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Ein Gesicht so schön und kalt

Ein Gesicht so schön und kalt

Titel: Ein Gesicht so schön und kalt
Autoren: Mary Higgins Clark
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den dichten
Verkehr auf den Routen 17 und 4 gesteuert, dann über die
George Washington Bridge nach Manhattan, um schließlich den
Wagen zu parken und gerade noch rechtzeitig für Robins
Termin um vier Uhr in der Arztpraxis einzutreffen.
    Jetzt, nach all der Hektik, blieb Kerry nichts anderes übrig, als
sich hinzusetzen und abzuwarten, bis sie ins
Behandlungszimmer gerufen wurde, während sie doch so gerne
dabeigewesen wäre, wenn Robin die Fäden gezogen bekam.
Doch die Sprechstundenhilfe war unerbittlich geblieben. »Dr.
Smith läßt absolut niemand außer der Schwester mit einem
Patienten ins Behandlungszimmer.«
    »Aber sie ist doch erst zehn!« hatte Kerry protestiert, um
gleich darauf zu verstummen und sich ins Gedächtnis
zurückzurufen, daß sie dankbar dafür sein sollte, daß man
ausgerechnet Dr. Smith nach dem Unfall zu Rate gezogen hatte.
Die Krankenschwestern im St. Luke’s-Roosevelt hatten ihr
versichert, er sei ein ganz hervorragender Schönheitschirurg.
Der Arzt in der Notaufnahme hatte sogar behauptet, er könne
wahre Wunder wirken.
    Während sie jetzt wieder an jenen Tag vor einer Woche
dachte, kam Kerry zu Bewußtsein, daß sie sich noch immer
nicht von dem Schock jenes Anrufs erholt hatte. Robins Vater,
ihr früherer Mann, Bob Kinellen, hatte Robin überraschend zum
Big Apple Circus in New York und einem gemeinsamen
Abendessen danach eingeladen, und so hatte Kerry die Chance
ausgenützt und war noch spät in ihrem Amtszimmer beim
Gericht in Hackensack an der Arbeit gewesen, der Vorbereitung
für einen Mordfall, in dem sie die Anklage vertreten würde.
    Um halb sieben hatte das Telefon geläutet. Bob war am
Apparat. Es habe einen Unfall gegeben. Ein Lieferwagen habe
seinen Jaguar gerammt, während er gerade aus dem Parkhaus
herausfuhr. Glassplitter hätten Robin im Gesicht verletzt. Man
habe sie schleunigst ins St. Luke’s-Roosevelt eingeliefert und
einen Gesichtschirurgen geholt. Ansonsten gehe es ihr offenbar
gut, nur werde sie noch nach möglichen inneren Verletzungen
untersucht.
    Bei der Erinnerung an diesen entsetzlichen Abend schüttelte
Kerry den Kopf, als versuche sie damit auch den Gedanken an
die qualvolle Fahrt nach New York zu vertreiben, bei der sie
von trockenem Schluchzen geschüttelt wurde und ihre Lippen
ein einziges Wort formten: »Bitte«, während ihr das übrige
Gebet durch den Kopf raste: Bitte, Gott, laß sie nicht sterben, sie
ist alles, was ich habe. Bitte, sie ist doch noch so klein. Nimm sie
mir nicht weg…
    Robin war bereits im Operationssaal, als Kerry dann das
Krankenhaus erreichte, also setzte sie sich ins Wartezimmer,
Bob zu ihrer Seite - mit ihm, und doch nicht gemeinsam mit
ihm. Er hatte mittlerweile eine Frau und zwei weitere Kinder.
Kerry konnte noch immer das immense Gefühl der
Erleichterung nachempfinden, das sie in dem Moment verspürt
hatte, als Dr. Smith endlich erschienen war und in einer
förmlichen, zugleich seltsam herablassenden Manier erklärt
hatte: »Die Schnitte sind glücklicherweise nicht tief in das
Derma eingedrungen. Robin wird keine Narben davontragen.
Ich möchte sie in einer Woche in meiner Praxis sehen.«
    Die Schnittwunden stellten sich als die einzigen Verletzungen
heraus, und Robin hatte sich nach dem Unfall rasch wieder
gefangen und nur zwei Schultage versäumt. Sie schien sogar
irgendwie stolz auf ihre Ba ndagen zu sein. Erst heute, auf der
gemeinsamen Fahrt nach Manhattan zum Arzttermin, war ihr
Furcht anzumerken, als sie fragte: »Ich werd’ doch wieder ganz
okay, oder, Mom? Ich meine, mein Gesicht ist doch dann nicht
ganz verhunzt?«
    Mit ihren großen blauen Augen, ihrem ovalen Gesicht, der
hohen Stirn und den wohlgeformten Gesichtszügen war Robin
ein schönes Kind und das Ebenbild ihres Vaters. Kerry hatte ihr
von ganzem Herzen und hoffentlich überzeugend Zuversicht
eingeflößt. Jetzt aber versuchte Kerry sich abzulenken und
blickte sich im Wartezimmer um. Es war geschmackvoll
eingerichtet, mit einer Reihe von Sofas und Sesseln, die in
einem Muster kleiner gedruckter Blumen bezogen waren. Die
Beleuchtung war sanft, der Teppichboden wunderbar flauschig.
    Unter den Anwesenden, die darauf warteten, aufgerufen zu
werden, war auch eine Frau von augenscheinlich Anfang
Vierzig, die einen Verband auf der Nase hatte. Eine andere, die
einen etwas verängstigten Eindruck machte, vertraute ihrer
attraktiven Begleiterin an: »Jetzt, wo ich da bin, bin ich froh,
daß
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