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Ein Cowboy aus Manhattan

Ein Cowboy aus Manhattan

Titel: Ein Cowboy aus Manhattan
Autoren: Carter Brown
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Augen unter dem
kurzgeschorenen, grauen Haar starrten mich angewidert an, als sei ich etwas,
das die Müllabfuhr schon vor einer Woche hätte entfernen sollen.
    »Es
ist Hochsaison«, sagte er kalt. »Die ganze verfluchte Stadt ist vollgestopft
mit lausigen Touristen — da ist ein Haufen Hippies, der mir den letzten Nerv
raubt, dort läuft ein Verrückter herum, der ältliche Witwen vergewaltigt — ,
und jetzt auch noch Sie.«
    »Herzlichen
Glückwunsch«, sagte ich.
    »Wozu?«
Er zog die buschigen Augenbrauen hoch. »Zu Ihnen vielleicht?«
    »Zum
Captain«, sagte ich fröhlich. »Sie verdienen es.«
    »Ich
sollte Ihnen eins auf Ihre freche Schnauze geben«, grollte er. »Der Polizeichef
brauchte jemanden, der sich für einen Fehler, den er gemacht hatte,
rösten ließ. Die Beförderung war nur das Trostpflaster.«
    »Trinken
Sie etwas?«
    »In
dieser Höhle weiß jeder, was ich trinke.«
    Als
wollte er seinem Spruch Nachdruck verleihen, tauchte ein Kellner am Tisch auf
und stellte einen jener lausigen Rumcocktails vor ihn hin.
    »Das
ist der doppelte Preis für die Hälfte Sprit«, sagte ich und wollte hilfreich
sein.
    »Wen
kümmert das?« grunzte er. »Sie zahlen.«
    »Die
besonderen Eigenheiten Ihres Charmes hatte ich fast vergessen«, sagte ich.
»Wahrscheinlich ist eben nichts Bemerkenswertes daran.«
    Er
nippte finster an seiner Kokosschale und brummte mich dann an: »Na schön, Boyd,
wo ist sie?«
    »Wer?«
    »Die
Leiche.«
    »Keine
Leiche«, versicherte ich.
    »Was,
zur Hölle, wollen Sie dann von mir?«
    »Einen
guten Rat«, sagte ich. »Hilfe.«
    »Sie
machen Witze!« Er hätte sich beinahe an seinem Drink verschluckt. »Einen guten
Rat kann ich Ihnen gern geben: Machen Sie, daß Sie aus Santo Bahia kommen, ehe
ich Sie wegen Erregung öffentlichen Ärgernisses festnehmen lasse. Sie erfüllen
den Tatbestand schon durch Ihre bloße Anwesenheit.«
    »Ein
Mann namens Joe Hill«, fragte ich. »Kennen Sie den?«
    »Nicht
daß ich wüßte.«
    »Vielleicht
seine Partner? Willie Farrel , Walt Carson, Fay Nichols. Ihre
richtigen Namen klingen wahrscheinlich anders.«
    »Ob
ich drei Typen kenne, deren Namen wahrscheinlich falsch sind?« Ganze drei
Sekunden lang hielt er die Augen geschlossen. »So aus dem Handgelenk, ohne mir
große Mühe zu geben, kann ich mir mindestens dreißig Leute vorstellen, deren
Namen wahrscheinlich falsch sind. Sind Sie damit zufrieden, Boyd?«
    »Farrel
ist groß und kräftig, hat lange blonde Haare, lacht viel. Carson ist ungefähr
dreißig, mittelgroß, schlank, dunkles Haar. Und die Dame müßte fünfundzwanzig
sein, gute Figur, grüne Augen, kurzes braunes Haar.«
    »Was
machen sie denn?« grunzte er. »Auf Popkonzerten danebensingen?«
    »Weiß
ich nicht«, sagte ich. »Ich soll sie für einen Klienten finden. Wahrscheinlich
Betrüger oder so.«
    »Und
sie sind hier in Santo Bahia?«
    »Das
hoffe ich«, sagte ich eifrig.
    Er
trank aus, schnalzte mit den Fingern, und ein neuer Rumcocktail nahm fast
augenblicklich den Platz des alten ein. »Wenn Sie mich fragen«, sagte er
langsam, »dann haben Sie einen verrückten Klienten. Aber das paßt, denn wer
sonst würde Sie schon anheuern?«
    »Joe
Hill«, sagte ich verzweifelt. »Noch ein Großer, Kräftiger Mitte Fünfzig. Dichte
schwarze Haare, graue Schläfen, buschiger Schnauzbart. Tiefe Stimme, und auch
der lachte viel.«
    »Sie
geben vorzügliche Beschreibungen, Boyd«, sagte er träge. »Ich wette, ich kann
fünf Joe Hills — oder Leute, auf die Ihre Beschreibung paßt — hier in dieser
Bar auftreiben.«
    »Aber
die Leute, die Sie auftreiben können, sind ehrlich«, sagte ich. »Der Joe Hill, nach
dem ich suche, war das nicht.«
    »Betrüger?«
    »Vielleicht.«
    »Vielleicht?«
Er seufzte mitfühlend. »Was ist denn das für ein Klient, den Sie da haben? Wer
bezahlt Sie, damit Sie Phantome jagen?«
    »Joe
Hill ist tot«, sagte ich. »Mein Klient ist an seinen drei Partnern
interessiert.«
    »Woran
ist er gestorben?«
    »Es
war ein Unfall.«
    »Wo?«
    »In
Wyoming.«
    Schell
zuckte die Achseln. »Geben Sie mir ein Foto von ihm, dann lasse ich jemanden in
den Akten nachsehen.«
    »Besten
Dank«, sagte ich bitter.
    »Und
wenn mir ein Mann namens Joe Hill über den Weg laufen sollte, lasse ich ihn vom
Gerichtsarzt untersuchen und feststellen, ob er tot ist oder nicht.« Seine
zweite Kokosnuß trank er mit überraschendem Tempo
aus. »Mehr als das kann ich beim besten bösen Willen nicht tun.«
    »Ich
schicke Ihnen eine Rechnung für
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