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Ein Hauch von Schnee und Asche

Ein Hauch von Schnee und Asche

Titel: Ein Hauch von Schnee und Asche
Autoren: Diana Gabaldon
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zu Donner hinüber, doch er hatte das Messer nicht mehr in der Hand. Er hatte den Blick stirnrunzelnd auf den Boden gerichtet gehabt – offenbar hatte er es fallen gelassen, als er mir das Bein stellte -, doch beim Anblick der Neuankömmlinge fuhr sein Kopf auf.
    »Was? Habt ihr etwas gefunden?«, fragte er ungeduldig, denn Richie und Jed strahlten prahlerisch in die Runde.
    »Das kann man wohl sagen«, versicherte ihm der eine. »Hier!« Er hatte Mrs. Bugs Handarbeitskorb in der Hand, und bei diesen Worten kippte er ihn aus und schüttete den Inhalt auf den Tisch, wo eine wollene Strickarbeit mit einem massiven Aufprall landete. Gierige Hände wühlten sich durch die Wolle und brachten einen zwanzig Zentimeter langen Goldbarren zum Vorschein, der an einem Ende angekratzt war und in der Mitte die französische Königslilie als Prägung trug.
    Verblüfftes Schweigen folgte auf diese Erscheinung. Selbst Jamie sah völlig überrumpelt aus.
    Mrs. Bug war schon blass gewesen, als sie hereinkamen; jetzt war sie kreidebleich geworden, und ihre Lippen waren unsichtbar. Arch blickte Jamie mit dunklen, trotzigen Augen unverwandt an.
    Die einzige Person, die sich vom Anblick des glänzenden Metalls nicht beeindrucken ließ, war Donner.
    »Na toll«, sagte er. »Aber was ist mit den Juwelen? Könnten wir bitte das Ziel im Auge behalten, Leute?«
    Doch seine Komplizen hatten angesichts des konkreten Goldes jedes Interesse an theoretischen Juwelen verloren und diskutierten gleichzeitig die Möglichkeit, dass es noch mehr geben könnte, während sie sich darum stritten, wer auf den vorhandenen Barren aufpassen sollte.
    Mein Kopf drehte sich: von meinem Aufprall, vom plötzlichen Auftauchen des Goldbarrens und den daraus folgenden Enthüllungen über die Bugs – und vor allem von den Ätherdämpfen, die jetzt merklich kräftiger wurden. Es war zwar niemandem in der Küche aufgefallen, doch die Geräusche im Sprechzimmer waren verstummt; der kleine Rüpel dort war zweifellos in Ohnmacht gefallen.
    Die Ätherflasche war beinahe voll gewesen; genug, um ein Dutzend Elefanten zu betäuben, dachte ich benommen – oder ein Haus voller Menschen. Ich konnte sehen, dass Donner bereits darum kämpfen musste, den Kopf gerade zu halten. Noch ein paar Minuten, und sämtliche Banditen würden wahrscheinlich in ahnungslosen Schlummer gefallen sein – wir allerdings ebenfalls.
    Äther ist schwerer als Luft; er würde zu Boden sinken und von dort langsam an unseren Knien aufsteigen. Ich stand auf und atmete schnell die hoffentlich klarere Höhenluft ein. Ich musste das Fenster öffnen.
    Jamie und Arch sprachen auf Gälisch miteinander, viel zu schnell, als dass
ich ihnen hätte folgen können, selbst wenn mein Kopf normal einsatzfähig gewesen wäre. Donner betrachtete sie stirnrunzelnd; er hatte den Mund geöffnet, als wollte er ihnen Einhalt gebieten, fände jedoch die richtigen Worte nicht.
    Ich kämpfte mit dem Riegel der innen liegenden Fensterläden und schaffte es nur mit äußerster Konzentration, dass mir meine Finger gehorchten. Schließlich löste sich der Riegel, und ich schwang den Fensterladen auf – der im Zwielicht draußen vor dem Fenster das grinsende Gesicht eines mir unbekannten Indianers preisgab.
    Ich kreischte auf und stolperte rückwärts. Als Nächstes öffnete sich die Hintertür, und eine untersetzte, bärtige Gestalt, die etwas in einer unverständlichen Zunge brüllte, stürzte herein, gefolgt von Ian, dem wiederum ein weiterer fremder Indianer folgte, der schreiend mit etwas um sich schlug – Tomahawk? Knüppel? Ich bekam meine Augen nicht schnell genug unter Kontrolle, um es feststellen zu können.
    Vor meinen glasigen Augen brach nun die Hölle los. Ich klammerte mich an die Fensterbank, um nicht zu Boden zu sinken, brachte aber die Geistesgegenwart nicht auf, das verdammte Fenster zu öffnen. Alles prügelte sich und kämpfte, doch die Insassen der Küche taten es in Zeitlupe, brüllend und schwankend wie Betrunkene. Während ich mit unvorteilhaft geöffnetem Mund zusah, zog Jamie umständlich Donners Messer unter seinem Hintern hervor, schwang es langsam in einem eleganten Bogen und versenkte es unterhalb von Donners Brustbein.
    Etwas flog an meinem Kopf vorbei und krachte durch das Fenster, wobei es die wahrscheinlich letzte intakte Glasscheibe im ganzen Haus zerstörte.
    Ich atmete die frische Luft in tiefen Zügen, um meinen Kopf wieder freizukriegen, und wedelte hektisch mit den Händen. Dabei rief ich:
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