Geschenken, in der Frau Grad lebte und sich bewegte, hatte vier Meter hübsches Tuch (für die problemlose Geburt von Fräulein Schnellis kleinem Jungen) und einige Stunden Schneidern (Frau Jägers schlimmes Bein fühlte sich viel besser an, danke) hervorgebracht. Das schwarze Kleid hatte Tiffany verschenkt. Wenn ich alt bin, trage ich Mitternacht, dachte sie. Derzeit hatte sie genug von Dunkelheit.
    Sie sah sich auf dieser Lichtung am Hang eines Hügels um. Eichen und Bergahorn säumten sie an drei Seiten, doch die vierte war offen und gewährte einen Blick auf das Land weiter unten. Sich drehende Samen fielen aus den Ahornen und sanken langsam zu Boden. Es gab keinen Gartenzaun, obgleich einige Ziegen in der Nähe grasten. Wenn man sich fragte, warum die Ziegen nicht das fraßen, was im Garten wuchs, so hatte man vergessen, wer hier wohnte. Es gab einen Brunnen, und natürlich auch eine Hütte.
    Frau Ohrwurm hätte von einer solchen Hütte sicher nichts gehalten. Sie kam aus einem Märchenbuch. Die Mauern lehnten aneinander, um sich gegenseitig zu stützen, das Strohdach war
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