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Ein bretonisches Erbe

Ein bretonisches Erbe

Titel: Ein bretonisches Erbe
Autoren: Valerie Menton
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hatte nun genug davon, sprang auf und stieß den Stuhl, auf dem sie gesessen hatte, dabei mit einem zornigen Ruck bis an die Wand zurück.
    „Jetzt fällst du mir auch noch in den Rücken?“, stieß sie fassungslos hervor. „Er ist dein Vater! Du hättest, als sein Sohn, die verdammte Pflicht, seinen Letzten Willen zu erfüllen.“
    An dieser Stelle hatte Yannik sich eingemischt und wenig unterstützend gemeint:
    „Aber, wenn die Zeit diesen Wunsch doch längst überholt hat? Wenn er es doch sicher gar nicht mehr wirklich wollte…?“
    Yuna war nach diesem Einwurf richtig wütend geworden. „Ach, das weißt du also? Hast du eigentlich jemals mit ihm darüber gesprochen? Ich glaube kaum! Aber ich habe mit ihm gesprochen, immer wieder und wenn ihr es nicht wisst, was sein Letzter Wille war, ich weiß es! Es war für ihn immer unvorstellbar, dass das, was nach seinem Tod von ihm übrig bleiben würde, auf einer umzäunten Grabparzelle auf dem Urnenfriedhof verscharrt werden sollte. Und wisst ihr was? Ich kann das verstehen. Selbst ich würde an einem solchen Ort nicht meine letzte Ruhe finden können und ein Freigeist wie Großvater schon gar nicht. Er war immer in Bewegung und darum gehört er dahin, wo immer Bewegung ist, ins Meer.“
    „Aber es ist doch völlig egal, Yuna, wo jemand beerdigt ist. Tot ist tot. Das merkt er doch gar nicht mehr“, warf Yannik unsensibel ein. „Darum musst du doch jetzt nicht so einen Aufriss machen.“
    Das brachte sie noch mehr ihn Rage. Hatte er denn gar kein Ehrgefühl? Offenbar nicht und weil Yuna sich gegen die ganze Familie keine Chance ausrechnete, beschloss sie, die Diskussion mit einem letzten Statement zu beenden.
    „Wenn ein Mensch eine letztwillige Verfügung trifft, dann muss man die respektieren, das sollte Papa als Jurist eigentlich wissen. Aber wenn ihr es nicht tut, dann werde ich es halt machen. Ich finde, Opa hat es nicht verdient, dass sein Herzenswunsch von euch so missachtet wird. Ich verstehe, dass Juliette sich noch einmal im Abglanz seines Ruhms sonnen möchte, so ist sie eben, aber dass ihr da mitmacht, erschüttert mich. Ihr seid richtig miese Egoisten!“
    Nach dem letzten Satz hatte Yuna sich herumgedreht und mit erhobenem Kopf das Esszimmer verlassen. Es war dies der Moment, in dem ihr endgültig bewusst geworden war, dass sie eine Mission zu erfüllen hatte.
    In ihrem ehemaligen Jugendzimmer begann sie darum sofort einen Plan zu entwerfen. Erst als alles gründlich durchdacht war, stieg sie ins Bett, wo ihr sofort die Augen zufielen.

    Am Freitag hob sie eine größere Summe Geld von ihrem Konto ab und am Abend desselben Tages packte sie ein paar persönliche Dinge in ihren Rucksack. Hauptsächlich Unterwäsche zum Wechseln.
    In der Nacht auf Samstag nahm sie den Goethe-Spruch von der Wand und schlich gegen Mitternacht in die Garage.
    Dort hatte sie dann das von ihrem Bruder geborgte Motorrad stehen sehen und der steckende Schlüssel hatte auf sie eine gerade zu magische Anziehungskraft ausgeübt.
    Ihr Ärger über ihren Bruder und die Verlockung, einmal wieder auf einer solchen Maschine zu sitzen, waren einfach übermächtig und verstärkten sich gegenseitig, so dass sie wie selbstverständlich und ohne jedes Unrechtsbewusstsein das schwere Motorrad auf die Straße geschoben hatte. Sie war dabei noch umsichtig genug gewesen, es erst hinter der nächsten Häuserecke anzuwerfen, damit ihr Bruder nicht geweckt wurde und wohlmöglich Verdacht schöpfen konnte. Danach war sie mit der zunächst etwas ungewohnt bockigen Maschine zum Hintereingang des Friedhofs gefahren und hatte dort unverzüglich ihr heimliches Werk begonnen. Angetrieben von dem einzigen Ziel, die Asche ihres Großvaters zu entführen und zu ihrem letzten Bestimmungsort nach Frankreich in die Bucht der Verstorbenen zu bringen.
    Yuna musste bei dem Gedanken an diese Aktion lachen und tätschelte den Tank zwischen ihren Beinen mit einer liebevollen Geste.
    „Du bist wirklich ein Himmelsgeschenk“, murmelte sie dabei und die Hand fest am Gasgriff, genoss sie das sich immer stärker einstellende Gefühl einer symbiotischen Verbindung zwischen sich und der Maschine.
    Die unmittelbare Empfindung einer kräftigen, vorwärts drängenden Energie ergriff von ihr Besitz und da war auch plötzlich wieder, jener Rauschzustand, der eintrat, wenn Geschwindigkeit sich im eigenen Körper zu schwereloser Freiheit transformierte.
    Eine Zeit lang war sie süchtig danach gewesen, genau wie ihr Freund
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