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Ein dunkler Gesang

Ein dunkler Gesang

Titel: Ein dunkler Gesang
Autoren: Phil Rickman
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Hause fahren wollte?
    Sie würden ihn in seinem Alter nicht gleich ins Gefängnis stecken bei einer ersten Anklage – jedenfalls hoffte Jane das –, aber er würde vermutlich ein saftiges Bußgeld zahlen müssen, und noch schlimmer war, dass sie ihm den Baggerführerschein entziehen konnten. Und dann würde sich Gomer einfach in irgendeine Ecke schleichen und sterben.
    Alles ihre Schuld.
    Der Nachmittag war trübe und schwül. Träge Wolken schwebten über dem Cole Hill.
    «Warum haben Sie mich hierher geschleppt?», fragte Jane. «Ich habe es vermasselt. Das habe ich doch schon zugegeben.»
    Neil Cooper ging bis zur Mitte der Weide. Er sah eigentlich gar nicht mal so schlecht aus.
    «Aber es ist eine
Ley
», rief Jane ihm nach. «Oder es
war
jedenfalls eine.»
    «Ich glaube eigentlich nicht an Leys», sagte Cooper.
    «Ja, war klar.»
    «Sehen Sie sich das an.» Er beugte sich zum Boden hinunter. «Kommen Sie. Sehen Sie es sich an.»
    «Ach verdammt», sagte Jane. «Sie müssen mir’s noch so richtig reinreiben, was?»
    «Kommen Sie nun her oder nicht?»
    Jane seufzte. Auf was alles musste sie sich sonst noch gefasst machen? Am Montag musste sie zu Morrell. Und ab Dienstag würde sie vermutlich eine andere Schule suchen. Oder einen Job. Sie konnte sich ja bei Jim Prosser vom Gemischtwarenladen als Regalauffüllerin bewerben.
    «Ich habe heute eigentlich frei», sagte Neil Cooper. «Aber ich hatte im Radio von dieser Geschichte gehört und dachte, ich sehe mir das selbst einmal am. Also, hier …»
    Jane ging zu ihm hinüber. Ein großes Stück Ackerboden war wie mit einem Bleistiftspitzer abgeschält worden. Das war Murray gewesen. Aber danach hatte sich dort noch jemand anders mit einem Spaten zu schaffen gemacht und einen Graben ausgehoben. Neil Cooper klopfte mit einer Kelle in die Grabensenke. Ein scharfes Geräusch hallte über die Weide.
    «Wissen Sie, was das ist, Jane?»
    Jane stand schlecht gelaunt am Rand des Grabens, der ungefähr auf der Ley-Linie verlief.
    «Nein.»
    «Das ist ein Stein», sagte Neil Cooper. «Er ist ungefähr vier Meter lang. Und geformt wie eine Riesenzigarre. Er hat etwa einen halben Meter unter der Oberfläche gelegen. Der untere Teil war damals natürlich eingegraben, aber aufgestellt war er immer noch größer als ich.»
    Jane sagte: «Aufgestellt?»
    Cooper ging ein paar Schritte weiter in dem Graben und blieb dann stehen.
    «Zuerst dachte ich, er wäre noch länger, aber dann wurde mir klar, dass …» Er bückte sich wieder und klopfte erneut mit der Kelle auf den Boden des Grabens. «Dass
das hier
ein zweiter Stein ist.»
    «Wie meinen Sie das?»
    «Und dann habe ich mit ein paar Freunden noch ein bisschen weitergegraben, und wir haben einen dritten gefunden.»
    «Was?»
    «Haben Sie schon einmal die
Harold’s Stones
in Trellech gesehen? Das muss so ungefähr vierzig Meilen von hier entfernt liegen.»
    «Ja, so in etwa.»
    Sie war mit Eirion schon zweimal dort gewesen. Die
Harold’s Stones
waren einfach großartig. Jane spürte, dass sie blass wurde.
    «Vermutlich sind die hier nicht
ganz
so groß», sagte Neil Cooper. «Aber wenn wir sie aufstellen, sind sie mindestens so hoch wie
Wern Derys
, und das sind die höchsten prähistorischen Menhire in Herefordshire. Und wenn das hier noch dazu eine
Reihe
ist …»
    «Wer
sind Sie

    «Ich glaube, wir haben uns schon einmal gesehen, als ich an der Renovierung des Cantilupe-Grabmals in der Kathedrale gearbeitet habe. Ihre Mutter habe ich dort auf jeden Fall gesehen. Ich bin jetzt beim archäologischen Amt des Countys angestellt.»
    Cooper hatte sich wieder aufgerichtet.
    «Jane, diese Steine waren jahrhundertelang hier unter der Erde verborgen. Es gibt keinerlei mündliche oder schriftliche Überlieferung dazu. Eine Zeitlang haben die Bauern das absichtlich gemacht, weil sie beim Pflügen gestört haben.»
    «Die Steine vergraben?»
    «Oder zertrümmert. Glücklicherweise ist das hier nicht der Fall, der erste in der Reihe ist von Mr. Murrays Bagger allerdings ein bisschen angeschlagen worden. Aber – wenn er nicht so entschlossen gewesen wäre, Ihre … Ley-Linie zu zerstören, hätten wir von diesen Steinen, wenn überhaupt, erst im Zuge der Baumaßnahmen erfahren, und dann wäre nur noch eine archäologische Bestandsaufnahme möglich gewesen, weil die Baugenehmigung schon vorgelegen hätte. Jetzt allerdings ist es etwas ganz anderes.»
    «Das sind richtige, echte prähistorische Megalithen?»
    Janes Stimme klang wie
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