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Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser

Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser

Titel: Ein Bündel Geschichten für lüsterne Leser
Autoren: Henry Slesar
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ich anrufen will!« Verzweifelt fuchtelte er mit den Händen. »Hören Sie – ich bin doch bloß etwas zu schnell durch diese verdammte Stadt gefahren. Verstehen Sie denn nicht? Ich bin doch bloß zu schnell gefahren.«
    »Ist das alles, was Sie mir sagen wollen?«
    »Nein – warten Sie.« Gorwald griff nach seiner Brieftasche. »Hören Sie – wie wäre es, wenn...«
    Der Sheriff gaffte ihn ehrlich erstaunt an. Im gleichen Moment wusste Gorwald, dass er wieder einen Fehler gemacht hatte. Er steckte die Brieftasche ein und verfluchte diese idiotische Ehrlichkeit, die ihn in diese Situation gebracht hatte. Er wollte gerade auch den Sheriff verfluchen, als sich die Vordertür öffnete und der stämmige Hilfssheriff hereinkam, das Gesicht gerötet und vor Neuigkeiten fast platzend.
    »Bist du schon wieder zurück?« sagte der alte Mann. »Ich dachte, du wolltest mit Carlie zu den Fremonts fahren?«
    »Ich bin nicht mit Carlie gefahren – er ist alleine los. Er meinte, ich sollte lieber hierbleiben, als er drüben bei McMurtrie die vielen Leute sah...«
    Er packte den Sheriff am Arm und zog ihn zur Seite, aber Gorwald, der sich an die Gitterstäbe presste, konnte ihr Gespräch trotzdem verstehen. »Irgendwas ist im Gang, Monty. Als wir nach draußen kamen, sahen wir, dass vor dem Lokal der McMurtrie ziemlich viele Leute herumlungerten und aufgeregt redeten – du weißt selbst, wie das so ist. Mac strahlte natürlich wie ein Schneemann, weil er mit seiner Kneipe ein Geschäft macht wie sonst zu Silvester. Carlie meinte, dass wir vielleicht Ärger bekämen, und sagte, ich solle lieber hierbleiben und die Leute ein bisschen im Auge behalten.«
    »Was denn für Ärger?« sagte der alte Mann einfältig. »Was tust du eigentlich plötzlich so geheimnisvoll?«
    »Nicht so laut!« flüsterte Sandy. Bedeutungsvoll zeigte er mit dem Daumen auf die Zelle des Monteurs. »Sag mal, Monty, du kennst doch ein paar von den Burschen aus dieser Stadt – du weißt doch selbst, wie gefährlich sie werden können, wenn man sie ein bisschen aufputscht. Und glaubst du etwa, die wüssten nicht, was mit dem Mädel passiert ist – sowas kann man einfach nicht geheimhalten. Und genau darüber reden sie jetzt da drüben. Verstehst du?«
    »Was ist denn daran so verdammt ungewöhnlich? Das ist die größte Sache, die hier in der Gegend passiert ist, seit Teddy Roosevelt, der Präsident, damals hier durchgekommen ist. Was glaubst du denn, worüber die jetzt reden sollten – etwa übers Angeln?«
    »Monty, du bist schon lange Sheriff, aber so was hast du in deinem Leben noch nicht gesehen.«
    »Kannst du nicht deutlicher reden?« Der alte Mann zog die Stirn kraus.
    »Die Burschen drüben lassen sich langsam mit Schnaps vollaufen, und reden tun sie, als wären sie alle verrückt geworden. Weißt du jetzt, was ich meine? Über den da reden sie.« Wieder deutete der Daumen auf die Gefängniszelle. Gorwald, der an der Tür seiner eigenen Zelle stand, hielt den Atem an.
    »Du bist übergeschnappt«, fuhr der Sheriff dazwischen. »Willst du mir etwa weismachen, dass die da drüben ihn lynchen wollen?« Er gluckste leise. »Sam Dugan und Vince Merrit und die anderen komischen Kerle? Du bist wohl nicht ganz klar, Sandy!«
    »Ich war drüben«, sagte Sandy wütend und packte den knochigen Arm des alten Mannes fester. »Ich habe selbst an der Theke gestanden. Die meisten sind schon eine ganze Zeit ohne Arbeit, seit der Überschwemmung, und da genügt schon ein ganz kleiner Anlass, dass sie losschlagen. Ich habe es selbst einmal erlebt, damals in Riverhead, 1937. Du kannst mir glauben, Monty – da drüben braut sich was zusammen.«
    Der alte Mann befreite sich aus dem Griff des Hilfssheriffs und trat an das kleine Fenster neben der Tür. Er blickte in die aufkommende Dunkelheit hinaus, entdeckte jedoch nichts, was ihn interessieren konnte. Dann kehrte er an seinen Tisch zurück und legte seine Hand auf den Telefonhörer. »Und wenn ich vielleicht Mac anriefe...«
    »Nun glaub mir doch endlich, Monty – ich habe den Burschen doch zugehört. Wir müssen irgendwas tun, und zwar möglichst sofort!«
    »Was kann ich denn tun? Die Staatspolizei anrufen? In einer halben Stunde könnten sie hier sein.«
    »Das dauert zu lange. Wenn wir vielleicht Carlie zurückholten ...«
    »Sandy, ich kann es mir einfach nicht vorstellen!«
    Sandy schnaubte. »Und wenn er am Strick baumelt – wirst du es dann vielleicht glauben?«
    Er hatte laut gesprochen – so laut, dass
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