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Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)

Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)

Titel: Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)
Autoren: Christine Birkhoff
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wurde.
    In der Zeit bis zum Abitur war dann auffällig, dass Christine zu exzessiven Verhaltensweisen neigte. Sie schindete und trainierte ihren Körper durch extremes Bodybuilding, nahm innerhalb kürzester Zeit etliche Kilos ab. Während der Abiturarbeiten fing sie plötzlich – für alle unverständlich – an zu fasten (so sagte sie zumindest) und fiel natürlich prompt durch die schriftlichen Prüfungen, obwohl sie sonst immer eine sehr gute, intelligente Schülerin gewesen war. Erst später erfuhr ich, dass sie schon zu dieser Zeit an Bulimie erkrankt war.
    Auf den Tag genau mit achtzehn Jahren zog Christine von zu Hause aus. Ich half ihr beim Renovieren ihrer neuen Einzimmerwohnung. Ich bewunderte sie für ihren Mut und ihre Entschlossenheit, anderseits tat sie mir auch leid, so alleine auf sich gestellt zu sein und nie die Liebe und Geborgenheit erfahren zu haben, nach der sie sich immer gesehnt hatte. So war es denn auch nicht verwunderlich, dass sie sich kurze Zeit später Hals über Kopf mit diesem spießigen Tomas verlobte, ein weiterer verzweifelter Versuch auf der Suche nach Liebe.
    Nach dem Abitur trennten sich unsere Wege, ich zog wieder zurück nach Berlin, hielt aber sporadischen Kontakt zu Christine und konnte so ihre weitere Entwicklung am Rande mitverfolgen. Ich erfuhr, dass sie ihre Banklehre abgebrochen hatte und einem Typen nach Afrika gefolgt war, dass sie dann bei der Lufthansa Fuß gefasst hatte und nun mit einem Franzosen zusammen war. Nach zehn Jahren sahen wir uns zum zehnjährigen Abitreffen wieder. Aus Christine war eine äußerst attraktive Frau geworden, die zumindest nach außen hin mit beiden Beinen im Leben zu stehen schien. Sie hatte mittlerweile wieder Kontakt mit ihrer Mutter und Jürgen aufgenommen, und es sah so aus, als ob Normalität in Christines Leben eingekehrt sei.
    Später erfuhr ich von ihr, dass Jürgen noch einmal versucht hatte, sie sexuell zu missbrauchen. Fast hätte es dieser Typ wieder geschafft, die alten Mechanismen wirken zu lassen, wenn Christine nicht so entschlossen und geistesgegenwärtig reagiert hätte.
    Es freute mich sehr, als ich erfuhr, dass Christine ihren jetzigen Mann Felix kennen gelernt hatte. Endlich ein Mann, der nicht zwanzig oder dreißig Jahre älter als Christine war und der aus einer gutbürgerlichen Familie stammte. Fast ein bisschen zu »normal« für Christine, so dachte ich. Ich erlebte die vielen Ups und Downs mit, die sie in der Folgezeit erfuhr, bis es ihr schließlich gelang, Felix vor den Altar zu schleifen. Ich erlebte Christine als die strahlendste Braut, die ich je gesehen hatte. Sollte Christine nicht zumindest jetzt ihren Frieden gefunden haben? Aber ich erfuhr, dass mit der Geburt ihrer Tochter Mia die alten Wunden wieder aufrissen und das Trauma ihrer Kindheit und Jugend präsent wurde und mit aller Macht danach drängte, aufgearbeitet zu werden. Es schien, als ob Christine all die Jahre nur verdrängt hatte, obwohl ihr Körper es ihr immer wieder nach außen hin signalisierte.
    Ich bin eine Leidensgenossin von Christine.
    Auch ich habe über Jahre körperliche und seelische Misshandlungen erfahren, wenn auch auf einer anderen Ebene, in einer langjährigen Beziehung zu einem Mann, aus der ich mich nur schwer lösen konnte. Auch ich kenne das Phänomen, dem Täter immer wieder verzeihen zu wollen, wenn er mit vermeintlicher Liebe lockt. Auch meine Seele hat später über meinen Körper nach Hilfe geschrien.
    Ich sehe einige Parallelen zu meinem und Christines Leben. Auch ich war immer auf der Suche nach der wahren Liebe und habe dabei so oft den falschen Traum von Liebe geträumt. Auch mein Leben war nach außen turbulent und schillernd, und so habe ich mich Christine immer sehr verbunden gefühlt. Wir beide haben nicht der bürgerlichen Norm entsprochen. Es ist nicht allzu lange her, da lagen wir uns weinend in den Armen und haben erkannt, dass wir ein ähnliches Schicksal hatten.
    Als ich Christines Manuskript zu diesem Buch gelesen habe, habe ich viele Tränen weinen müssen. Es hat mich betroffen gemacht, dass ich damals nicht mehr von ihr wusste, den Leidensweg ihrer Kindheit nicht kannte, und dass ich und auch die anderen Mädels nicht in der Lage waren und die geistige Reife hatten, ihr zu helfen.
    Ich bewundere, dass sie nach all den Jahren den Mut und die Kraft hatte, das kleine Mädchen aus dem Verlies zu holen und sein Schreien zu erhören.
    Die Narben an ihrem Körper und ihrer Seele werden bleiben, aber sie
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