Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Ein Band aus Wasser

Ein Band aus Wasser

Titel: Ein Band aus Wasser
Autoren: Cate Tiernan
Vom Netzwerk:
brachten. Es war interessant, wie sich ein Haus anfühlte, sobald es von einem Mann betreten wurde. Wir waren drei Frauen, unsere Schritte leicht und unsere Energie relativ glatt. Das Haus um uns herum vermittelte uns einen unerschütterlichen und starken Eindruck. Doch sobald ein Mann hereinkam, war alles anders. Die Energie lud sich auf, pulsierte, ihre Schritte waren so viel schwerer, ihre Stimmen lauter und sie nahmen mehr Raum ein als eine Frau.
    » Oh, Clio«, sagte Nan mit immer noch schwacher Stimme. » Wir haben … Besuch.«
    Die Art, wie sie das sagte, ließ mich aufblicken. Ihr musste doch klar sein, dass ich die Ankunft der beiden gefühlt hatte. Ich fragte mich, ob sie Richard immer noch böse war oder ihm bereits verziehen hatte. Sie wusste von den Spannungen und der komischen Stimmung zwischen Luc, Richard, Thais und mir, allerdings ohne die genauen Zusammenhänge zu kennen. Zumindest betete ich, dass sie das nicht tat.
    » Nun, das Abendessen ist fertig«, erwiderte ich knapp, zog einen Stuhl unter dem Tisch hervor und setzte mich. Nan kam in die Küche, gefolgt von den zwei Männern, mit denen ich mich auf dem Boden herumgewälzt hatte und die ich inzwischen verabscheute. Mehr oder weniger. Ich nahm einen großen Schluck E i stee und wünschte, es wäre Jack Daniels.
    Dann sah ich Lucs Gesicht und beinahe wäre mir der Eistee wieder zur Nase rausgekommen. Ich hörte, wie Thais hinter mir nach Luft schnappte, und plötzlich ergaben Nans Zögern und ihr seltsamer Ton einen Sinn. Ich schluckte, hustete und versuchte den Tee herunterzubekommen, bevor ich ihn quer über den ganzen Tisch spucken würde.
    Mit einer Serviette vor dem Mund brachte ich endlich mühsam hervor: » Was ist mit deinem Gesicht passiert?«
    Ich blickte in Richards dunkle Augen. Der Ausdruck auf seinem Gesicht sprach Bände. Er hatte definitiv dabei sein wollen, wenn ich Lucs Gesicht zum ersten Mal sah.
    » Setz dich, Luc«, murmelte Nan und zog ihren Stuhl unter dem Tisch hervor. Unsere Küche war klein, unser Tisch noch kleiner. Nur drei Leute hatten zugleich daran Platz. Ich schaute Thais an, die mit großen, erschrockenen Augen am Ofen lehnte. Unsere Blicke trafen sich. Ihre Lippen formten die Worte heilige Scheiße und ich nickte.
    Luc ließ sich mir gegenüber nieder. Er sah elend aus. Oder zumindest dachte ich, er würde elend aussehen – es war schwer, seinen Gesichtsausdruck zu deuten. Ich meine, eigentlich hätte man nicht mal sagen können, ob er überhaupt ein menschliches Wesen war. Luc, einer der heißesten, attraktivsten Jungs, die ich je gesehen hatte, wunderschön gebaut, mit wunderschönen dunkelblauen Augen und einem wunderschön geschnittenen Mund, dem ich nicht hatte widerstehen können … und nun sah er aus wie … ein Es.
    Sein Gesicht war übel zugeschwollen, seine Gesichtszüge bis zur Unkenntlichkeit entstellt. Seine Augen schienen klein wie die eines Schweins und wurden von seinem aufgedunsenen Fleisch fast ganz verdeckt. Seine Haut, die normalerweise so fantastisch, perfekt und gebräunt aussah, war jetzt wächsern, teigig und mit tausenden Pusteln übersät. Ganz offensichtlich hatte ihm das Rasieren Schwierigkeiten bereitet. Stoppeln, die sicher schon ein paar Tage alt waren, wucherten über Wangen und Kinn, und das nicht auf eine sexy Art.
    Es sah aus wie ein Monster.
    » Jup«, sagte Richard, während er zum Kühlschrank ging und sich eins von Nans Bieren griff. » Schätze, irgendjemand bei dem Ritus wollte, dass das Aussehen der Beteiligten zu ihrem Inneren passt.«
    » Halt’s Maul«, antwortete Luc. Seine Stimme klang, als habe man sie über eine Parmesanreibe gerubbelt. Er hörte sich kläglich an, Lichtjahre entfernt von seiner üblichen lebensüberdrüssigen Ironie.
    Richard grinste und prostete ihm mit seinem Bier zu. Dann legte er den Kopf zurück und trank. Ich versuchte, alle Bilder, in denen ich diesen Hals küsste und zärtlich in ihn hineinbiss, aus meinen Gedanken zu verdrängen.
    » Aber was ist denn nur passiert?«, fragte Thais noch immer entsetzt. » Hat dir das jemand angetan? Oder war es etwas, das du gegessen oder berührt hast? Gift vielleicht?«
    Luc lachte trocken. » Nein, das ist Magie. Ich weiß nicht, wer das gewesen ist und weshalb er oder sie das getan hat. Aber ich schätze, jemand wollte mir eine Lektion erteilen.«
    Sein Blick glitt von Thais zu mir und ich runzelte die Stirn. Er wusste, dass Thais und ich allen Grund hatten, ihn zu hassen, aber keine von uns
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher