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Ein Fall für Perry Clifton

Ein Fall für Perry Clifton

Titel: Ein Fall für Perry Clifton
Autoren: Wolfgang Ecke
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Und wieder ist es Dicki, der ausruft: „Schon wieder Papier!“
    „Ja, aber diesmal ist es anderes Papier“, Perry ist ziemlich außer Atem, „faß mal an... na, merkst du was?“
    „Es faßt sich wirklich komisch an...“
    Perry erläutert und räumt dabei die oberen Lagen fort. „Das ist Ölpapier. Das soll gegen Nässe schützen.“
    Dickis Interesse hat merklich nachgelassen. Was sollen diese weißen Blätter, auf denen weiter nichts als Zahlen stehen. Zahlen und merkwürdige Zeichen. Dicki kann nicht verstehen, warum Perry jedes einzelne Blatt so genau ansieht. Ob er etwas davon versteht?
    „Was sind denn das für Zeichen?“ fragt er ungeduldig, als Perry nicht aufhört, diese für ihn unverständlichen Zeichen zu studieren.
    „Das sind Formeln, Dicki. Chemische Formeln“, murmelt Perry verdrießlich, „aber ich werde nicht klug daraus, was sie bedeuten sollen.“
    Dicki langt nach einem Stoß Blätter, die Perry neben den Koffer gelegt hat. Gelangweilt spielen seine Finger darin, indem er die einzelnen Seiten wie in einem Buch abblättern läßt. Und dabei macht er eine Entdeckung.
    „Mister Clifton, hier ist ein Brief.“
    Perry sieht auf.
    „Ein Brief?“ Geistesabwesend starrt er auf Dickis Hand, die ihm den Brief hinhält. Dann geht es plötzlich wie ein Ruck durch seinen Körper.
    „Ein Brief“, wiederholt er, „ich muß ihn vorhin übersehen haben.“
    „Er ist zugeklebt!“
    „Dann machen wir ihn eben auf.“ Gleichzeitig reißt er ihn auch schon auf.
    Seine Lippen murmeln den Text, doch Dicki kann kein Wort verstehen. Um so mehr erstaunt ihn Perrys Benehmen. Fassungslos sieht er, wie sein großer Freund plötzlich aufspringt, wie wild im Zimmer umherläuft und scheinbar immer wieder den gleichen Text liest. Endlich kann Dicki seine Ungeduld nicht mehr zügeln.
    „Was steht denn in dem Brief, Mister Clifton?“
    Dicki muß zweimal fragen, bevor Perry seine Frage wahrnimmt. Und Dicki spürt, daß irgend etwas Seltsames in diesem Brief stehen muß. Noch nie hat er Perry Clifton so aufgeregt gesehen. Und wenn er genau hinsieht — Perrys Hände zittern ja... zittern wie bei dem alten Billy Kaprigh, der freitags immer nach alten Lumpen schreit.
    Und noch verwunderter wird Dicki, als er jetzt Perrys Stimme hört. Sie ist heiser wie Popes Stimme nach dem dreizehnten Whisky...
    „Höre genau zu, Dicki...“ und langsam, jedes Wort betonend, beginnt Perry zu lesen:
    „Kalkutta, am 2. Februar 1911...“
    Dicki staunt: „So lange ist das schon her?“
    „Kalkutta, am 2. Februar 1911“, wiederholt Perry gereizt durch die Unterbrechung.
    „Ich, Lester Mac Dunnagan, schreibe diese Zeilen für den Fall, daß mir auf der Überfahrt nach Europa etwas zustößt. Möge sich der Mensch ewig glücklich preisen, der diese Zeilen liest. Ich, Lester Mac Dunnagan, habe die sensationellste Erfindung gemacht, die je ein menschliches Hirn ersinnen konnte. Es ist mir gelungen, eine Metallzusammensetzung zu entdecken, mit der ein Menschheitstraum Wirklichkeit wird — die Unsichtbarkeit...“ Perry fixiert Dicki unter halbgesenkten Augenlidern, und Dicki, der diesen Blick spürt, rutscht unruhig hin und her.
    Perry hebt jetzt die Stimme etwas, als er fortfährt: „Derjenige, der meinen Metallwürfel umfaßt oder auf der blanken Haut trägt, wird im gleichen Augenblick für seine Umwelt unsichtbar...“
    Sekundenlang herrscht Stille im Zimmer. Nur Perrys aufgeregtes Atmen ist vernehmbar. Dicki hat alles verstanden, wenn das Begreifen auch gar nicht so einfach ist... wie war das ?... Derjenige wird für seine Umwelt unsichtbar? Das gibt es doch gar nicht... Unsichtbar wird man, wenn man sich unterm Bett versteckt, oder im Kleiderschrank... oder unter einem Bretterhaufen... aber so... ungläubig kommt es von seinen Lippen:
    „Aber das gibt’s doch gar nicht, Mister Clifton... ?! “
    Und weil Perry geistesabwesend vor sich hin starrt, setzt er noch hinzu:
    „Man kann sich doch gar nicht unsichtbar machen... Hallo, Mister Clifton — warum sehen Sie mich so an?“
    „Dicki, bin ich verrückt?“
    Dicki schluckt erst den dicken Kloß hinunter, der ihm im Hals sitzt. Mühsam antwortet er dann:
    „Ich glaube nicht, Mister Clifton:“
    Perry scheint plötzlich aus einem Traum zu erwachen. Jetzt lächelt er wieder, und die ungeheure Spannung in Dicki läßt nach. Er stößt einen tiefen Seufzer aus, als sich Perry jetzt wieder neben ihn auf den Boden hockt.
    „Wahrscheinlich war ich gerade dabei, meinen
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