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Ein cooler Typ aus der Hölle

Ein cooler Typ aus der Hölle

Titel: Ein cooler Typ aus der Hölle
Autoren: Stefan Wolf
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Kellerraum.
    Martin war längst zurück und
zur Seite gewichen, beobachtete nur mit einem Auge unter dem Gartentisch
hindurch, wäre nicht entdeckt worden bei einem zufälligen Blick Wienerfelds zum
Fenster.
    Dieses Stück Dreck!
    Immer wieder hatte sich Martin
vorgestellt, was er empfinden würde, wenn er Dukes Mörder fand. Nicht zu
bremsender Hass? Vernichtende Wut? Jähzorn mit tätlichem Angriff?
    Jetzt war der Ire erstaunt über
seine Ruhe. Wohl auch, weil er den Zusammenhang begriff.
    Er ließ den Daumen auf der
Klingel neben der Haustür. Die hatte ein kleines Fenster als Einsatz, geschützt
von einem schmiedeeisernen Gitter.
    Der Ton der Klingel passte zu
der gediegenen Villa, war nicht schrill, sondern ding-dong-melodisch, fast wie
ein Gong.
    Der Hausherr kam ins Entree,
jetzt Verkniffenheit auf dem Bulldoggen-Gesicht. Er sah zur Tür und fragte sich
wohl, wieso der Störenfried schon dort war und nicht draußen am verriegelten
Tor.
    Martins Fingerknöchel trommelte
gegen das Fensterchen.
    Wienerfeld war mittelgroß,
stämmig, mit sich mehrendem Fettansatz. Für einen Mittvierziger wirkte er
verbraucht, hatte bläuliche Tränensäcke im flachen Gesicht, Wulstlippen und
wässerige Augen ohne Ausdruck. Dünnes Haar in strohblond. Zu Hause trug er
weite Cordhosen und lappige Strickjacken. Das Schönste an ihm waren die
überkronten Zähne, mit Jacketkronen auf natürlich getrimmt und so echt wie der
Body eines Models, m/w, nach der zwölften Schönheitsoperation.
    Blick durchs Fensterchen. Der
Gärtner, aha! Wienerfeld öffnete die Tür.
    „Was wollen Sie denn jetzt
noch? Wissen Sie, wie spät es ist, Mcfish?“
    Martin starrte ihn an. „Ich
hatte meine Uhr auf der Terrasse vergessen. Was für eine Fügung! So konnte ich Sie
jetzt beobachten, Sie Tiermörder!“
    „Was? Was ist los?“
    „Sie haben das restliche Gift
beseitigt. Curaptozid. Damit haben Sie meinen Hund vergiftet.“
    Wienerfeld starrte zurück.
„Spinnen Sie? Schlägt Ihnen die Kälte aufs Gehirn?“
    „Sie... Sie haben Duke
getötet.“

    Wienerfeld zog sich einen
Schritt zurück und ließ die Hand auf der Türklinke. Ein Grinsen spielte um
seinen Mund.
    „Mcfish! Ich konnte Ihren Köter
nicht leiden. Das ist richtig. Aber das ist doch kein Grund, ihn umzubringen.
Welchen Grund sollte ich haben? Heh?! Nennen Sie mir ein überzeugendes Motiv.
Wenn’s mich beeindruckt und logisch ist, dann — ja, dann gebe ich zu: Ich
war’s.“ Er lachte. „Natürlich würde ich’s nur Ihnen sagen, Mann. Niemandem
sonst. Also?“
    Martin las in seinen wässerigen
Augen. Tatsächlich! Der wusste Bescheid. Der wusste alles. Der wusste, was da
gelaufen war hinter seinem Rücken.
    Martin hatte es heimlich
abgewickelt. Nicht aus Feigheit, sondern aus nützlicher Klugheit. Warum sich
Ärger einhandeln als Fremder in einem fremden Land — zumal als ein Verfolger
aus dem politischen Untergrund seiner Heimat, in die er sich vermutlich nie
wieder zurück wagen konnte.
    „Verstehe, Wienerfeld. Sie haben
es mir heimgezahlt. Auf niederträchtigste Weise. Aber damit ist das Spiel nicht
zu Ende. Jetzt geht’s erst los.“
    „Was? Wovon schwafeln Sie,
Mcfish? Ich denke, Sie wollen mir mein Motiv erklären.“
    „Mache ich gern. Wir wissen es
beide, und es ist schnell erzählt. Sie besaßen illegal Waffen. Jagdgewehre und
Handfeuerwaffen. Heimlich haben Sie streunende Hunde abgeschossen. Im
Staatsforst, im Heimwasserwald, am Elchbuckel. Sechs tote Hunde. Meistens waren
sie nur mal für einen Moment beim Spaziergang abgehauen. Die Hundebesitzer
hörten den Schuss, sahen aber nichts vom Schützen — von Ihnen. Bis auf mich.
Ich habe Sie beobachtet, als Sie den altdeutschen Schäferhund mit zwei Schüssen
abgeknallt haben. Am Sonntag vor zwei Wochen keine hundert Meter entfernt von
dem Parkplatz am Staatsforst. Und Sie haben mich auch gesehen — jedenfalls
meinen Wagen.“
    Mit gespieltem Erstaunen riss
Wienerfeld die Augen auf. „Soll das heißen, dass ich Ihnen die Anzeige verdanke
— dass deshalb die Polizei hier war und meine Waffen gefunden und beschlagnahmt
hat? Ich werde jetzt angeklagt wegen illegalem Waffenbesitz. Wird zwar nur ‘ne
Geldstrafe, aber ‘ne saftige. Ein Glück nur, dass die Kadaver der Hunde schon
beseitigt waren, was? Dass die auf mein Konto gehen, kann mir keiner nachweisen.
Jaja, die Tierkörperbeseitigung. Ihr Köter ist auch dort gelandet, wie?“
    „Duke wurde im Tier-Krematorium
eingeäschert. Ich habe seine Urne.“
    Wienerfeld
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