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Ein dunkler Gesang

Ein dunkler Gesang

Titel: Ein dunkler Gesang
Autoren: Phil Rickman
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fürchte, ich kann nichts tun. Nicht heute Nacht jedenfalls.»
    «Frannie», gab Merrily erschöpft zurück. «Wo zum Teufel waren Sie?»
    Sie saßen in Syd Spicers Küche. Es war beinahe zwei Uhr nachts.
    «Ich habe nur angerufen, um eine Nachricht zu hinterlassen. Ich hätte nie gedacht, dass Sie noch auf sind.» Bliss klang völlig erledigt. «Ich komme gerade aus Shrewsbury. Habe mit jemandem gesprochen, für den Malcolm France gearbeitet hat. Hat aber nichts Neues gebracht, und ich bin hundemüde, und ich weiß, es geht um Ihre Tochter, und ich weiß, dass Parry ein Freund der Familie ist, aber dieses Mal …»
    «Was?»
    «Sie wissen, dass ich
persönlich
Gomer immer gemocht habe, aber manche Dinge …»
    «Wovon reden Sie da?»
    Bliss hielt inne. «Wo sind Sie?»
    «Ich bin … Sagen Sie mir zuerst, wovon Sie geredet haben.»
    «Von der Anklage gegen Gomer Parry. Ich habe Ihre Nachrichten gehört, aber ich war mitten in einer Ermittlung. Heute kann ich nichts mehr machen.»
    «Gomer. Gomer und Jane? Was haben sie denn getan?»
    «Sagt Ihnen Coleman’s Meadow etwas?»
    «Ich habe davon gehört.»
    «Sie haben sich dort mit einem Bagger ausgetobt. Haben einen Zaun umgerissen und ein teures Auto stark beschädigt.»
    «Geht es ihnen gut?»
    «Oh.
Ihnen
geht es gut. Noch. Dieser Alte ist ein kompletter Irrer, aber das wissen Sie ja. Und Jane … Hören Sie, ich stelle Ihnen morgen einen Kontakt zu jemandem her, aber ich darf offiziell nichts damit zu tun haben.»
    «Deshalb haben Sie mich nicht zurückgerufen? Weil Sie gedacht haben, Sie sollten für Gomer und Jane Ihre Beziehungen spielen lassen?»
    «Ich habe eine furchtbare Nacht gehabt, Merrily. Ich bin mit einer
Mordermittlung
beschäftigt.»
    «Jetzt nicht mehr, Frannie», sagte Merrily.
     
    Die Polizei hatte beide Leichen im Wald gefunden.
    Louis war in den Hinterkopf geschossen worden, offenbar beim Pinkeln. Vermutlich hatte ihm sein Vater angeboten, so lange die Waffe zu nehmen. Preston war ein Stück entfernt entdeckt worden.
    Syd sprach davon, wie eingeschränkt sich Preston Devereaux durch all die neuen Bestimmungen und Regulierungen gefühlt haben musste. Preston hatte darauf reagiert, indem er seine Menschlichkeit abgeworfen hatte wie Ballast.
    Merrily zündete sich eine Zigarette an.
    «Und leider scheint das heutzutage die beste Voraussetzung zu sein, um als Bauer zu überleben. Eine Kuh ist dann auch nicht mehr Daisy, sondern ein Produkt mit einem Streifencode», sagte sie.
    «Der Staat mischt sich auf jeder Ebene in das Leben der Leute ein», sagte Syd. «Niemand empfindet das stärker als die Bauern, deren einzige Gebieter früher die Elemente waren. Die Vorstellung, dass da draußen vollkommen unabhängige Leute leben, gefällt dem Staat nicht, und er lässt es Vorschriften regnen wie eine Heuschreckenplage. Vielleicht dachte Preston, er müsste endlich sein normannisches Erbe als Raubritter einfordern. Die Normannen haben früher die Jagd in den Malverns kontrolliert. Und die Dynastie der Devereaux wollte den Drogenhandel kontrollieren.»
    «Aber er wusste doch, dass er jederzeit auffliegen konnte. Dass er alles verlieren konnte, was seine Familie in Jahrhunderten aufgebaut hat.»
    «Vielleicht», sagte Lol, «hatte er das Gefühl, schon längst alles verloren zu haben.»
    «Sie wissen, dass er hätte flüchten können, als Sie ihn haben gehen lassen», sagte Merrily zu Syd.
    «Ich habe nicht geglaubt, dass er als Flüchtiger leben will», sagte Syd, der inzwischen seine Soutane angezogen hatte. «Und schon gar nicht in Haft. Selbst wenn er persönlich niemanden getötet hat …»
    «Er hat doch jemanden getötet, oder?», sagte Merrily. «Was ist mit den beiden jungen Leuten in dem Auto? Lincoln Cookman und seine Freundin.»
    «Ich meinte ermordet.»
    «Alles ist möglich, und das meiste davon wird niemals herauskommen. Aber das ist nicht unser Problem, oder?»
    «Sollen wir im Krankenhaus anrufen?», fragte Lol.
    «Sie benachrichtigen uns», sagte Merrily. «Tim hat keine Verwandten hier im Land. Jedenfalls sind keine bekannt.»
    Sie schob ihre Tasse weg. Einer der Rettungssanitäter hatte gesagt, dass möglicherweise die Lungenarterie verletzt war.
    «Vielleicht habe ich es in den Sand gesetzt.» Syd zupfte an seiner Soutane. «Kann sein, dass ich die hier ablege.»
    «Die Soutane?»
    «Sie wissen, was ich meine.»
    «Aufgeben passt nicht zu Ihnen, Syd.»
    Er lächelte schwach.
    «Ich bewundere Sie immer mehr, Merrily. Sie mussten
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