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Ein dunkler Gesang

Ein dunkler Gesang

Titel: Ein dunkler Gesang
Autoren: Phil Rickman
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schließlich mit ansehen, wie sich das Problem von Ihrer Warte aus ständig weiter aufgelöst hat. Ein Ansatzpunkt für spirituelle Grenzfragen nach dem anderen ist den Bach runtergegangen.»
    «Glauben Sie?» Merrily ließ den Kopf auf die Arme sinken und sah Syd von schräg unten an. «Glauben Sie wirklich, dass es überhaupt keinen paranormalen Aspekt bei dieser Geschichte gibt?»
    «Also sehen Sie einen.»
    «Syd», sagte sie. «Wenn ich erst mal ein bisschen geschlafen habe, schreibe ich Ihnen eine Liste.»
    «Meinen Sie, dass die Seelenmesse jetzt noch abgehalten werden sollte?»
    «Ich weiß nicht. Denken Sie, das würde in Wychehill alles in Ordnung bringen? Eitel Sonnenschein und Harmonie, und Mr. Holliday lädt Mr. Khan zum Tee ein? – Ich glaube, die Wahrheit hat manchmal auch allein genügend Heilkraft. Winnie meinte, es gäbe eine eiternde Wunde in den Hügeln. Aber vielleicht hat sie selbst zu der Infektion beigetragen. Vielleicht hat sie – phantasieren wir mal ein bisschen – Elgar verärgert, wo er doch einfach nur in den Hügeln herumradeln und seine traurige Cello-Melodie pfeifen wollte.
    Welches Recht hatte sie dazu? Es war im Grunde ein magisches Ritual, das mit dem Chor in Ihrer Kirche durchgeführt wurde.» Merrily stand auf. «Das
immer noch
durchgeführt wird.»
     
    «Das singt der himmlische Chor vor der Erscheinung des Engels der Qualen», sagte Lol. «Ich glaube, Tim hat es erweitert. Dan hat erzählt, dass noch eine Art Sprechgesang folgt, von dem man richtig high wird.»
    Sie standen in der Parkbucht vor der Kirche von Wychehill. Der Gesang war viel lauter als das letzte Mal.
    «Glauben Sie, wir sollten dafür sorgen, dass sie aufhören?» Syd Spicer stand unter der Laterne. «Wie lange soll es gehen?»
    «Wie viel Uhr ist es jetzt, Syd?»
    «Zwanzig nach zwei.»
    «Es geht bis drei Uhr», sagte Lol.
    «Dann sollen sie bis zum Ende singen.» Syd zog seinen Schlüsselbund aus der Tasche. «Möchten Sie rein?»
    Lol nickte. Im selben Moment nahm Merrily auf dem Friedhof eine Bewegung wahr.
    «Ich komme gleich nach, okay?»
    Keine Sekunde zu früh schob sie sich zwischen zwei Büschen hindurch, denn hinter ihr waren unmittelbar danach Stimmen zu hören, und eine davon gehörte Annie Howe. «Nein, ich weiß nicht genau», hörte Merrily Syd sagen. «Gerade eben war sie noch hier. Möchten Sie vielleicht zuerst mit mir sprechen?»
     
    Sie stand an Joseph Longworths Grabmal unter dem Engel der Qualen. Sie trug eine rosa Strickjacke über einem Sommerkleid mit einem Muster aus Wagenrädern und Rosen. Männliche und weibliche Stimmen wehten durch die warme Sommerluft herüber wie sphärische Klänge.
    «Ich dachte», sagte Merrily, «an den Wochenenden schließen Sie sich in Ihrem Haus ein.»
    «Ich habe am offenen Fenster gesessen», sagte Mrs. Aird. «Und ich habe den Chor gehört. Dann habe ich Sie mit dem Pfarrer und diesem anderen Herrn kommen sehen.»
    Merrily setzte sich auf den Sockel des Grabmals und sah ihr ins Gesicht.
    «Was weiß ich nicht über Sie, Mrs. Aird?»
    «Oje, ist es so offensichtlich?» Sie sah zu dem Engel der Qualen auf.
    «Oh», sagte Merrily, «ich glaube, ich verstehe …»
    «Er war mein Großvater.»
    «Joseph Longworth.»
    «Ich kann mich nicht an ihn erinnern. Er ist gestorben, als ich noch sehr klein war. Er hat der Kirche von Wychehill Geld hinterlassen, das in einem Fonds angelegt ist. Alle zehn Jahre muss der Treuhänder die Zinsen weitergeben. Und da ich zurzeit das älteste Familienmitglied bin, ist das meine Aufgabe. Er wollte, dass mit dem Geld die Verbindung der Kirche mit Elgar aufrechterhalten wird.»
    «Aha.»
    «Wie ich mir habe sagen lassen, war Elgars Musik zu der Zeit, in der mein Großvater sie in den zwanziger Jahren für sich entdeckt hat, nicht sehr beliebt. Er aber hielt sie für die größten musikalischen Werke, die je in England geschaffen wurden. Er wollte etwas für diese Musik tun. Und er wollte auf bescheidene Weise einen Ausgleich für den Schaden schaffen, den er mit seinen Steinbrüchen angerichtet hatte. Und ich glaube, er hatte recht, was die Musik angeht, oder nicht?»
    «Irgendjemand hat mir gesagt, dass er die Kirche von Wychehill als eine Art … Schrein für Elgar erbaut hat.»
    «Jedenfalls bin ich hierhergekommen, um das Erbe meines Großvaters zu pflegen», sagte Mrs. Aird. «Ich bin das erste Mitglied unserer Familie – meinen Großvater eingeschlossen –, das je in Wychehill gewohnt hat. Es war hier
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