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Ein Herzschlag bis zum Tod

Ein Herzschlag bis zum Tod

Titel: Ein Herzschlag bis zum Tod
Autoren: Sara J. Henry
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kann man durchaus weinen.
    Nach einer ganzen Weile stieß ich mit dem Kopf gegen etwas. Als ich mich umdrehte und im Dunkeln tastete, spürte ich das nasse Holz eines Pfahls. Ich roch das Teeröl, mit dem er behandelt worden war. Als ich nach oben schaute, erblickte ich eine große Gestalt über mir. »Hilfe«, wollte ich rufen, brachte aber nur ein Flüstern zustande. Ich versuchte es noch einmal, diesmal kam ein heiseres Krächzen, und ich schlug mit der linken Hand aufs Wasser. Die Gestalt teilte sich in der Mitte. Später erfuhr ich, dass es ein Studentenpaar war, das einen Spaziergang am Wasser um ein Uhr morgens wohl romantisch gefunden hatte. Vermutlich hatte ich ihnen die Lust an Romantik im Mondlicht für immer ausgetrieben, aber sie retteten mir aller Wahrscheinlichkeit nach das Leben.
    Der Junge zog mich mit Unterstützung seiner Freundin aus dem Wasser, doch als sie meinen rechten Arm berührten, schrie ich auf und fiel in Ohnmacht.
    Ich erwachte in einem Krankenhausbett. Im Zimmer war es fast dunkel, und ich brauchte einen Augenblick, bis ich den Vorhang und die Bedienungsknöpfe am Bett erkannte und begriff, wo ich mich befand. Mein gebrochener rechter Arm war dick bandagiert, und ich spürte einen Verband an meiner linken Schulter. Neben dem Bett stand ein Telefon.
    Mühsam zog ich es mit der linken Hand heran, hob den Hörer und wählte die Null. Ich fuhr mir mit der Zunge über die Lippen. » R-Gespräch . Von Troy«, krächzte ich.
    Philippe meldete sich beim ersten Klingeln.
    |316| »Du musst sofort herkommen.«
    »Wo bist du? Ich kann dich kaum hören«, sagte er besorgt.
    »Im Krankenhaus in Burlington.«
    »Was ist passiert? Bist du verletzt?«
    »Komm bitte.« Ich ließ den Hörer fallen.
    Ich bin felsenfest davon überzeugt, dass ich kein zweites Mal in Ohnmacht gefallen bin; ich schlief einfach nur ein. Um diese Zeit, schätzte ich später, dürften Thomas und Vince aus dem Tiefschlaf erwacht sein, für den Madeleine gesorgt hatte, und sich gefragt haben, wo wir beide geblieben waren.
    Ich wachte wieder auf und öffnete die Schublade des Nachttischs. Darin lag mein durchnässtes Portemonnaie auf einer Plastiktüte. Ich musste unbedingt aufhören, mit meinen Papieren in irgendwelche Seen zu springen – ein weiteres Bad würden sie nicht überleben. Ich öffnete es und holte aus einem der vielen Fächer die Karte heraus. Nass, aber noch lesbar. Ich tippte die Nummer meiner Telefonkarte ein und dann die Rufnummer von der Visitenkarte.
    »Alan Jameson, bitte«, flüsterte ich.
    »Er ist nicht da. Soll ich ihm etwas ausrichten?«
    Das Denken fiel mir schwer. »Sagen Sie ihm   … Troy ist im Krankenhaus. Sagen Sie ihm, Madeleine ist tot.«
    »Hallo? Wer spricht dort, bitte? Hallo?«
    »Hier spricht Troy«, sagte ich und hängte ein. Erst nach einer Weile wurde mir klar, dass es später Samstagabend oder früher Sonntagmorgen war, und ich griff noch einmal nach der Karte. Ich wählte seine Privatnummer und konzentrierte mich darauf, jede Taste richtig zu treffen. Es meldete sich ein Anrufbeantworter, auf dem seine knappe Stimme zu hören war.
    »Es ist vorbei«, sagte ich zu dem Apparat, wobei mir die Tränen übers Gesicht liefen. »Es ist vorbei. Sie ist jetzt tot. Wirklich tot. Sie ist ertrunken.«
    Dann legte ich den Hörer auf die Gabel und weinte, bis ich eingeschlafen war.

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    Jameson kam zuerst. Er hatte seinen Anrufbeantworter abgehört und daraufhin in seinem Büro und auf meinem Handy angerufen. Irgendwie hatte er mich aufgespürt, war ins Auto gestiegen und die Nacht durchgefahren, zweifellos sehr viel schneller, als es ihm ohne Polizeimarke gelungen wäre.
    Als ich die Augen aufschlug, saß er an meinem Bett.
    »Sie haben sich ja einen tollen Moment ausgesucht, um mich zu Hause anzurufen, Troy. Da bringe ich zum ersten Mal seit einem Jahr eine Frau mit, und Sie hinterlassen eine solche Nachricht.«
    Ich zwang mich zu einem Lächeln. »Sie haben gesagt, ich könnte jederzeit anrufen.« Mir tat die Kehle weh, und meine Stimme schien von sehr weit her zu kommen. »Hat man sie gefunden? Hat man Madeleine gefunden?«
    »Die Taucher suchen nach ihr. Sie hat also Vince und Thomas betäubt und – Sie über Bord geworfen?« Es war keine echte Frage.
    »Wir sind zusammen über Bord gegangen«, flüsterte ich. »Ich habe ihr gegen den Kiefer geschlagen, damit sie mich loslässt. Sie ist vor meinen Augen ertrunken.«
    Er schaute mich prüfend an. »Troy«, sagte er beinahe schroff. »Sie
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