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Ein Gott der keiner war (German Edition)

Ein Gott der keiner war (German Edition)

Titel: Ein Gott der keiner war (German Edition)
Autoren: André Gide , Arthur Koestler , Ignazio Silone
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Richard Wright hingegen werden dem Kommunismus nie entrinnen. Ihr Leben wird immer in seiner Dialektik gelebt werden, ihr Kampf gegen die Sowjetunion wird immer ein Spiegelbild eines innerlich schwärenden Kampfes sein. Der wahre Ex-Kommunist kann nie wieder eine geschlossene Persönlichkeit werden. Im Falle Koestler ist dieser innere Konflikt die Haupttriebfeder seines schöpferischen Wirkens. Der Yogi sieht in den Spiegel, erblickt den Kommissar und zerschlägt vor Wut das Glas. Seine Schriftstellerei ist kein Reinigungsakt, der zu einer heiteren Gelassenheit führt, sondern ein erbarmungsloses Verhör seines westlichen Wesens – und aller Bewegungen in der Außenwelt, die es widerzuspiegeln scheinen – durch ein zweites Wesen, das dem Leiden gegenüber gleichgültig ist. Silone hat dadurch, daß er den ganzen Kreis zurück zur christlichen Ethik ging, von der er ausgegangen war, eine moralische Ausgeglichenheit erreicht, die ihm einen gewissen „Abstand" von dem Konflikt gibt. Sein wesentlicher Glaube ist „heute ein Gefühl der Verehrung für das, was sich immer in der Menschheit hervorzutun bemüht und an der Wurzel seiner ewigen Unruhe liegt".
    Eines geht ganz klar aus dem Studium der verschiedenartigen Erlebnisse dieser sechs Männer hervor. Silone scherzte, als er Togliatti sagte, daß das letzte Gefecht zwischen den Kommunisten und Ex-Kommunisten ausgefochten werden würde. Aber niemand, der nicht mit dem Kommunismus als einer Philosophie und den Kommunisten als politischen Gegnern gerungen hat, kann wirklich die Werte westlicher Demokratie begreifen. Der Teufel lebte einstmals im Himmel, und diejenigen, die ihm nicht begegnet sind, werden wahrscheinlich nicht imstande sein, einen Engel zu erkennen, wenn sie einen sehen.

DIE AKTIVISTEN
    Arthur Koestler
    I gnazio Silone
    Richard Wright

ARTHUR KOESTLER
     
     
     
    Ein Glaube wird nicht durch sachliche Überlegungen erworben. Wer sich in eine Frau verliebt oder in den Schoß einer Kirche eingeht, tut dies nicht auf Grund logischer Denkvorgänge. Die Vernunft mag einen Glaubensakt begründen – aber erst, nachdem er vollzogen worden ist und der Mensch sich auf ihn verpflichtet hat. Der Überredung mag eine gewisse Rolle bei der Bekehrung eines Menschen zufallen, doch nur insofern sie einem Entwicklungsprozeß, der bereits in Bereichen gereift ist, in die keine Logik eindringen kann, zu seinem vollen und bewußten Durchbruch verhilft. Ein Glaube läßt sich nicht „erwerben", er wächst wie ein Baum. Seine Krone strebt dem Himmel zu, seine Wurzeln wachsen hinab in die Vergangenheit, wo sie sich von den dunklen Säften aus dem Humus vergangener Geschlechter ernähren.
    Vom Standpunkt des Psychologen aus gesehen, besteht kaum ein Unterschied zwischen einem revolutionären und einem traditionsgebundenen Glauben. Jeder echte Glaube ist kompromißlos, radikal und lauter; mithin ist der wirklich traditionsgebundene Mensch immer ein revolutionärer Eiferer gegen die pharisäische Gesellschaft und gegen die lauwarmen Verwässerer des Glaubens. Und umgekehrt ist das Utopia des Revolutionärs, das scheinbar einen völligen Bruch mit der Vergangenheit darstellt, immer nach dem Vorbild des verlorenen Paradieses, nach dem Bilde eines legendären Goldenen Zeitalters geschaffen. Nach Marx und Engels sollte die klassenlose kommunistische Gesellschaft, in der die dialektische Spirale ausläuft, eine Wiederauferstehung der primitiven kommunistischen Gesellschaft sein, von der die Spirale ihren Ausgang nimmt. So kommt es, daß jeder echte Glaube den Gläubigen gegen seine soziale Umwelt aufbegehren läßt und ein der fernen Vergangenheit entlehntes Ideal in die Zukunft projiziert. Alle Utopien werden aus den Quellen der Mythologie gespeist, und die Entwürfe des Gesellschaftsplaners sind lediglich revidierte Neuauflagen der alten Texte.
    Die Hingabe an eine reine Utopie und die Revolte gegen eine „verderbte" Gesellschaft sind also die beiden Pole, welche die allen militanten Glaubensbekenntnissen eigene Spannung erzeugen. Die Frage aufzuwerfen, welcher der beiden Pole den Strom zum Fließen bringt, die Anziehung durch das Ideal oder die Abstoßung durch die soziale Umwelt, hieße, die alte Frage nach Ei und Henne stellen. Der Psychiater sieht sowohl das Verlangen nach der Utopie als auch die Erhebung gegen den status quo als Symptome sozialer Fehlanpassung an. Für den Sozialreformer sind beide Symptome einer gesunden rationellen Haltung. Der Psychiater ist immer geneigt
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