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Ein Glas voll Mord

Ein Glas voll Mord

Titel: Ein Glas voll Mord
Autoren: Charlotte MacLeod
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langer Mensch kletterte heraus, reckte den Hals und besah sich die graue, abgeblätterte Farbe an dem Haus, das Pitcherville einst für den Gipfel der Eleganz gehalten hatte.
    Vielleicht würde es jetzt doch noch ganz interessant. »Oh, seid ihr euch denn nie vorgestellt worden?«, fragte Janet hämisch. »Das ist Jason Bain.«
    »Bain? Der Bain, von dem Tantchen immer erzählt hat? Der mindestens einmal die Woche irgendwen wegen irgendwas verklagt? Was will der von mir?«
    »Alles, was er kriegen kann, höchstwahrscheinlich. Er ist nicht wählerisch, solang es umsonst ist. Komm, wir finden’s raus.«
    Sie gingen auf den Mann zu, der jetzt vor der Haupttür stand. Bain nahm seinen Finger von der Klingel und lüftete seinen ekligen Filzhut ein paar Zentimeter.
    »Miss Emery, nehm ich an? Bain ist mein Name. Ich glaube, wir hatten noch nicht das Vergnügen.«
    »Das Vergnügen ist ganz auf Ihrer Seite, Mister«, sagte Marion gallig. »Was wollen Sie?«
    »Ich komme nur kurz vorbei, um mein Eigentum abzuholen.«
    »Und was soll das sein?«
    »Ein Patent, das mir und Charles Treadway gehört hat. Wir hatten vereinbart, dass es nach dem Tod seiner Frau ganz in meinen Besitz übergeht.«
    Marion klappte ihren Mund zu. »Ach, hatten Sie das? Zu Ihrer Information, Mr.   Bain: kein einziger Gegenstand wird dieses Haus verlassen, bevor wir eine gründliche Inventur gemacht haben und wissen, woran wir sind.«
    Bain zuckte die Schultern. »Ich bin nicht hier, um Ihnen Schwierigkeiten zu machen – aber eines sollen Sie wissen: wenn ich gerichtliche Schritte einleiten muss, um zu meinem Recht zu kommen, dann tu ich das. Wird vielleicht ein bisschen teuer für Sie werden, gegen mich zu verlieren, aber das ist Ihr Problem, nicht meines.«
    Marions Haar war früher einmal rabenschwarz gewesen, und leider versuchte sie alles, damit es so blieb. Unter der glanzlosen schwarzen Masse war ihr Gesicht weiß wie Gips. »Ich habe keine Ahnung, wovon Sie sprechen. Was soll das alles überhaupt? Ich hab so ein Patent hier nie gesehen. Ich weiß nicht mal, wie so was aussieht.«
    »Meines werden Sie erkennen, denn es steht mein Name drauf.«
    »Ach ja? Und was soll das beweisen? Haben Sie irgendwas, das beweist, dass Sie einen Anspruch auf das Patent haben?«
    »Das habe ich. Da können Sie drauf wetten.«
    »Dann zeigen Sie’s her.«
    »So mache ich meine Geschäfte nicht. Zeigen Sie mir das Patent, und ich zeige Ihnen den Beweis.«
    »Wie gesagt: Ich habe es nicht, und ich weiß auch nicht, wo es ist«, antwortete Marion eingeschnappt.
    »Das überrascht mich nicht. Mrs.   Treadway hätte ein so wertvolles Dokument nie einfach herumliegen lassen. Sie wird es irgendwo versteckt haben, und wenn ich Sie wäre, würde ich auf der Stelle anfangen, jeden winzigsten Winkel in diesem Haus zu durchsuchen. Wenn ich das Patent nicht bis Donnerstagmorgen in den Händen halte, geh ich zu meinem Anwalt.«
    Bain sah keinen Grund, seinen Hut noch einmal zu lüften. Er schwenkte seinen langen Körper herum, stampfte die ausgetretenen Holzstufen hinunter, quetschte sich in seinen schäbigen Laster und fuhr davon. Marion starrte dem qualmenden Auto hinterher.
    »Ja, ist es denn zu glauben? Wenn dieser alte Aasgeier glaubt, dass er mir Angst einjagen kann …« – das konnte er offensichtlich, und das hatte er auch. »Janet, was soll ich denn jetzt machen?«
    »Das Patent finden, schätze ich.«
    »Und dann? Wenn er glaubt, ich bin eine dumme Gans und überlasse ihm das einfach so, dann hat er sich geschnitten. Woher soll ich wissen, ob er überhaupt Anspruch auf dieses Patent hat? Das Ding muss ja einiges wert sein, wenn er hier so einen Wirbel veranstaltet.«
    Janet schüttelte den Kopf. »Du kennst den alten Jase nicht. Der klagt auch, wenn es nichts zu holen gibt. Einfach zum Spaß. Wie auch immer: besser, du findest das Patent. Hast du eine Idee, wo es sein könnte?«
    »Weiß der Himmel! Onkel Charles Schreibtisch habe ich schon durchforstet, und alle anderen möglichen Orte auch. Ich kann mich nicht an irgendwelche Patente erinnern, aber vielleicht hab ich sie ja auch übersehen, weil ich dachte, sie wären nichts wert. Sieht aus, als müsste ich noch mal von vorne anfangen.«
    »Aber was ist mit der Bestandsaufnahme? Muss man das Patent nicht dem Notar vorlegen, mit allem anderen?«
    Marion ließ sich in einen Stuhl fallen. »Ich wünschte, ich hätte Boston nie verlassen.«
    Das galt allerdings für beide. »Jetzt reiß dich zusammen, Marion«,
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