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Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Eigentlich bin ich eine Traumfrau

Titel: Eigentlich bin ich eine Traumfrau
Autoren: Jana Seidel
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Heuchelei doch in jeder Form ab – außer vielleicht wenn es um Geschenke meiner Freunde geht. Na ja, vielleicht greife ich auch gelegentlich zu der ein oder anderen kleinen Notlüge. Aber das macht
doch jeder, oder? Ich tue so, als läse ich den Klappentext. Dann lächele ich Peter zögernd zu. »Das klingt ja wahnsinnig interessant.«
    Zum Glück fällt mir die sichere Methode der Spontanentspannung wieder ein, von der ich in dem Buch »Weil ich es mir wert bin« gelesen habe: Tief einatmen und gleich wieder ausatmen. Dann den Atem sechs Sekunden anhalten. Na bitte. Ich werde später über eventuelle, in Geschenkpapier verpackte Botschaften nachdenken. Übermorgen ist auch noch ein Tag. Wenn ich jetzt nicht in Grübeleien versinke, liegt vor mir ein wunderbarer Freitagabend mit meinen besten Freunden. Dann ein herrlich verkaterter Samstag. Und am Sonntag, wenn die Paare spazieren gehen oder eng umschlungen vor dem Fernseher sitzen, werde ich wieder arbeiten. Das ist der Vorteil eines freiberuflichen Singles. Er muss nicht den ganzen Sonntag untätig vor dem Fernseher hocken, um bei alten Schnulzen von einem besseren Leben voller Liebe zu träumen.
    Eigentlich geht es mir fantastisch.
    Â»Ich glaube, es ist Zeit für ein paar Gimlets«, rufe ich ausgelassen in die Runde.
    Toni rennt sofort hinter mir her, um die Zubereitung der Cocktails zu überwachen. Wir teilen die Leidenschaft für Krimis von Raymond Chandler und für das Lieblingsgetränk seines Privatdetektivs Philip Marlowe. Wir streiten bloß ständig über die angemessene Dosis Lime-Juice, die den Drink perfekt macht.
    Als wir mal wieder einen Kompromiss gefunden haben, hilft Toni mir, die Gläser ins Wohnzimmer zu tragen.
    Hrithik hat inzwischen meine gut versteckte Perry-Como-CD
gefunden und »The most beautiful girl in the world« laut aufgedreht. Er strahlt Tanja an. Die beiden sind seit zwei Monaten ein Paar. Davor sind sie Ewigkeiten befreundet gewesen. Ich habe nie verstanden, wie so etwas passieren kann. Man hört zwar immer wieder davon, und »Harry und Sally« ist es schließlich auch so ergangen – aber ich persönlich habe niemals mit einem meiner alten Freunde schlafen wollen. Na ja, mit Peter habe ich geschlafen. Aber gleich im ersten Semester, als wir noch nicht alte Freunde, sondern frische Fremde waren. Da konnte ich schließlich noch nicht wissen, dass er sich einmal als philosophischer Berater selbstständig machen und von einer langen Asienreise eine chinesische Frau mitbringen würde, die seine Sprache nicht versteht, aber Feng-Shui in seine vier Wände bringt.
    Â»Und das hat mir Louisa vor meiner Abreise für dich mitgegeben.«
    Grinsend hält er mir noch ein Geschenk hin, das in etwa die Form eines Ufos hat. Ich packe es aus und halte eine kleine Schneekugel in der Hand. Statt weißer Flocken rieselt es allerdings winzige grüne Kleeblätter auf die Miniatur eines irischen Herrenhauses.
    Â»Oh, wie schön«, sage ich und meine es nun tatsächlich ehrlich. Wir haben alle gemeinsam im letzten Jahr einige Zeit in Irland verbracht, um dort unsere Freundin Louisa und ihren Vater zu besuchen. Der hatte nämlich nach der unschönen Trennung von seiner Frau einen Jugendtraum verwirklicht und seinen Arztkittel in Deutschland gegen eine Küchenschürze in Irland eingetauscht. Sein Imbiss dort – in Sichtweite eines Herrenhauses, das genauso aussieht
wie das in der Schneekugel – soll fantastisch laufen. Louisa haben wir dann leider auch an die grüne Insel und an Colin verloren, einen zugegebenermaßen bezaubernden Dozenten. In den hat sie sich nämlich unsterblich verliebt. Und auch Peter ist länger geblieben als geplant. Seine philosophische Praxis in Hamburg lief nicht so gut wie erwartet, deswegen hatte er sie eigentlich aufgegeben, um fortan Louisas Vater unter die Arme zu greifen. Aber dann hat er besagte Chinareise unternommen, sich in Liu verliebt und es vorgezogen, sich ihr als philosophischer Berater in Deutschland vorzustellen und nicht als begeisterter Frittenwender in Irland. Er will sie langsam an seine Zweitexistenz heranführen, ist schließlich nicht jedermanns Sache. Frechheit, dass ausgerechnet er mir ein Buch zum Thema »Wahrheit« schenkt. Egal, nicht drüber nachdenken! Begeistert schüttle ich die Schneekugel und vermisse Louisa ganz furchtbar.
    Â»Auf Juli!«, ruft
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