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Ein Ami in Tirol

Ein Ami in Tirol

Titel: Ein Ami in Tirol
Autoren: Peter Steingruber
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deine Würste«, erinnerte Eva. »Aber entsinn dich, dass du uns gestern ermahnt hast, deinen Trachtenanzug zu überprüfen. Vater, der sieht grauenhaft aus. Hast du ihn zum Ackern angehabt?«
    »Die paar Flecken«, meinte er verächtlich und kratzte sich ein wenig schuldbewusst hinter dem Ohr. Dass es ihn beim letzten Stammtisch nach etlichen Halben auf dem Heimweg in die Haselnusshecke gewedelt hatte, verschwieg er tunlichst.
    »An den paar Flecken arbeiten wir schon seit einer Stunde. Und wo, um alles in der Welt, ist dein Charivari? Du gehst doch nie ohne das aus.«
    »Im Nachtkastlschub wird es sein, oder im Kasten, oder vielleicht auch in der Truhe«, überlegte er sinnierend. »Nein, ich könnt es auch in eine Hosentasche gesteckt haben. Oder es ist mir beim Ausziehen heruntergefallen und unter die Bettstatt gerutscht?«
    »Schöne Aussichten«, lobte Eva. »Da werden wir bis Weihnachten suchen müssen.«
    »Vorher will ich meine Würste«, beharrte er. »Mit dem bissel Anzug wird man ja wohl noch fertigwerden. Und lass die Emerenz nie wieder den Kaffee machen. Da, probier ihn.«
    Eva nahm einen kleinen Schluck.
    »Naja, ein bissel dünn ...«
    »Dünn nennst du das? Da braucht man braune Tassen, damit man den Boden nicht sieht. Tu mir die Liebe und schüft das Gebräu fort.«
    Eva seufzte. Eine gute Viertelstunde später standen die Weißwürste vor ihm, ebenso ein frischer Kaffee und frisch aufgebackene Semmeln. Das versöhnte Alois Palauer wieder mit seiner Umwelt.
    »Kann ich jetzt wieder hinauf?«, fragte Eva ungeduldig. »Ich will sehen, wie weit Linda mit deinem G'wand ist. Und irgendwann wollen wir auch fertigwerden und uns nicht bis auf die letzte Minute hetzen mussen.«
    »Ja«, erlaubte er behaglich kauend. »Aber zuvor möchte ich gerne wissen, was es heute zu Mittag gibt.«
    »Nichts.«
    »Nichts?« Er riss die Augen auf. »Seit wann gibt es denn das, dass es bei uns nichts gibt?«
    »Jedes Jahr am Schützenfest«, sagte Eva. »Wir essen immer, und das weißt du genau, an diesem Tag beim Ochsenwirt.«
    »Ach so, ja, na ja, das muss ich vergessen haben«, brummelte er und schob den letzten Wurstzipfel unter seinem mächtigen Schnurrbart hinein.
    Seufzend verließ Eva die Stube. Man hörte ihre leichtfüßigen Schritte auf der Stiege verklingen.
    »Und jetzt, solange die beiden nicht herunten sind«, sagte der Palauer zu sich selbst und kicherte, »jetzt gönn ich mir einen Schnaps.«
    Er stand auf, ging zur Anrichte und versuchte leise die Tür zu öffnen. Er wusste, sie knarrte immer ein wenig. Doch bis hinauf würden es die zwei ja wohl kaum hören.
    Nachdem Alois keine Gläser finden konnte, zog er den Stöpsel kurzerhand aus der Flasche und war eben dabei anzusetzen, als die Tür aufging.
    »Bauer, Bauer, wenn das die Töchter wissen!«, mahnte Emerenz und schlurfte in ihren zu weiten Latschen heran.
    »Wenn du ihnen nix erzählst und deine Gosch'n halten kannst, werden sie es nicht erfahren.«
    »Na ja, ich tät ja schon ...«
    »Da«, sagte Alois. »Nimm auch einen Schluck. Na, nimm schon!«
    Emerenz schnappte die Flasche, setzte sie an und ließ das scharfe Gebräu wie Wasser durch die Kehle rinnen, bis ihr von Alois die Flasche wieder abgenommen wurde.
    »Ich mein, jetzt langt es. Sonst latscht du heut beim Tanz deinem Hansgirgl die Füße breit«, meinte Palauer schmunzelnd.
    »Mit dem ist es aus«, berichtete Emerenz.
    »Ach?«
    »Ein neues Perfum, oder wie das heißt, hab' ich mir gekauft. Und der Hansgirgl hat gemeint, ich tät schlimmer stinken wie die Dame, die voriges Jahr beim Ochsenwirt logiert hat. Und das ist eine Beleidigung, oder nicht?«
    »Na ja«, zweifelte Alois lächelnd. »Jetzt schau, dass du weiterkommst. Und halt den Rand, gelt?«
    »Ich schweig wie ein Grab«, versicherte sie und hielt inne. »Da kommt wer, Bauer. Schnell, die Flasche!«
    Die verschwand rasch in der Anrichte, und die Emerenz stellte sich als Zusatzsicherung mit dem Rücken davor, während sie und Alois zur Tür blickten.
    Von dort her ertönte ein Klopfen.
    »Das wird die Bäuerin nicht sein?«, vermutete Emerenz.
    »Kaum«, gab ihr der Altbauer recht. »Herein!« rief er daraufhin mit markiger Stimme.
    Es öffnete sich die Tür. Beide blickten dem Eintretenden gespannt entgegen. Er trug eine Bekleidung, wie sie in diesem Landstrich vollkommen unbekannt war. Eine Art Cowboyhose, ein kariertes Hemd und eine braune Lederjacke mit Fransen daran. Auf seinem Kopf saß ein etwas eigentümlicher Hut. Sofort
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