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Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)

Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)

Titel: Ein falscher Traum von Liebe: Der lange Weg aus der Hölle meiner Kindheit (German Edition)
Autoren: Christine Birkhoff
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Und diese Prüfung hätten wir eindrucksvoll bestanden. Der Baron hat Felix und mir versprochen, dass Capriola eines Tages wieder nach Ruhrstadt kommt. Dass er eines Tages wieder bei mir leben darf. Drei Jahre liegt dieser Besuch nun zurück. Ich warte. Ich wünsche diesen unglaublich liebenswerten Menschen nur das Beste. Aber ich gebe zu, dass ich warte. Jeden Tag warte.
     
    Felix und ich hatten viel zu besprechen, und immer noch trafen wir auf gegenseitige wunde Punkte. Ich war voller Zweifel und hatte Angst. Felix war loyal seinen Eltern gegenüber, aber mir war es ein wenig zu viel des Guten. Ich wollte einen Mann, der eigene Entscheidungen traf, der eigene Wege ging und sein Pferd nicht bei Mama und Papa im Stall stehen hatte. Ich wollte die wenige gemeinsame Zeit mit meinem Mann verbringen und nicht mit ihm UND seinen Eltern. Ich wollte die Freiheit haben, meine Schwiegereltern dann zu besuchen, wenn ich das wollte, und nicht, weil ich es täglich musste. Zu dieser Zeit ritt Felix nicht mehr Fides, sondern ein junges Pferd, das seinem Vater gehörte. Wieder einmal gehörte es seinem Vater und nicht ihm selbst. Dieses junge Pferd hieß ausgerechnet Bubi, und die ganze Konstellation löste in mir große Bedenken aus.
    Ich bekam wieder Träume. Ganz andere Träume als früher. Träume, die Felix und mich immer näher zusammenbrachten. Keine Träume, die uns auseinanderrissen. Meine Großmutter sprach mit mir, leidend, mitfühlend, gütig. »Musst brechen. Musst bekennen.« Worte, die ich nicht zuordnen konnte und mir Angst machten. Mit meiner Therapeutin konnte ich über solche Seltsamkeiten nicht sprechen. Aber mit Ann-Kathrin. Und Ann-Kathrin war es auch, die mir die Angst vor diesen Botschaften nahm. Ann-Kathrin war es, die mir Mut machte und immer wieder betonte, dass ich weit davon entfernt war, den Verstand zu verlieren. Dass ich, ganz im Gegenteil, diese Botschaften sehr ernst nehmen sollte. Ich erzählte auch meinen alten Freundinnen von meinen nächtlichen »Treffen« mit meiner Großmutter. Diese Begegnungen mit ihr waren im Traum beängstigend real. In dieser Zeit habe ich sehr viele dieser Geschichten gehört, die man sich nur unter guten Freundinnen erzählt, weil man befürchten muss, als bescheuert abgestempelt zu werden.
    Als ich gedankenverloren das Hochzeitsbild meiner Großmutter anschaute, fiel mir etwas auf: Felix hatte mich stets an meine Großmutter erinnert. An ihre gütigen Augen. Ich hatte meinen Großvater nie kennen gelernt. Ich hatte das Hochzeitsbild von meiner Oma bekommen, kurz bevor sie starb. Es lag in einer Fotoschachtel. Unbeachtet. Uninteressant. Wenn ich meine Oma anschauen wollte, dann schaute ich ihr Porträtfoto an. Auch so eine vergilbte Aufnahme, die ich seit zwanzig Jahren immer auf meinen Schreibtischen stehen habe. Und während ich dasaß und gedankenverloren auf dieses in Vergessenheit geratene Foto schaute, da stellte ich es fest:
    Mein Großvater sah in jungen Jahren, auf dem Hochzeitsbild, in der Uniform, genauso aus wie Felix. Die beiden könnten als Brüder durchgehen. Mein Mann und mein Großvater.
    Ich sprach sehr viel mit Felix über meine Recherchen und über die nächtlichen Begegnungen mit meiner Oma. Als wir uns kennen lernten, lachte Felix noch über meine Träume und meine Vorahnungen. Das tut er schon lange nicht mehr. Vielmehr hat er Respekt davor, und es ist ihm ein wenig unheimlich. Meine Oma und mein Großvater. Sie hatten zusammengehört wie Pech und Schwefel. Zusammengehört und sich doch getrennt. Ich hatte einen Mann an meiner Seite, der diese beiden Menschen in einer Person vereinte. Felix: Optisch mein Großvater mit dem gütigen Charakter meiner Großmutter. Ich schlage in die Richtung meines Großvaters, bin kreativ, immer agil, innovativ, freigeistig. Mein Großvater wurde »der Freigeist« genannt. Er hasste es, gedanklich beschränkt zu werden. Wurde depressiv, als er eines Tages seine Leidenschaft, seine Kunst nicht mehr frei ausüben konnte. Als seine eigene Schwiegermutter, die alle nur »der Drachen« nannten, ihm die Luft für die schöpferischen Fähigkeiten abdrückte. Ich kann das wunderbar nachfühlen. Mein Großvater, der Künstler, hätte vermutlich meine Trauer um mein Kunstwerk, mein Erstlingswerk, Capriola, bestens verstehen können.
    Gerd ist auch Künstler und hatte mich gewarnt.
    »Lauter Leichen«, sagte Felix eines Tages und starrte konzentriert auf mein zwischenzeitlich entstandenes Familiendiagramm. »Und der Drachen
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