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Ein Fall für Perry Clifton

Ein Fall für Perry Clifton

Titel: Ein Fall für Perry Clifton
Autoren: Wolfgang Ecke
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Boden hockt.
    „Wahrscheinlich war ich gerade
dabei, meinen Verstand zu verlieren. Entweder ist dieser Lester Mac Dunnagan
der größte Schwindler oder das größte Genie. Gehen wir den Dingen auf den
Grund. Dicki, wo ist das Kästchen?“ Gemeinsam beginnen sie den Koffer aufs neue zu durchwühlen. Und wieder ist es Dicki, der Erfolg
hat. Stolz hebt er ein kleines Kästchen hoch.
    „Hier wird es drin sein!“
    „Hier wird er drin
sein“, verbessert Perry, „es soll sich ja um einen Metallwürfel handeln.“
    „Soll ich aufmachen?“
    „Nein, erst wollen wir den
Brief des seltsamen Mister Dunnagan zu Ende lesen. Also — Mister Mac Dunnagan
schreibt weiter: Um den Metallwürfel herzustellen, bedarf es unzähliger
Zusammensetzungen. Die Formeln der einzelnen Entstehungsperioden habe ich auf
den beiliegenden zweiundsiebzig Blättern niedergeschrieben. Es ist zu
berücksichtigen, daß zwischen den einzelnen Behandlungsphasen Mindestabstände
von drei Stunden eingehalten werden. Das Unsichtbarwerden tritt sofort ein.
Stellt man sich vor einen Spiegel, wird man sich darin vergeblich suchen. Sieht
man jedoch an sich herunter, stellt man fest, daß die Unsichtbarkeit vor den
eigenen Augen nicht gilt. Unterschrift — Lester Mac Dunnagan.“
    Dicki reicht Perry das kleine
Kästchen hin.
    „Wollen Sie es probieren,
Mister Clifton?“
    Perry öffnet zögernd den
Deckel. Was er sieht, ist ein silbrig glänzender Metallwürfel. Nicht größer als
ein Daumennagel.
    Kleine Schweißperlen haben sich
auf Perrys Stirn gebildet.
    „Ich habe ein verdammtes Gefühl
in der Magengegend, Dicki. Ein verdammt merkwürdiges Gefühl...“
    Langsam erhebt sich Perry vom
Boden. Mit schwerfälligen Schritten durchquert er das Zimmer und bleibt vor
einem Stuhl stehen.
    „Komm her, Dicki! Setz dich auf
diesen Stuhl hier.“
    Dicki tut, was Perry sagt.
Dabei verfolgt er mißtrauisch jede von Perrys Bewegungen. Perry nimmt sich
einen zweiten Stuhl und setzt ihn Dicki gegenüber. Abstand dreieinhalb bis vier
Meter.
    „Dicki — ich setze mich jetzt
auf diesen Stuhl...“, er tut es, „ich nehme das Kästchen, öffne den Deckel…“
    „Wenn nur nichts passiert,
Mister Clifton.“ Dickis Stimme klingt gepreßt, und Perry sieht, daß es Dicki
alles andere als wohl zu sein scheint.
    „Du brauchst keine Angst zu
haben. Du sollst mir nur auf alle meine Fragen antworten. — Willst du das tun?“
    „Ja“, es ist nur ein Flüstern,
und selbst das fällt Dicki schon unsagbar schwer. Gebannt blickt er auf Perry,
dessen Hand sich jetzt dem Kästchen nähert.
    Und dann geschieht es. Dicki
preßt seine Augen zusammen, reißt sie wieder auf. Das Entsetzen lähmt seine
Zunge, und seine Finger krallen sich um den Stuhlsitz. Er möchte aufstehen,
davonlaufen... und dann würgt er es doch heraus... stotternd...
    „Mister Clifton — Sie — sind...
verschwunden.“

    Sekunden vergehen. Sekunden des
Schweigens. Und dann klingt es fast wie Jubel.
    „Dicki, siehst du den Stuhl,
auf dem ich sitze?“
    „Ja... aber der Stuhl ist
leer.“ In Dickis Stimme schwingt das nackte Grauen mit.
    Da, der Stuhl bewegt sich...
von allein?
    „Was tun Sie jetzt... ich habe
Angst, Mister Clifton...“
    „Ich bin hinter den Stuhl
getreten. Du brauchst dich nicht zu fürchten... Ich schiebe jetzt den Stuhl
nach vorn..."
    Quietschend rutscht der leere
Stuhl auf Dicki zu... immer näher. Noch einen Meter...
    „Ich stehe jetzt direkt vor
dir, Dicki. Strecke deine Hand aus. — Na, fühlst du mich?“
    Dicki atmet tief auf, als er
fühlt, wie sich Perrys Hand um die seine schließt.
    „Es ist unheimlich hier, Mister
Clifton...“
    In diesem Augenblick steht
Perry wieder vor ihm. Leibhaftig und lebendig. Und er lacht. Lacht, als sei es
der köstlichste Spaß gewesen. Dabei ist Dicki vor lauter Angst in Schweiß gebadet.
    „Gott sei Dank, daß Sie wieder
da sind. Ich wäre vor Angst beinahe gestorben.“
    „Dicki, ich verbeuge mich vor
dem Genie des Mister Dunnagan.“ Perrys Stimme klingt feierlich, und Dicki muß
an die Denkmalseinweihung auf dem Sportplatz denken. Der Rektor hatte genauso
gesprochen. Und mit Perrys Wiedererscheinen ist auch Dickis Mut zurückgekehrt.
Obgleich ihn der Gedanke daran grausen läßt, fragt er:
    „Ob das bei mir auch klappen
würde?“
    „Bestimmt. Aber du wirst es
nicht tun. Vielleicht später einmal. Und jetzt gib mir deine Hand.“
    Dicki streckt Perry zögernd
seine Hand hin. Dieser ergreift sie und spricht ganz ernst:
    „Du willst
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