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Ein Fall zu viel

Ein Fall zu viel

Titel: Ein Fall zu viel
Autoren: Irene Scharenberg
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einen vielsagenden Blick. »Sie haben also zwei Schreie gehört, und erst beim zweiten ist der Mann vom Hochofen gestürzt.«
    »Ja, so war es.«
    Barnowski wandte sich nun an Markus Hollenberg. »Haben Sie auch zwei Hilferufe vernommen?«
    Ehe er die Frage beantworten konnte, nahte die Bedienung mit einem Tablett. Pielkötter gab ihr ein Zeichen, stehenzubleiben. Die Kellnerin hielt zunächst irritiert inne, setzte sich nach wenigen Sekunden jedoch erneut in Bewegung. »Warten Sie einen Moment«, befahl Pielkötter nun in scharfem Ton und blickte von ihr zu dem jüngeren Zeugen.
    »Also, direkt um Hilfe hat der nicht gerufen«, erklärte Markus Hollenberg. »Aber zwei Schreie sind das schon gewesen. Den ersten hatte ich vorhin vergessen. Wichtiger ist ja auch der, als der Mann heruntergefallen ist, oder nicht?«
    Pielkötter und Barnowski ließen die Frage unbeantwortet. Schließlich brauchten die Zeugen nicht unbedingt zu wissen, von welch zentraler Bedeutung die letzte Aussage war. Ein Mord wurde damit immer wahrscheinlicher.
    »Wenn es genehm ist, serviere ich jetzt«, sagte die Kellnerin in einem Tonfall, der dem von Pielkötter schon ziemlich nahe kam. In gewisser Weise konnte er sie sogar verstehen. Barnowski schenkte ihr als eine Art Wiedergutmachung sein strahlendstes Lächeln. Sie lächelte zurück und verschwand.
    »Vielen Dank. Für heute soll es gut sein«, erklärte Pielkötter in gütigem Ton. »Allerdings muss ich Sie bitten, es irgendwie einzurichten, morgen im Laufe des Tages noch einmal im Präsidium vorbeizuschauen, um Ihre Aussage zu unterschreiben.«
    Hastig tranken die Zeugen ihre Cola, dann verabschiedeten sie sich, obwohl Daniela Lechner ihr Glas erst halb geleert hatte.
    »Nun zu Ihnen«, wandte sich Pielkötter an Gert Gerke. »Sie waren also mit dem Opfer verabredet.«
    Der Zeuge schluckte. Offensichtlich fiel ihm das Sprechen schwer. »Irgendwie kann ich es immer noch nicht richtig glauben, dat der Erwin wirklich tot is. Wir wollten doch feiern heute. Feiern, verstehen Se? Und dann stehe ich vor seiner Leiche.« Gert Gerke brach ab.
    »Wie lange haben Sie sich gekannt?«, fragte Barnowski.
    »Schon ewig«, antwortete Gehrke, nachdem er sich wieder gefangen hatte. »Wir waren Arbeitskollegen.«
    Er stockte erneut. »Seit wir zusammen in Rente sind, ham wir jedes Jahr unseren letzten Arbeitstag gefeiert. Immer mit wat Besonderet. Den Aufstieg zum Hochofen hat der Erwin vorgeschlagen.« Offensichtlich hatte Gerke nun Mühe, ein paar Tränen zu unterdrücken. »Ich mache mir solche Vorwürfe«, brach es plötzlich aus ihm heraus. »Wegen mir ist mein Kumpel jetzt tot.«
    »Wieso das?«, fragte Pielkötter irritiert.
    »Wenn ich nur pünktlich gewesen wäre, wäre dat sicher nicht passiert. Egal wat da passiert ist. Aber ich musste ja unbedingt noch das Spiel Schalke gegen Bayer Leverkusen zu Ende gucken. Eigentlich wollte ich nur den Anfang sehen. Als meine Jungs jedoch den Rückstand aufgeholt haben, hat et mich gepackt. Der Erwin hatte dafür kein Verständnis. Für den gibt et nur den MSV.«
    Pielkötter fiel auf, dass er die Gegenwartsform benutzte. Ein möglicher Mörder hätte das wohl eher nicht getan, aber auch aus anderen Gründen zweifelte er nicht an Gerkes Unschuld. Aber die müsste sich durch die Ermittlungen noch bestätigen. »Zum Zeitpunkt, als die Zeugen den zweiten Schrei gehört haben, haben Sie also das Spiel im Fernsehen verfolgt«, fasste er zusammen.
    »Nee. Da war Fußball schon zu Ende, aber ich war noch nicht hier aufm Gelände.«
    »Ich nehme an, Sie waren allein in Ihrer Wohnung.«
    Schlagartig wirkte Gerke erstaunt. »Wat soll dat? Sie verdächtigen mich doch wohl nicht, oder?«
    »Nein!«, erklärte Pielkötter, ehe Barnowski etwas sagen konnte. »Wir sind einfach verpflichtet, diese Fragen zu stellen und festzuhalten, dass es für Ihren Aufenthaltsort zum Zeitpunkt des Sturzes keinen Zeugen gibt.«
    »Dat hab ich aber so nich gesacht«, entgegnete Gerke entrüstet. »Sie drehen mich ja jetzt dat Wort im Mund rum. Natürlich gibet dafür nen Zeugen. Die Frau Meinecke. Die hat mich nämlich beim Rausgehen ausse Tür gesehen. Wollt ma wieder wat quatschen, aber ich hab ihr erklärt, dat ich total in Eile bin. Die wohnt übrigens unter mir, und bei der können Se gerne ma nachfragen.«
    Pielkötter registrierte wohlwollend, dass Barnowski sich den Namen der Nachbarin bereits notiert hatte, ehe Gerke geendet hatte. »Einen Selbstmord Ihres Freundes schließen Sie auf
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