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Ein Fall für Al Wheeler

Ein Fall für Al Wheeler

Titel: Ein Fall für Al Wheeler
Autoren: Carter Brown
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überreden, auf den
Mauervorsprung hinauszuklettern — und ich war es, die ihr die Injektion gab !«
    »Das klingt, als ob Sie auch
noch stolz darauf wären«, sagte ich verwundert.
    »Das verstehen Sie nicht«,
sagte sie erregt. »Sie sind wie alle übrigen, Sie kleben an einer albernen
sentimentalen Moral, die die Menschen an einem wirklichen Kontakt mit ihren
Mitmenschen verhindert. In jeder Stadt auf der ganzen Welt gibt es Millionen
von verzweifelten, bedauernswerten Menschen, die völlig von jeder Verbindung
mit den anderen abgeschnitten sind. Die Einsamen, Lieutenant —«
    »— sind Legion«, beendete ich
ihren Satz. »Dachte ich mir doch, daß das nicht auf Dolores’ Mist gewachsen war .«
    »Deshalb haben wir ursprünglich
den Klub für einsame Herzen gegründet«, sagte sie stolz. »Um den Einsamen zu
helfen, den verlorenen und verschüchterten Menschen der Erde! Was konnte sich
eine dumme kleine Verrückte wie Patty Keller für ihr Dasein erhoffen? Nichts!
Ich habe ihr eine Wohltat erwiesen — eine große und wundervolle Wohltat. Von
der Ekstase des Wissens, daß ihre Träume wahr zu werden begannen — wie sie
dachte — , ging sie unmittelbar in eine Phase friedlichen Vergessens über.
    Und die Mädchen, die von uns
verschifft wurden, Lieutenant? Alle von ihnen waren einsam und verschüchtert —.
Warum sollten sie sonst zu uns gekommen sein? Keine von ihnen konnte einen
anständigen Ehemann finden — es gibt nicht genügend Männer, schon gar
anständige! Wir haben sie dahin geschickt, wo sie mit mehr Männern Kontakt
aufnahmen, als sie sich selbst in ihren kühnsten Träumen erhofft hatten. Wir
schickten sie dorthin, wo sie zu ihrem Vergnügen arbeiten und unablässig in den
Genuß der intimsten Beziehungen kommen konnten, bis...«
    Ihre Stimme hatte sich, während
sie sprach, ständig gehoben, bis sie plötzlich mit einem schrillen Schrei
abbrach.
    »Sarah!« Jacob packte sie
flehend und mit einer Heftigkeit am Arm, die kaum mehr an das Familienfoto von
Anno 1910 erinnerte. »Sarah, Liebe — bitte, nicht!«
    Sie starrte einen Augenblick
lang mit ungläubigem Entsetzen auf seine Hand, als ob sie sie nie zuvor gesehen
hätte. Dann stieß sie sie mit Heftigkeit weg.
    »Wage nicht, mich zu berühren !« schrie sie ihn an. »Du dreckige, gemeine Kreatur? Wag
nicht, mich anzurühren! In den dreißig Jahren unserer Ehe habe ich dir nie
erlaubt, mich zu berühren! Bilde dir also nicht ein, daß...«
    Ihre Augen wurden plötzlich
trübe, und sie sackte in dem Augenblick in ihrem Stuhl zusammen, als Lavers und ein Polizeibeamter in Uniform ins Büro platzten.
    »Was, zum Kuckuck, geht hier
vor, Wheeler ?« fragte der Sheriff schnell. »Wir haben
sie schreien hören — «
    »Sie ist nur ohnmächtig
geworden«, sagte ich. »Sie hat gestanden, Patty Keller umgebracht zu haben. Sie
hat Patty eingeredet, daß es für eine junge ehrgeizige Schauspielerin keine
bessere Publicity geben konnte, als wenn sie sich auf diesen Mauervorsprung
hinausstellte und vorgab, sich hinunterstürzen zu wollen, — und sie hat ihr die Apomorphininjektion gegeben. Aber ich glaube nicht,
daß es je zu einer Verurteilung kommen wird, Sheriff .« Ich wandte mich an Polnik . »Rufen Sie einen
Krankenwagen. Und sagen Sie ihnen, sie brauchen wahrscheinlich auch eine
Zwangsjacke .«
    »Arme Sarah — die Aufregung war
zu viel für sie !« krächzte Jacob plötzlich. »Vielleicht
bin ich letzten Endes doch der Stärkere .«
     
    Ich verließ das Büro und schloß
die Tür hinter mir. Ich nahm mir die Zeit, mir eine Zigarette anzuzünden, bevor
ich auf Sherrys Schreibtisch zuging.
    »Mein Zuckerpüppchen«, sagte
ich und grinste sie voller Wärme an, »heute hat Wheeler endgültig und
unwiderruflich seinen freien Abend. Wie wär’s, wenn du zu mir kämst und mir
einige dieser wundervollen Nummern, die du eingeübt hast, vorführen würdest ?«
    »Du kannst mich...«, sagte sie
und unterzog sich noch nicht einmal der Mühe, mich dabei anzusehen.
    Gegen zehn Uhr abends saß ich
in meiner einsamen Wohnung und lauschte einsamer Musik aus meiner einsamen
HiFi-Anlage, während ich einen einsamen Whisky zu mir nahm. Die Welt war düster
und auf vier einsame Wände zusammengeschrumpft, und ich konnte mich nicht
entschließen, ob ich ausgehen und mich betrinken oder
ob ich zu Hause bleiben und mich betrinken sollte. Dann klingelte es.
    Ich öffnete vorsichtig die Tür,
denn wer weiß schon immer, wessen Ehemann einen langfristigen Groll mit
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