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Ein Gesicht so schön und kalt

Ein Gesicht so schön und kalt

Titel: Ein Gesicht so schön und kalt
Autoren: Mary Higgins Clark
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Handbewegung. »Ich bin froh, daß Robin sich
wieder erholt, und ich weiß, daß Sie die Dinge im Griff haben.
Heute nehmen Sie doch den Angeklagten ins Kreuzverhör,
nicht?«
»Ja.«
»Wie ich Sie kenne, tut er mir beinahe leid. Viel Glück.«

Montag, 23. Oktober

9
    Fast zwei Wochen waren vergangen, und noch immer sonnte
sich Kerry im Glanz ihrer Befriedigung über das mittlerweile
abgeschlossene Verfahren. Sie hatte die Verurteilung wegen
Mordes durchgesetzt. Wenigstens mußten die Söhne der
getöteten Frau nicht in dem Bewußtsein aufwachsen, daß der
Mörder ihrer Mutter in fünf oder sechs Jahren wieder frei
herumlief. Genau das wäre geschehen, wenn die Geschworenen
der Argumentation der Verteidigung auf Totschlag im Affekt
Glauben geschenkt hätten. Mord bedeutete eine obligatorische
Strafe von dreißig Jahren, ohne Chance auf Strafminderung
wegen guter Führung.
    Während sie jetzt erneut im Empfangsraum der Praxis von Dr.
Smith saß, machte sie ihre Aktentasche auf, die sie überallhin
mitnahm, und zog eine Zeitung heraus. Robin war zur zweiten
Nachuntersuchung da, die sicher eher eine Routineangelegenheit
war, also konnte Kerry sich entspannen. Außerdem brannte sie
darauf, das Neueste über Jimmy Weeks’ Prozeß zu erfahren.
    Wie Frank Green vorhergesagt hatte, war man allgemein der
Ansicht, daß es für den Angeklagten nicht gut aussah. Frühere
Ermittlungen in Sachen Bestechung, Insider-Geschäften sowie
Geldwäsche waren wegen Mangels an ausreichenden Beweisen
fallengelassen worden. Dieses Mal jedoch galt es als sicher, daß
der Fall hieb- und stichfest war. Das hieß, falls er überhaupt in
die Gänge kam. Die Auswahl der Jury dauerte nun schon
mehrere Wochen an, und es war kein Ende in Sicht. Das wird
Bartlett und Kinellen sicher freuen, dachte sie, daß sich all diese
honorarträchtigen Stunden anhäufen.
    Bob hatte Jimmy Weeks einmal Kerry vorgestellt, als sie den
beiden in einem Restaurant über den Weg lief. Nun betrachtete
sie das Foto von ihm, auf dem er neben ihrem ehemaligen Mann
auf der Anklagebank saß. Denk dir den maßgeschneiderten
Anzug weg und dieses aufgesetzte weltmännische Gehabe, und
du hast einen Schurken vor dir, überlegte sie.
    Auf der Abbildung war Bobs Arm schützend um die Lehne
von Weeks’ Stuhl gelegt. Ihre Köpfe steckten nahe beieinander.
Kerry mußte daran denken, wie Bob früher diese Geste
einstudiert hatte.
    Sie überflog den Artikel, ließ dann die Zeitung wieder in ihre
Aktentasche plumpsen. Mit einem Kopfschütteln erinnerte sie
sich an ihre Entrüstung, als Bob ihr kurz nach Robins Geburt
mitgeteilt hatte, er habe eine Stelle bei Bartlett und Partner
angenommen.
    »All ihre Klienten stecken schon mit einem Fuß im Knast«,
hatte sie protestiert. »Und der andere Fuß gehört ebenfalls
dahin.«
    »Und sie zahlen rechtzeitig ihre Rechnungen«, hatte Bob
daraufhin erwidert. »Kerry, bleib du nur bei der
Staatsanwaltschaft, wenn dir der Sinn danach steht. Ich hab’
andere Pläne.«
    Ein Jahr später verkündete er, diese Pläne schlossen auch die
Ehe mit Alice Bartlett ein.
Graue Vorzeit, sagte sich Kerry jetzt und sah sich im
Wartezimmer um. Heute saßen hier noch ein athletisch
aussehender Halbwüchsiger mit einem Verband auf der Nase
und eine ältere Frau, deren viele Falten den Grund für ihre
Anwesenheit ahnen ließen.
Kerry warf einen Blick auf ihre Uhr. Robin hatte ihr erzählt,
daß sie in der Woche zuvor eine halbe Stunde lang im
Sprechzimmer hatte warten müssen. »Ich hätte besser ein Buch
dabeigehabt«, hatte sie gesagt. Diesmal hatte sie für Lektüre
vorgesorgt.
Ich wünschte bei Gott, Dr. Smith würde realistische Termine
machen, dachte Kerry gereizt, während sie in Richtung der
Sprechzimmer schaute, wo gerade eine Tür aufging.
Sofort erstarrte Kerry und riß die Augen auf. Die junge Frau,
die erschien, hatte ein von einer dunklen Haarpracht
eingerahmtes Gesicht, eine gerade Nase, schmollend
aufgeworfene Lippen, weit auseinanderliegende Augen und
schwungvolle Augenbrauen. Kerry spürte, wie sich ihr die
Kehle zusammenschnürte. Es war nicht dieselbe Frau, die sie
letztes Mal gesehen hatte - aber sie sah genauso aus. Waren die
beiden vielleicht miteinander verwandt? Falls sie Patientinnen
waren, würde Dr. Smith doch gewiß nicht auf den Gedanken
kommen, ihnen ein so ähnliches Aussehen zu verpassen, dachte
sie.
Und weshalb erinnerte sie dieses Gesicht so stark an eine
andere
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